Zeitschriftenrezensionen

Index

1/ ID Magazine Feb. 2001 (USA)

Führende Design Zeitschrift aus den USA.

2/ CreateOnline Feb/Mar 2001(GB)

The Web Designer's Bible. Jo!

ID Magazine Februar 2001

Titelbild ID-Magazine Februar 2001
Immer wieder stolpert man über das "ID Magazine". Als kürzlich auf einer Mailingliste für Webdesigner nach Magazinen gefragt wurde, die ein "Must" für den Webdesigner sind, wurde am häufigsten das "ID" genannt.

Doch obacht! Wer jetzt schnell geschwind zu dem Zeitschriftenhändler seines Vertrauens rennt, sollte zusehen das er das richtige "ID" in die Finger bekommt. Das Magazin worüber ich hier spreche, ist die Designzeitschrift "ID Magazine" aus den USA. Das was an den Kiosken in Deutschland meistens zu bekommen ist, ist das britische Style- und Trendheft "ID".

Update [010316]: Ursprünglich dachte ich das Heft wäre in Hamburg nirgends zu erhalten. Nun habe ich es zumindest im Hauptbahnhof entdeckt: Bei Stilke/Wandelhalle, im ersten Stock, links von den Sport- und Bodybuildingheften. ID liegt ganz oben, zwischen den internationalen Wohnmagazinen und Modelleisenbahnzeitschriften. Damit kann es problemlos vor dem Kauf durchgeblättert werden.

Das "ID Magazine" zerfällt in drei Teile. Einem Einstiegsteil in dem aktuelle, neue Designobjekte vorgestellt werden. Sportschuhe, Uhren, Hardware, Architektur. Schon kurios ist aber wieviele der dort erwähnten Design-Agenturen auch Anzeigen im Heft geschaltet haben. Das ruft bei mir schon das eine oder andere mulmige Gefühl hervor.

Dieser aktuelle Teil könnte dicker sein, und enthält keine Nachrichten im eigentlichen Sinne ("Neue Software"...), sondern wirklich nur einige ausgewählte Designobjekte, nicht unählich dem "Fetish"-Bereich der Wired.

Der hintere Teil ist dann neuen Büchern oder neuen Webdesign gewidmet, außerdem befinden sich die ganzen "Classified", also Kleinanzeigen dadrin. Dieser Bereich ist prompt auch nur zweifarbig auf billigerem Papier gedruckt, was insbesondere für die Screenshot der Webdesign-Beispiel ziemlich erbärmlich ist. Aber auch hier eigentlich nichts gehaltvolles. Die Webdesigns werden insgesamt auf einer Seite abgehandelt.

Und dann gibt es den großen Teil in der Mitte. So wie es anscheinend in der Februar-Ausgabe üblich ist, werden wieder 40 Designer vorgestellt, diesmal mit dem Schwerpunkt "Socially concious Design". Auf 1-2 Seiten werden die Designs und Designers ganz kurz vorgestellt. Die Designs kommen aus den Schwerpunkten Architektur, Aktionskunst und Möbel.

Es gibt ein Kriterium das ich an ein Designmagazin stelle: Inspiriert es mich? Gibt es einen "Boah"-Effekt? Treibt mich das Magazin sofort zur Tastatur?

So gesehen ist das ID Magazin eine Enttäuschung. Okay, möglicherweise habe ich jetzt einfach eine Ausgabe mit einem für mich uninteressanten Schwerpunkt erwischt. Allerdings muß man auch sagen daß es kaum reguläre Ausgaben gibt: Es erscheinen 8 Ausgaben im Jahr. Die Februar-Ausgabe ist den "ID Forty" gewidmet, eine weitere der "Annual Design Review" und eine dritte Ausgabe fällt der "Interactive Media Design Review" zum Opfer. Bleiben also maximal 5 "reguläre" Ausgaben übrig, also noch nicht mal einmal alle zwei Monate. Und dafür ein ca. 170.-DM teures Abo abschließen?

CreateOnline Feb/Mar 2001(GB)

Create Online Februar- und März-Ausgabe
Bei Design-Zeitschriften gibt es bei mir einen einfachen Indikator ob's eine gute Zeitschrift ist, oder nicht: Der "Zappel-Effekt". Das Lesen einer gelungenen Zeitschrift macht mich immer zappeliger und ich kann es kaum erwarten zum Computer zu rennen oder zum Bleistift zu greifen. Der Zappel-Effekt muß jenseits von zwei Dosen Jolt-Cola liegen.

Leider Gottes gibt es in Deutschland nur eine Zeitschrift der es ab und zu gelingt mich wenigstens auf dem Zappel-Niveau von einer Packung Schoko-Kola zu bringen: die PAGE. Die SCREEN Business Online ist leider zu sehr ein Heft für "Krawatten-Träger" und "Schwuchtel-Pop"-Hörer (Insider-Joke!).

Future Publishing in London bringt aber gleich eine ganze Latte von interessanten Magazinen heraus, die teilweise auch in französischer Lizenz erscheinen. "Computer Arts" und "Computer Arts Special" sind die bekanntesten, mit dem Schwerpunkt Grafik.

Seit einigen Monaten gibt es nun auch ein Magazin mit dem Schwerpunkt Webdesign: "CreateOnline".

Leider, leider bringt es die Monopolstellung des Zeitschriften-Importeurs Saalbach mit sich, das auch CreateOnline nur zum abartigen Preis von 34.-DM beim verschiedenen Zeitschriftenhändler oder auch Buchläden (z.B. Kopp) erhältlich ist. Zum Vergleich: Laut Aufdruck soll das Heft im Ausland 6 Pfund kosten, nach meiner Rechnung also eher 18-20.-DM.

Der hohe Preis ist bedauerlich, da ich kein thematisch vergleichbares Magazin kenne, und das Heft sehr lecker aufbereitet ist.

Im Gegensatz zu anderen Magazinen, geht man die Themen nicht abstrakt an, sondern rückt dem Web-Producer auf die Pelle. Viele Beiträge schildern die Thematik aus Sicht eines Web-Producers: Wie geht er das Problem an, wie findet er die Website, was hat er für eine Meinung. Das ganze ist in einem frischen Layout gepackt. Wo viel Meinung, wo viel Bild, da auch viel Inspiritation. So einfach kann die Rechnung sein.

Umgekehrt wird "überflüssiges" kurz gehalten. News kennen wir eh alle schon seit zwei Monaten aus dem Internet, und bei Produkt-Tests trauen wir eh nur der c't über den Weg, gell?

Ein Blick ins Februar-Heft: Titelthema: "The Big Fight USA vs. Europe -- Who's creating knockout design?"

Umschlags-Gestaltung von Kioken. Sechs Seiten "Showcase" mit Screenshots und kurzen Erläuterungen. Zehn Seiten mit News über neue Produkte, Statistiken, Konferenzen und Trends.

Dann drei Seiten Interview mit Macromedia und Adobe über deren Zukunftspläne. Adobe pfeift bezüglich LiveMotion vs. Flash immer noch ganz gewaltig im Walde. "Nein, LiveMotion sei nie als Flaskiller gedacht gewesen, hält sich für eine 1.0-Version ganz wacker, wird aber noch mindestens zwei Jahre brauchen um Flash ernsthaft anzugreifen. Und wenn Animationen immer mehr in einer XML-Umgebung eingebettet werden, werden wir im Vorteil sein". Aha, immerhin einer noch der an SVG glaubt... Laut Adobe sollen seit der Veröffentlichung von Golive 5 die Verkaufszahlen mit denen von Dreamweaver ebenbürtig sein. Dann ist es aber kurios das seit November sowohl LiveMotion als auch Golive zum, verglichen mit der ursprünglichen Preisempfehlung, Dumpingpreis losgetickert wird. Livemotion wurde von 750.-DM auf 400.- DM reduziert! Es spricht eher einiges für die Ansicht von Macromedia wonach Dreamweaver dreimal so häufig verkauft wird.

Nach diesem Interview werden drei Talente mit Photo, Screenshot, Bio und Text auf sechs Seiten vorgestellt. In "Cool Spaces" werden auf sechs weiteren Seiten die Räumlichkeiten von drei Agenturen vorgestellt.

Auf drei Seiten wird en-detail die Produktion einer Website beschrieben. Auf vier Seiten werden in zwei Fallbeispielen die Problematik von Lokalisierungen aufgezeigt.

Dann wird auf zehn Seiten in zwei Artikeln sich des Titelthemas USA vs. Europa angenommen, u.a. auch mit einer Typisierung der einzelnen europäischen Länder. Sehr angenehm was über Deutschland geschrieben wird. Da werden als "Key Agencies" wirklich international anerkannte Design-Agenturen genannt (Fork, NASA20) und nicht einfach die üblichen Verdächtigen wie Pixelpark, Kabel NM oder Elephant Seven. Größe ist eben nicht alles. Zum "Style" heißt es: "German Web design is just starting to break away from the country's stereotype of minimalism and efficiency."

Fünf Seiten lang diskutiert dann eine gut abgewogene Runde Usability-Experten. Angenehm daß das Magazin nicht der Versuchung verfällt sich als Usability-Nazis zu gerieren, sondern beide Seiten der Medaille sehen.

Es folgen dann fast zwanzig Seiten "Reviews", die aber eben nicht nur aus einer sturen Aneinandereihung von Produkttests bestehen! Fünf Designer zeigen auf je einer Doppelseite Screenshots von Websites die sie zuletzt bewegt haben, auf je einer Doppelseite werden zwei Sites in einer Diskussion zwischen Web-Producern rezensiert. Bleiben für die Produkt-Tests "nur" sieben Seiten.

Ebenfalls klasse: Während hierzulande die Zeitschriften Schulungsführer und Stellenanzeigen einfach so durch die Seiten jagen, hat CreateOnline jeweils eine einleitende Seite vorangestellt, mit kurzen Statements Warum man Schulungen machen sollte, wie Webagenturen Lebensläufe haben wollen, wie sollte eine Schulung aussehen usw, usf... Anschließend TopTen-Liste, Glosse und fertig.

Man mag danach die PAGE gar nicht mehr anfassen, die allen Ernstes ein neues Agentur-Ranking meinen einführen zu müssen.

 
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