[23h54] Passend zum untenstehenden Eintrag kam am Wochenende die Meldung, dass NBC Europe plant GIGA aus dem Free-TV rauszuschmeissen und die Frequenz für Anderes zu benützen. GIGA soll evtl. als Pay-TV-Angebot überleben.
Nun stellt sich nicht nur die Frage was NBC Europe an Inhalt stattdessen bringen will, wird doch bereits jetzt die Sendezeit vor und nach GIGA mit Knüller-Programmen wie Wahrsager oder Shopping-Kanälen gefüllt.
Man mag sich en-detail über die Qualität und journalistische Fragwürdigkeit von GIGA streiten, aber ich fand GIGA immer noch näher dran als MTV und konzeptionell hochinteressant.
Das Kicken von GIGA wird vielleicht auch so ein Beispiel von „Bodenkontakt mit der Zielgruppe verloren“.
Ich habe mich selten älter gefühlt. Wenn, und das ist ein dickes wenn!, das repräsentativ für die Kids von heute ist, dann sind die Hälfte sämtlicher Mädels depressive Grufties mit Hang zur Manga-Ästhetik und einer eigenen Sprache die sich im schnellen Galopp von altbekannter Schriftsprache according Duden entfernt.
Ich werde alt. Und ich bin nicht der einzige. Denn was sich da abspielt, wird nicht ein Jota von den derzeitigen Jugendmedien oder z.B. den Spielwaren (mein Besuch bei der Spielwarenmesse) wiedergespiegelt. Wenn, und da ist wieder dieses wenn, das wirklich ein großer Teilausschnitt der heutigen Jugend ist, dann liegen die Konzerne mit ihren Zielgruppen aber so etwas von meilenweit daneben, so schnell werden die in den nächsten Jahren gar nicht hinterkommen, um die wieder einzufangen. Es könnte die Zeit für neue Medien kommen.
[15h15] Zwei interessante und überraschende Artikel im
Economist der letzten Woche (arghh!! Ich habe zwei Tage Verspätung auf die aktuelle Ausgabe!) über die deutsche Wirtschaft.
Der Economist ist eine liberale Zeitschrift, im Sinne der FDP der Siebziger Jahre: geistig und wirtschaftlich liberal. Es lebe die Steuersenkung, es lebe der Schuldenabbau. Wenn auch nicht um jeden Preis.
Und ausgerechnet diese Zeitschrift lobt in einem Leitartikel und im Wirtschaftsteil Deutschland. Ausgerechnet in der Woche in der das enttäuschte Wirtschaftswachstum des vierten Quartals 2004 bekannt wurde.
Der Economist nimmt die „unit labour costs“ („Lohnstückkosten“, oder?) unter die Lupe und attestiert Deutschland anhaltende Verbesserungen seit 1999 (vulgo: rot-grün).
How can Europe's slowest-growing economy possibly be a good investment? Commentators marvel at the gains in productivity and profits in America in recent years, thanks to firms' aggressive cost-cutting. Yet corporate Germany has made even greater strides to cut costs and improve its competitiveness. A study by Deutsche Bank suggests that Germany's productivity growth has been just as fast as America's since 1995 if both are measured on the same basis. Wages in Germany, however, have grown more slowly, so unit labour costs have fallen. Partly thanks to such pruning, Germany's real trade-weighted exchange rate with the rest of the world (based on relative labour costs) has risen by only 4% since early 2002 despite the surge in the euro against the dollar.
Dies liesse sich an weiteren Indikatoren durchexerzieren: Export ist dreimal so stark angestiegen wie der Amerikas, Deutschland als einziger G7-Staat der seinen Anteil am Weltmarkt steigern konnten, während die anderen 6 Länder an China abgeben mussten, Unternehmensprofite sind größer als in den USA etc...
Wo liegt denn dann das Problem in der deutschen Wirtschaft? Laut Economist ist es die schwache Nachfrage der Konsumenten und zu wenig Investitionsbereitschaft, auch das eine These die von Rot/Grün und nicht Schwarz/Gelb vertreten wird. Alles fliesst lieber in die Sparstrümpfe statt zurück in die Wirtschaft. Daher der Versuch lieber die Staatsverschuldung zu erhöhen als nochmal die Steuern oder Lohnniveau zu senken. Der Economist empfielt „One thing that the government could do to speed up this process is to remove barriers to job creation, especially in services, which are choked by a tangle of red tape.“
Der Economist warnt aber auch, dass die positiven Effekte des deutschen Turnaround noch einige Zeit brauchen werden, bis sie sich in Form von Wirtschaftswachstum und besseren Arbeitslosigkeitszahlen niederschlagen werden.
Es ist putzig zu sehen wie Wirtschaftsliberale an CDU/FDP vorbeirauschen um SPD/Grüne beizustehen. Die Aussage des Economist zwischen den Zeilen finde ich aber ebenso eindeutig: die Axt kann jetzt beseite gelegt werden, nur noch Feinjustierungen z.B. bei hemmenden Verordnungen u.ä. ist vonnöten.