dogfood Januar 2005 [2]

Freitag, 21. Januar 2005

[17h00] Via Hinterding: durch den Tsunami sollen zahlreiche ekelige Tiefseefische an Land gespült worden sei. Entsprechende Photos in einem russischen Taucherboard. Warning: von solchen Fischen möchte man nichts abends im Dunkeln angesprochen werden.
[10h14] Nachklapp zu der SinnerSchrader-Geschichte von... moment, nachgucken... vorgestern. SurfGuard hat die Quartalszahlen fachmännischer auseinandergelegt als ich es tun könnte.
Das Beste aber: Matthias Schrader kommentiert und argumentiert gegen die SurfGuardsche Interpretation. Ich zolle großen Respekt für die Art und Weise wie „mattes“ mit der Kritik bzw. Interpretation der Zahlen umgeht. Da hat jemand mit offensiver Kommunikation gepunktet.
Ich bitte das zu respektieren und „drüben“ bei SurfGuard von verbalen Schlachten abzusehen, sonst werde ich stinkig.
[08h52] Film — Ich hatte es vor Monaten nur am Rande mitbekommen. Wong Kar-Wei hätte nach fünf Jahren einen neuen Film fertiggestellt, einen Science-Fiction-Film namens „2046“ und dazu untenstehendes Photo.
Es hörte sich nach einer Traumkombination an, Wong Kar-Wei mit seinen famosen grafischen Einstellungen und ein SciFi-Thema dass einem alle Freiheiten zur Umsetzung gibt.
Groß war die Freude als ich gestern ins Kino ging, blaß war mein Gesicht als ich es 129 Minuten später verließ. Es wurde zum Abend der enttäuschten Erwartungen.
Im Mittelpunkt steht ein Journalist in Hongkong Ende der Sechsziger Jahre. Der Ich-Erzähler schwelgt seinen geliebten Frauen hinterher, denen er nicht gefolgt ist und die ihm nicht gefolgt sind. Wong Kar-Weis altes Thema von den Zufälligkeiten und der Unentschlossenheit, vom Schiksal und dem sich Treiben-lassen.
Science-Fiction taucht in „2046“ nur in Form von Einblendungen als Roman des Ich-Erzählers auf. „2046“ meint kein Jahr, sondern eine Zimmernummer (wiewohl es auch eine Anspielung auf das Jahr 2046 ist, bis zu dem China eine gewisse Eigenständigkeit Hongkongs garantiert).
Aber das ist kein Problem für mich gewesen. Es ist der gesamte Film der mich langweilte und ich war erstmals im Kino fast so weit das ich aufgestanden und rausgegangen wäre. Nach Wong Kar-Weis Verständnis (siehe FAZ-Interview) ist „2046“ kein Sequel zu „In the Mood of Love“. Damit druckst er sich aber um das eigentliche Problem herum
In the Mood of Love“ war die perfekte Umsetzung von Wong Kar-Weis Themen und nicht mehr steigerbar. Und genau daran zerbricht „2046“. Wong Kar-Wei versucht noch eines drauf zu setzen ohne das man aber das Gefühl hat, das es noch etwas zu sagen gibt. Die Bilder die Wong Kar-Wei zeigt, hat man größtenteils bereits gesehen, er wirkt wie ein Zauberer, dem die Tricks ausgegangen sind und daher zwei Stunden lang nur Karnickel aus dem Zylinder holt. Opern- und Rumba/Bossanova-Musik. Zeitlupen-Aufnahmen, die Rückkehr zu der lindgrünen Farbwelt aus „Days of Being Wild“ (1988, siehe dogfood), die gleichen Kostüme wie „In the Mood of Love“. Der ganze Film ist ein einziges Selbstzitat.
Wie wenig Wong Kar-Wei zu sagen hatte, konnte man im Film daran ablesen, dass wie zufällig nach anderthalb Stunden sich plötzlich diverse Puzzleteile zusammenfügte, der Protagonist wunderbar inhaltsschwere, existenzialistische Sätze spricht und der Film zum Landeanflug gen Abspann anzusetzen schien, als Wong Kar-Wei plötzlich anfängt nochmal eine „Warteschleife“ zu fliegen und mit Rückblenden und Erinnerungen aufwartet. Einige Episoden bekommen zwar nun eine inhaltliche Klammer, fügen aber dem Film keinerlei „Mehrwert“ zu. Im Gegenteil, der Eindruck der unerträglichen, monotonen Geschwätzigkeit drängt sich auf.
Ich mag Wong Kar-Wei sehr gerne und sein „Chungking Express“ gehört für mich zu meinen absoluten Favoriten (auch wenn nicht in meiner Filmliste verewigt und auf dogfood mal nur mit 8 Punkten gewürdigt), sein Video zu DJ Shadows „Six Days“ gehört zum besten Musikvideo ever (siehe dogfood, man hört er plant mit DJ Shadow einen Film). Um so größer ist meine Enttäuschung, weil man Angst haben muss, dass ein großartiger Regisseur sich in seine Stilmittel und imaginäre Welt verliebt hat und fortan nur noch Variationen dieses einen Themas dreht.
Die Science-Fiction-Einsprengsel waren inhaltlich nicht sonderlich überzeugend, aber optisch hätte es ein „Befreiungsschlag“ für Wong Kar-Wei sein können. Das deuten zumindest einige der Szenen an. Die Stadtszenerie wirkte faszinierend verwaschen, als ob mehrere Ebenen transluzent übereinandergeblendet wurden. Gleichzeitig bildete die futuristische Skyline im Abspann eine Art Bankrotterklärung. Links prangt dick und fett das „LG“-Logo als (einzige) Leuchtreklame in der Skyline. So etwas bei einem Perfektionisten der Bildersprache wie Wong Kar-Wei zu sehen, tut weh.
„2046“ wäre ein netter Kurzfilm geworden, ist aber kein guter 2h-Film. Ich will den Film nicht völlig madig machen. Wer „In the Mood of Love“ gesehen hat, wird kein Jota Neues entdecken. Wer „In the Mood of Love“ noch nicht gesehen hat, sollte sich das Kinoticket sparen und stattdessen die DVD von „In the Mood of Love“ kaufen. Der Film ist komprimierter und besser auf den Punkt gebracht. In allen Belangen. Damit nur drei von zehn Punkten in meinem Filmranking (Alle Bilder von der französischen Website des Films).

Mittwoch, 19. Januar 2005

[16h55] Software — Nach nun 2-3 Jahren Pause muss ich mich wieder in den Macromedia Director einfummeln. Die letzte gekaufte Version meinerseits ist letzten Frühjahr aus dem Upgrade-Zyklus rausgefallen, will sagen: ich darf 1.600,— EUR für eine Vollversion statt eines Upgrades ausgeben. Hmpfff.
Um langsam wieder ein Gefühl für die Software zu kriegen, schmöker ich in diversen Support-Seiten von Macromedia und Director-Sites rum.
Eine der Neuerungen in „Director MX 2004“, vulgo Director 10, ist dieEinführung einer zweiten Code-Syntax: Javascipt. Die alten Hasen im deutschen LingoPark empfehlen die Anwendung von JavaScript nur dort wo es Vorteile bringt, also z.B. regular expressions oder Unicode.
Ich kann diese sehr vorsichtige Empfehlung nachvollziehen, denn als ich im DevNet Center die MM-Artikel gelesen habe, lüstete es mich danach den Kopf mehrmals auf den Tisch zu schlagen. Wie in „Creating a JavaScript Syntax Workflow“ zu lesen ist, hat MM zwar die neue Syntax in die Director-Engine reingeprügelt, aber kaum einen Schweißtropfen vergossen um den Editor anzupassen. Die Editierfunktionen sind seit zirka Director 7, also 4-5 Jahre, quasi unverändert. Syntaxcoloring für JavaScript? My ass!
Der Artikel beschreibt auf 6 Bildschirmseiten mögliche Workarounds unter Anwendung von dem unter OS X inakzeptable langsamen Dreamweaver und/oder diversen Xtras (PlugIns), weil der Director Probleme hat zu erkennen wann externe Scripts aktualisiert wurden. Der Autor des Artikels warnt außerdem vor der Verwendung von Scripts mit Dateinamen von länger als 27 Zeichen auf OS X... Na super, willkommen in der Welt von 1.600,— teurer Software, in der ich mich noch an seit 4 Jahren hinfälligen Restriktionen halten muss.
[Nachtrag:] Wobei, wenn ich das Artikel lese wie „Tapping the Power of Unix from Within Director - Part 1: Tapping Mac OS X's shell to ...“, mit Director auf die Shell zugreifen, soviel Speichel habe ich gar nicht, wie der mir runterlaufen möchte... Lechz.
[12h25] Heute wurde Geschichte geschrieben. Ich habe zum ersten Mal in einer Besprechung aus dem Munde eines Marketing-Menschen gehört: „Marke machen wir später, is' nicht so wichtig“.

Dienstag, 18. Januar 2005

[23h12] Schrieb mir dieser Tage Matthias „Mattes“ Schrader — ja, der der sich hinter den Silben drei und vier von „SinnerSchrader“ verbirgt — eine eMail, bezugnehmend auf einen zirka 8 Monate alten dogfood-Eintrag „Do your math“ in der ich den Untergang von eben jenen SinnerSchrader herbeikassandreite, ob denn nun nicht angesichts der frisch verkündeten Geschäftszahlen von SinnerSchrader ein Update fällig wäre.
Der geneigte dogfood-Leser, von Hause aus hoffentlich genauso misanthropisch veranlagt wie ich, ahnt es. Diese eMail wäre wahrscheinlich nicht abgeschickt worden, wenn nicht ein kleiner Triumph innewohnen würde. Bilanzzahlen die mich ungeübten Bilanzzahlleser vom einen bis zum anderen Ohr angrinsen. Stabiler Umsatz, stabile Beschäftigungszahlen, leicht positiver Cashflow, weiter auf dem Pfad der 5 bis zehn Prozent Umsatzwachstum, sagt SinnerSchrader.
Spätestens seit Planetopia weiß ich, dass ich kein vernünftiger Blogger wäre, wenn ich nicht verantwortungslos ein paar unrecherchierte Halbwahrheiten ins Internet streuen würde. Und als Misanthrop schaue ich mir sowieso lieber das Schwarze unter den Fingernägel an...
Mein Taschenrechner zeigt mir für das 144-Mann/Frau-Unternehmen einen Pro-Kopf-Jahresumsatz von 90.000,— EUR an. Da brauchts schon sehr flache Agentur-Hierachien für den Ritt gen Horizont.