dogfood Januar 2003 [3]

Dienstag, 21. Januar 2003

[10h36] Einen Vorteil hat das Büro: ich kann mir aussuchen wieviel ich zu Fuß gehen will, wieviel ich per ÖPNV erledige. Zwischen fünf und sechzig Minuten alles drin im Mix aus Bus, U- und S-Bahn. Und treibt mich meistens dazu zumindest einmal am Tag zwanzig oder mehr Minuten zu gehen. Birne frei kriegen, Beine entrosten.
Gegen meine derzeitigen Probleme vormittags einigermassen fit zu sein, hilft es aber nicht. Nun versuche ich es vermehrt mit "Doping". Fruchtsäfte am Morgen, Orangen, Gunpowder-Tee. Nothing. Bis zwölf ist's ganz grausam mit mir. Wird Zeit dass entweder massiv Schnee fällt oder der Winter sich verpisst und dem Frühling Platz macht. Wir sind Mitte Januar, ich wäre ja noch für ersteres zu haben.
Der Mensch der sich mir heute morgen am meisten eingeprägt hat, war der "Trottel". Ich habe ihn nur von hinten gesehen, wie er in der U-Bahn-Station Hoheluft wie ein Kind vom einen Bein aufs Andere gen Treppe gehüpft ist, die Arme ausschweifend schlenkern lassen. Tiefgezogene, dunkelblaue Pudelmütze, olivgrüner Anorak. Er hatte irgendeine Tasche bei sich, es könnte sogar ein klassischer Sportbeutel sein, denn ich geschmackssicher schon als fünfjähriger unter aller Würde gefunden hätte.
Er hat mich an André aus der Grundschule erinnert. André ist mir nur durch einige ausgeprägte Merkmale im Gedächnis geblieben. Sein olivgrüner Anorak. Er wohnte förmlich in dem Anorak. Seine Zauselhaare und die große dicke Brille. Und André hatte permanent eine verstopfte Nase. Man konnte André angucken wann man wollte, es lugte immer lindgrüner, halbgetrockneter Schleim aus einem der Nasenlöcher heraus. Dieser "Wurm" der immer herausguckte, ist für mich bis heute in Sachen Farbigkeit (grün!) und Konsistenz (halbfest wie man bei jedem Ein- und Ausatmen sehen konnte, wenn sich die Oberfläche leicht wölbte) der Archetypus des Nasenschleimes.
[00h03] TV -- CNN bringt seit einigen Tagen in der Sendung "Moneyline" kleine Reports in der Rubrik "culture in decline". Mit dem Tremolo mit dem Lou "Butterbacke" Dobbs und Konsorten dies aussprechen ("unsere amerikanische Kultur") müsste das Ganze in H1-Tags gesetzt werden.
Witzisch: vor einigen Tagen beschäftigten sie sich mit dem Niedergang des "sportsmanship". Interviewpartner: Bob Knight, eine Trainerlegende in Sachen College-Basketball. Er wurde halt gefragt wie er die Sache sieht, wie sich die Jugend verhält usw, usf... Der Witz für Insider des US-Sports: Knight wurde vor zwei Jahren an der Uni of Indiana nach 29 Jahren gefeuert, weil er seine cholerischen Anfälle immer weniger in Griff hatte. Er schmiß mit Stühlen um sich, schrie Spieler an, und würgte sie am ausgestreckten Arm. Wohlgemerkt: College-Spieler, als roundabout 20jährige. Der Mann durfte sich also zum Thema "Sportsmanship" äussern. Quasi "Culture in decline".

Montag, 20. Januar 2003

[23h01] Politik -- Ich habe am Samstag etwas längeres zum Thema Irak geschrieben. das war eigentlich nichts Rundes, aufgehängt nur an zwei "items", der BBC-Diskussion zwischen dem irakischen Exil-Oppositionellen und dem "human shield"-Engländer und dem Anti-Folter-Editorial in der "The Economist" der mir nochmals vor Augen führte in was für Zeiten wir leben, dass sogar solche demokratischen Basics wie "Keine Folter" in Frage gestellt werden.
Anyway, kein runder Schrieb, es kam wie es kommen musste, ich wurde falsch verstanden. In Reaktion dadrauf habe ich mit folgender eMail geantwortet:
wie geschrieben, ich bin nicht am ende meines "meinunsgfindungsprozesses", aber ich denke du hast mich an einen entscheidenen punkt falsch verstanden, bzw. ich habe mich nicht klar ausgedrückt: nicht für für die etablierung von demokratie würde ich den krieg anfangen. ich halte den krieg für ein legitimes mittel sollte die UNO ABC-waffen im irak feststellen.
in stichworten:
- UNO/hans blix genügend zeit geben um einen entsprechend fundierten bericht anzufertigen. blix hat teilweise von 6 monaten gesprochen die er braucht, man gebe ihm diese, nicht nur diese imaginäre deadline vom 27.1. die die USA durchpeitschen wollen.
- unterstützung von blix durch die staaten, insbesondere das herausrücken von geheimdiensterkenntnissen der USA und GB, was diese bislang nur zögerlich tun, wie offensichtlich aus dem BBC-interview mit blix hervorgeht
- irak/saddam hussein deutlich machen dass als letztes mittel der krieg droht wenn die arbeit von blix behindert wird. mit krieg als mittel drohen sollte sich irak weigern gefundene waffen abzugeben und an einem strenges kontroll- und abrüstungsprogramm teilzunehmen.
- die rahmenbedingungen und das ziel für den bewaffneten konflikt/krieg müssen festgelegt sein. es gab da einiges was z.B. die USA in afghanistan eingesetzt haben (cluster-bomben, aerosol-bomben) die nach meinem verständnis überhaupt nix in dem waffenarsenal einer armee zu suchen haben.
- nicht-militärische aktionen durchführen um demokratie im irak einzuführen: versuchen irakische militärs zu überzeugen,bzw. mit amnestie locken. saddam ins exil zu schicken.
wir sind an der kante eines zeitalters in der die verbreitung von ABC-waffen droht. ich denke es ist notwendig sich massiv dagegen zu stellen, mit einer ganzen bandbreite an maßnahmen. und am ende der eskalations-skala steht der militärische konflikt als letztes mittel.
ich bin da etwas desillusioniert durch die ältere oder jüngere geschichte. es wird situationen geben in denen man nach einer zeit zu der erkenntnis kommt, dass friedliche verhandlungen sinnlos werden, weil sie von der gegenseite nicht für voll genommen werden. mir kommt da serbien/kosovo im sinn.
idealerweise muss in dem zusammenhang auch am gebaren der USA gearbeitet werden. sich gegen ABC-waffen zu stellen aber gleichzeitig abrüstungsverträge bzw. atomtest-verträge nicht zu ratifizieren oder gar zu kündigen, ist das falsche signal. ich würde mir hier ein geschlosseres auftreten der internationalen gemeinschaft wünschen, um die USA wieder kooperativer zu machen. so gesehen halte ich die devote britische haltung für die falsche.
und dass es u.a. die USA waren, die den irak zu dem gemacht haben was er nun ist, oder in afghanistan einst die taliban unterstützt haben, darüber brauchen wir auch nicht zu reden...
Es ist sicherlich richtig, dass in der Weltpolitik derzeit einiges schief läuft. Man hat z.B. durchaus den Eindruck dass Nordkorea derzeit gefährlicher ist als Irak. Man fragt sich eigentlich was von der Weltgemeinschaft unternommen wird um Pakistan und Indien ihrer Atomwaffen zu entledigen. Undsoweiterundsofort. Und wenn man das Ganze dementsprechend weiter runterdekliniert, kann niemand etwas machen, gemäß dem Prinzip "derjenige ohne Schuld, werfe den ersten Stein"
Das Schlüsselproblem sind die USA selber, die in ihrem Tun einfach nicht "glaubhaft" wirken. Joschka Fischer hat in seiner heutigen UNO-Erklärung möglicherweise Recht, wenn er sagt dass ein Angriff auf Irak die geopolitische Lage dort instabilisiert und die Einigkeit im Kampf gegen den Weltterrorismus gefährdet. Vulgo: "die Araber" werden über die Einseitigkeit (Angriff gegen Irak, Nachsicht mit Israel) empört sein und das wird Al-Qeda und Co. in die Hände spielen.
[22h10] Football -- Ich habe ja mit meinen Prognosen durchaus in Gülle gegriffen. Zwar lag ich beim AFC-Championshipgame Oakland Raiders - Tennessee Titans mit der Vorhersage eines 17 Punkte-Sieges der Raiders goldrichtig, aber das Spiel entwickelte sich nicht so, wie ich es eigentlich erwartet habe.
Es ist eine richtig gute Partie im allgemeinen gewesen, und die Titans haben wesentlich besser mitgehalten als ich gedacht habe. McNair mit Biß und das Defensive Backfield zeigte die Giftigkeit die man von den Titans gegen Ende der Neunziger Jahre kannte.
Dass es für die Titans doch nichts wurde, hatten sie zum einen ihrer Offense zu verdanken, die kurz vor Halbzeit binnen 40 Sekunden zwei Mal den Ball abgaben und den Raiders zehn Punkte schenkten. Das zweite Manko war der Pass Rush, der Rich Gannon zwar einige Male nahe kam, aber nicht stets unter Druck setzte und dem es auch nicht gelang Gannon zu fällen.
Aber vielleicht ist es auch eine Partie gewesen, bei dem man weniger über die Schwächen der Titans als vom Ehrgeiz der Raiders sprechen sollte. Das was insbesondere QB Rich Gannon gezeigt hat, das war ohne Zweifel eines NFL-MVP würdig. Sehr entschlossen geworfen, sehr entschlossen gerannt. Bezeichnend der erste Drive der Raiders die binnen vier Minuten in nur sieben Plays in die gegnerische Endzone wanderten, mit Pässe über 29, 14 und 12 Yards. Für einen ersten Drive eines Championship Games war das sehr feist gespielt.
Die Superbowl am nächsten Sonntag sieht die Oakland Raiders gegen Tampa Bay Buccaneers, eine durchaus reizvolle Zusammensetzung, bei dem die Journalisten dann aufgrund des Werdegangs von Jon Gruden (vor der Saison von Oakland nach Tampa Bay gewechselt) viel Fleisch haben.
[15h08] Software -- Hmmm, ist eigentlich schon aufgefallen wie steifmütterlich Apple QuickTime VR behandelt? Das aus dem eigenen Hause stammende QT VR Authoring Studio ist auf der Apple-Site kaum zu finden. Nicht unter "Software" sondern nur ganz klein unter QuickTime/Tools-Tipps relativ weit unten neben anderer Software von Drittherstellern. Anscheinend auch nicht für OS X aktualisiert.
[00h42] TV -- Die Krawatte von Greg Gumble gehört zu den größten Verbrechen die jemals im Farbfernsehen stattgefunden haben.
[00h11] Football -- Das Spiel läuft zwar noch, aber eben ist die Entscheidung gefallen. Die Tampa Bay Buccaneers fahren als erste Mannschaft nach San Diego zum SuperBowl nächsten Sonntag. Knapp drei Minuten vor Schluß fängt Rhonde Barber einen Pass von Donovan McNabb an und retourniert ihn 92 Yards zum TD in die Endzone, zum 27:10.
Die Buccs haben besser gespielt als ich es erwartet habe. Ich hätte nicht gedacht, dass sie so konsequent über das ganze Spiel hinweg den Ball schnell loswerden. Folge: Johnson wurde nicht ein einziges Mal gesackt. Der zweite wichtige Faktor aus Sicht der Buccs war umgekehrt die exzellente Coverage im Backfield die es den Eagles eins ums andere Mal verunmöglichte lange oder mittlere Pässe zu spielen.
Dies waren nicht unwesentliche Faktoren im Spiel und doch bin ich mir nicht sicher ob es nicht eher die Eagles waren, die das Spiel verloren haben, als die Buccs gewonnen. Das fängt mit QB McNabb an, der als Doktor Jekyll und Mister Hyde auftrat. Immer wieder zeigte er unglaubliche Scrambles (allen voran der letzte, drei Minuten vor Spielende, kurz vor der finalen Interception). Aber er hat schwache Pässe geworfen. Sehr unpräzise, viele Bälle die durch die Luft torkelten, viele Pässe zu tief oder zu hoch. Vielleicht Folge der mangelnden Spielpraxis. Das machte sich auch bei den Scrambles bemerkbar. Wunderbar wie er versuchte durch das "herumlavieren" in der Pocket Zeit zu gewinnen. Aber das war nicht der alte McNabb der die Scrambles auch als Offensiv-Waffe einsetzte um Raumgewinn zu erzielen. Die Scrambles die nach vorne gingen, wirkten sehr viel unentschlossener als gewöhnlich.
Die Offenseline der Eagles war auch bei weitem nicht so dominant wie man es erwartet hatte. Der Druck ging dabei nicht von Warren Sapp aus. Das Problem war eher LT #72 Tre Thomas der mit der Schnelligkeit seiner Gegner überhaupt nicht zurande kam. Ein ums andere mal kam der Pass Rush durch, was nicht unwesentlich war, da es die "blind side" von McNabb war.
Man kann auch den Coaching Staff der Eagles nicht von einer gewissen Mitschuld befreien, die für meinen Geschmack bereits früh im zweiten Viertel ihre Linie aufgab und das Laufspiel vernachlässigte. Staley hatte insgesamt nur 13 Läufe und das bei einem Schnitt von 4,5yds pro Lauf. Nicht nur dass die Offense dadurch eindimensional wurde, die Defense-Line der Buccs wurde dadurch auch nicht richtig in Anspruch genommen.
Die Buccs sind nun NFC-Meister. Und alle feixen sich eins, wenn Oakland in die Superbowl kommt, das Ex-Team von Jon Gruden, von dem er von den Buccs für viel, viel Geld und Draft-Picks losgeeist wurde.

Sonntag, 19. Januar 2003

[22h55] Zirka zwanzigtausend Kopien des Erbscheines habe ich in den letzten vierzehn Monaten nach dem Tod meiner Mutter ziehen lassen. Normale Kopien, beglaubigte, unbeglaubigte, übersetzte, mit Apostille, ohne Apostille. Und nun, nach vierzehn Monaten kommt ein Wicht aus Rheinland-Pfalz daher, und will eine Kopie wg. der Rente aus Frankreich haben. Und ich habe keine Kopien mehr. Das jedenfalls mein Eindruck nachdem ich nun in der Halbzeitpause bereits zum zweiten Mal binnen tagesfrist die Wohnung auf den Kopf gestellt habe. Ich nehme mal an, dass ich den ganze Krempel inklusive der siebzehntausendreihundertachtundneunzig Kopien des Todesscheines und Internationalen Todesscheines bei meiner Steuerberaterin gelassen habe.
Ich glaube ich mache mal einen auf doof und schicke dem Pfälzer nur eine Kopie meines Persos zu.
[19h45] Wenn es interessiert: Burger-King. Weil es zum Football passt, und weil ich so auch etwas länger aus der Bude rauskomme...
[18h48] Football -- Zeit für die kleine wöchentliche Vorschau der heute anstehenden Football-Spiele. Heute ist der Tag an dem die Meister der AFC-Liga und der NFC-Liga gekürt werden, ehe sie in einer Woche in der Superbowl gekürt werden. Leider hat die NFL die beiden Championship-Games näher an die Prime-Time geschoben und so beginnt das NFC-Championship-Match erst um 21h und das AFC-Spiel gar erst um 0h30 deutscher Zeit.
Zum Glück steht die vermutlich interessantere Partie als erstes an: Philadelphia Eagles - Tampa Bay Buccaneers. Zum dritten Mal in drei Jahren trifft man im Laufe der Playoffs aufeinander und die alles beherrschende Statistik ist die Außentemperatur. Noch nie seit Gründung der Buccs 1977 haben diese eine Partie bei unter 40 Grad Fahrenheit gewonnen. Und heute sind Temperaturen von ca. -3, -4 Grad C (also ca. 30 Grad F) angesagt.
Es treffen wohl die beiden Mannschaften mit der besten Defense aufeinander. Philadelphia ist bekannt für "blitzen" ohne Ende. Beim "blitzen" preschen plötzlich auch Spieler der Rückraumverteidigung nach vorne um den QB unter Druck zu setzen. Die Buccaneers hingegen zeichnen sich durch eine schnelle Abwehr aus. Man reagiert schnell, man ist schnell zur Stelle.
Ich sehe Philly klar im Vorteil. Beide Mannschaften trafen bereits im Oktober aufeinander, die Eagles gewannen 20:10. Buccs-QB Brad Johnson (nicht verwechseln mit dem Ersatz-QB Rob Johnson) musste immer wieder versuchen den Ball schnell loszuwerden, bevor die heranstürmenden Eagles-Blitzer ihn unter sich begruben. Reichlich erfolglos. Johnson wurde in dem Spiel 19x getroffen und zog sich einen Rippenbruch zu. Auf Buccs-Seite wird man diesmal vielleicht die Offense noch mehr darauf ausrichten mit schnellen, kurzen Pässen versorgt zu werden. Also mehr Spielzeit für RB Pittman, der fangsichere RB der auch über die Seiten laufen kann, ein in dieser Saison m.E. eher fader RB Alstott der vermehrt auf Screenpässe hinter der Defense-Line warten wird und vielleicht vermehrter Einsatz der beiden TE Dilger und Dudley. Das Problem was aber Coach Gruden wird nicht lösen können: man hat eine nur mäßige OL und Brad Johnson ist ein reiner "Pocketpasser" und wird wohl heute häufig von LB Kirkland und LB Barber begraben werden.
Dazu im Gegensatz agiert die Buccs-Defense nicht, sie reagiert. Man weiß nicht wie fit, wie mobil QB McNabb in seinem zweiten Spiel nach der langen Verletzungspause ist. Coach Reid wird daher versuchen eine risikolose, ausgewogene Offense versuchen zu etablieren. Es wird vielleicht auch ein Spiel um Feldposition, denn ich bleibe bei meiner Meinung von letzter Woche: ich halte die Buccs-Abwehr nicht für die konditionell stärkste, insbesondere die Defense-Line kann, unter permanenten Druck gesetzt, in der zweiten Halbzeit Risse zeigen und lange Läufe von RB Staley zulassen. Philly kann im grunde genommen nur selbst das Spiel aus der Hand geben, z.B. mit Interceptions von McNabb.
Unterm Strich tippe ich auf einen Sieg von Philly mit 10 Punkten Vorsprung, irgendwas in der Größenordnung 24:14 oder so.
Von der zweiten Partie Oakland Raiders - Tennessee Titans verspreche ich mir nicht so viel. Dazu haben die von mir ursprünglich hoch eingeschätzen Titans viel zu schwach gegen Pittsburgh gespielt. Nicht nur die Mannschaft als solches, sondern auch und insbesondere die Schlüsselspieler in der Offense QB McNair und RB George. Ich kann die quer durch die Medien gehenden Lobpreisungen beider Spieler nicht nachvollziehen.
Und in beiden manifestiert sich ein Problem: wer soll gegen diese monströse Offense der Raiders Punkte erzielen?
Man mache nicht den Fehler und beziehe sich auf das Spiel der letzten Woche, als man 34 Punkte erzielte. Das war gegen eine Pass-Defense der Steelers, die die schlechteste ist, die ich je von den Steelers gesehen habe. Man mache auch nicht den Fehler und beschwöre die SuperBowl vor drei Jahren herauf, als die Titans gegen die hochmotorige Rams-Offense fast gewinnen konnte. Denn im Vergleich dazu, ist die aktuelle Titans-Pass-Verteidigung zu schwach. Das machen die 31 Gegenpunkte letzte Woche deutlich.
Wenn es denn sowas wie Schwachstellen bei den Raiders gibt: die Padd-Defense der Raiders ist zwar eigentlich exzellent, aber durch Verletzungen nicht hunderprozentig fit. Beide Cornerbacks Charles Woodson und James laufen mit Metallplatten an den Beinen durch die Gegend. Zweites potentielles Problem: QB Rich Gannon. Zwar soeben zum MVP der Saison gekürt und "Chefheizer" der Offense, aber zum einen neigt er mir dazu etwas zu viele Fumbles zu machen, zum zweiten wirft er häufig aus einer Seitenbewegung heraus, und die Titans haben in der letzten Woche sehr viele Pässe abblocken, abschlagen können. Drittes Problem: die Raiders müssen mit dem Pass kommen, denn die Titans werden vermutlich das Laufspiel stoppen können. Wenn es dann den Titans anfangs gelingt das Passspiel zu zerstören, könnten die Raiders nervös werden. Sie werden sich an die letzten zwei Jahre erinnern, als sie jeweils als haushohe Favoriten ins Spiel gegangen sind, und dann gegen Baltimore und New England den kürzeren gezogen haben. Sie werden vielleicht auch daran denken dass es das letzte Hallali der Mannschaft ist, die nach der Saison auseinanderbrechen wird. Man liegt derzeit 45 Mio US$ über der Gehaltsobergrenze und viele Spieler sind älter als 30 bzw. 35 Jahre.
Mein Tipp: Oakland mit 17 bis 24 Punkte vorne.
[18h04] Seit 18 Uhr Gleichschaltung der Medien in den USA: sowohl auf CNN ("Late Edition") als auch CNBC/NBC ("Meet the press"): je ein Interview mit einem US-Regierungsmitglied (Colin Powell vs. Condi Rice) sowie ein Interview mit einem (Hätte-gern-gewollt) Präsidentschaftskandidat der Demokraten (Liebermann vs. Daeschle).
BTW: Wo ist eigentlich die Presse in "Meet the Press"? sonst waren doch immer so vier, fünf Wichtel um Tim Russert versammelt. Seit mindestens zwei Wochen ist Russert allein mit dem Gast am Tisch. Haben sie in den USA jetzt die Presse abgeschafft?
[14h08] Hmm. Soeben die Entscheidung getroffen die Übertragung des AFC-Championship-Spiels (ja, Football) sausen zu lassen. 0h30 bis 4h wird mir zu anstregend. Dann lieber als kompakte zweistündige Zusammenfassung morgen abend auf PREMIERE. Noch nicht entschieden ist die Frage was ich heute abend, anläßlich des NFC-Championship-Game esse. Laufe ich zu Burger King, gehe ich zu meinem Vietnamesen oder bestelle ich erstmals was bei "Chinaman"?

Samstag, 18. Januar 2003

[20h28] Politik -- In der letzwöchigen "The Economist" ist ein Editorial über Folter abgedruckt. das Editorial ist dankenswerterweise auch im Web erschienen: " Fighting terrorism -- Is torture ever justified?"
Einige Medien in den USA publizierten, dass man Al-Queda-Gefangene foltert und teilweise sogar wg. "Amtshilfe" Gefangene in befreundete Folterstaaten schickt.
Der bekannte US-Anwalt Alan Dershowitz (dessen Wirken im legendären "Claus von Bülow"-Fall verfilmt worden ist) nimmt das Denkmodell der "tickenden Zeitbombe". Angenommen eine Zeitbombe gefährdet das Leben von vielen, vielen Menschen, und man kann einen Terroristen gefangenen nehmen, der weiß wo sich die Zeitbombe befindet. Soll man diesen einen Terroristen foltern um das Leben von vielen Menschen zu retten?
Dershowitz argumentiert überraschenderweise mit einem "Ja". "Ja, im begrenztem Maße". Die neuen terroristische Bedrohungen rechtfertigen in seinen Augen in extremen Fällen die begrenzte Anwendung von nicht-tödlicher Folter auf richterlichem Beschluß.
Die "The Economist" nimmt die Gegenposition ein. Die geringste Aufweichung des Folterverbotes wäre der Dammbruch. Die Erfahrung z.B. der Israelis zeigt, dass sich Folter nicht begrenzen lässt.
Allerdings zeigt auch die Argumentation des "The Economist" eine große Schwäche: "Given the gravity of the terrorist threat, vigorous questioning short of torture-prolonged interrogations, mild sleep deprivation, perhaps the use of truth serum-might be justified in some cases."
Mit diesem einen Satz fährt die "Economist" plötzlich auf dem gleichen Gleis wie Dershowitz und der Unterschied ist nur noch ein gradueller, eine Frage der Definition von Folter. Und genau das macht deutlich wie fragil diese Frage ist. Definitionen können leicht geändert werden, Step-by-Step.
Saddam
[19h40] Politik -- Dass der "11te September" die Welt veränderte, ist nicht zuviel behauptet. Wie einst beim Ende des Kalten Krieges verändert sich das persönliche Koordinatensystem, man nimmt anderen Positionen zu bestimmten Dingen ein. Oder ist auf der Suche nach seinem Standort.
Ich hätte offen gesagt vor einigen Monaten nicht geglaubt, dass ein Angriff der USA auf den Irak derartig breiten Widerstand findet. Als hierzulande gewählt wurde, hielt ich die Anti-Position eines Schröders für eine recht komfortable Position, da eine nicht beachtete Aussenseiterstimme die bei erstbester Gelegenheit an den Rand gedrückt wird. Ich kann mich noch daran erinnern, wie ich kurz nach der Wahl sogar der Stoiber'schen Position was abgewinnen konnte. Frankreich hatte es vorgemacht. Nicht das deutsche "Nein", sondern Chiracs "Ja, aber" hat vermieden, dass die USA mit den Briten einen Durchmarsch starteten. Frankreichs Beitrag war zu diesem Zeitpunkt konstruktiver, und die Franzosen konnten deswegen den weiteren Verlauf mitgestalten.
Die Stimmung hat sich weltweit geändert. Immer größere Teile der (Welt-)Bevölkerung opponieren gegen einen Krieg und einigen Regierungen (namentlich der französischen) sind die Konsequenzen eines USA-Angriffes nicht geheuer: die Neuordnung des Nahen Ostens nach US-amerikanischen Gusto. Die "deutsche" Position hat mit einiger Verspätung ihre Berechtigung gefunden. So wackelig sie vielleicht in der Regierung selber sein mag, sie war das erste "Nein" von einem Büdnisstaat, und damit von einiger Symbolkraft.
"Ja", "Nein", ganz so leicht fällt die Entwicklung eines eigenen persönlichen Standpunktes nicht.
Es hat vorgestern nacht im BBC World Service eine bemerkenswerte Diskussion gegeben, zwischen einem irakischen Oppositionellen im Exil und einem Briten (oder Amerikaner) der als "human shield" nach Irak fahren will. Die Diskussion artete schnell in einer Schlammschlacht aus. Der Brite warf dem Iraker vor ein Vaterlandsverräter zu sein, weil er ins Ausland geflüchtet ist, während der Iraker den Briten fragte wieso er Saddam schütze, und ob er sich für kompetent genug hielte die innerirakische Situation zu beurteilen.
Der Oppositionelle war für einen Angriff der USA in der Hoffnung, dass Saddam gestürzt werden würde und eine demokratische Regierung an die Macht kommt. Entsprechend warf er dem Briten vor, durch sein Verhalten das Leben der Saddam-Regierung zu verlängern.
Es ist eine Position die etwas für sich hat. Es stellt sich die Frage warum z.B. die deutsche Regierung mit einem Irak-Angriff derartige Probleme hat, nicht aber mit adäquate Aktionen in Afghanistan, Bosnien und Serbien? Ist es nur eine Frage der Zahl der in Medien vorgeführten Opfern von Massaker? Haben es die "Spindoctors" im Vorfeld nicht geschafft genügend gegen die eigene Bevölkerung gerichtete Greueltaten Saddams zu finden?
Das Problem ist vielleicht nicht der Angriff selber, sondern der "Weg" dorthin, der Automatismus mit dem die USA den Krieg vorbereiten. Man hat, stärker als in den eben genannten anderen Beispielen, hier das massive Gefühl, dass die USA ihre eigene Agenda vorantreiben.
Ich denke es ist okay wenn die Regierung Iraks gestürzt wird. Diese Region steckt geopolitisch in einer Sackgasse und muss nach und nach mit dem "Virus" Demokratie infiziert werden. Ich denke es ist ebenfalls in Ordnung einen Angriffskrieg als Mittel zu verwenden. Aber nur als Ultima Ratio und nur mit der UNO. Wenn die UNO mehr Zeit braucht um den Irak auf Waffen hin zu untersuchen, sollen sie sie bekommen. Auch die Möglichkeiten um Saddam ins Exil zu schicken, sind m.E. noch nicht ausgereizt.
Wer weiß. Vielleicht erleben wir nichts anderes als eine derartige Strategie und die USA spielen bloß den "bad guy" um den Druck auf Saddam zu erhöhen. Vielleicht würde ein Angriff auch nur eine Sache von wenigen Tagen oder Wochen. Man erinnere sich an "Operation Wüstensturm" als viele irakische Soldaten entnervt aufgaben. Die Rhetorik von Saddam war auch damals sehr wortgewaltig. Keine Ahnung, Meinungsfindungsprozeß noch nicht abgeschloßen.

Freitag, 17. Januar 2003

[19h05] So, over and out. Nun zum langen "Konsolenabend" zu Ed.
[13h42] Web -- Hmm, eine mich etwas überraschende Entdeckung: anscheinend gibt es in einigen Fällen ein unterschiedliches Rendering zwischen den neuesten Versionen des Internet Explorers 5 für OS 9 und OS X.
Das Problem zeigt sich bei fixem Tabellen-Layout mit mehreren Spalten. Der Text "bricht" bei IE5/OS 9 die Breite der Textspalte auseinander, ignoriert also die angegebene Tabellen- und Tabellenzellen-Breite. This sucks.
Ich muss mal am Wochenende gucken ob hier CSS irgendeinen unangenehmen Seiteneffekt zeitigt.
[10h05] Kommt ein Mensch ins VW-Autohaus und sagt dem Verkäufer: "Tach, ich hätte gerne ein Auto. Was kostet es?" Verkäufer: "?" "Na ja, so eines mit vier Rädern und Kofferraum." Verkäufer: "Was für einen Wagen sind sie den bisher gefahren?" "Wie gesagt, ich bräuchte eines mit vier Rädern und Kofferaum. Also, was kostet es?"
Ja, das ist ein Gleichnis.
[10h04] Ich bin nur körperlich anwesend. Der Geist ist länger im Bett geblieben und kommt zwei S-Bahnen später.
Ich muss mich erst mit Musik und Tee (ein Wort: "Gunpowder") aufpäppeln...

Mittwoch, 15. Januar 2003

[22h03] Politik -- Was für die Feinschmecker von Diplomatie und Retorik. Man lese sich zuerst das Interview vom UN-Waffenkontrolleur Hans Blix von der BBC durch: Transkript. Man beachte die Eleganz des Blix'schen Eiertanzes beim Versuch niemanden auf die Füsse zu treten, gleichzeitig aber so aussagekräftig wie möglich sein zu wollen.
Und dann beobachte man den Ari Fleischer'schen Eiertanz auf dem täglichen Journalistenbriefing im Weißen Haus (Fundstelle durch weltweitklein inspiriert). Weitaus ungelenker, weil hier das Ziel eher die Vertuschung ist.
[21h18] Football -- Man möge mir die kurzzeitige Rückkehr des Themas "Football" mitten in der Woche verzeihen, aber die ähem, "Nachrichtenlage" erfordert es (das war jetzt mit sonorer, seriöser Stimme vorgetragen).
Vor knapp einer Stunde sickerte es durch, dass die 49ers Steve Mariucci entlassen haben. Mariucci hatte noch einen Vertrag bis Frühjahr 2004.
Ich bin am Wochenende kurz auf die Hassliebe zwischen den 49ers Fans, dem Niners-Frontoffice und Mariucci eingegangen. Mariucci hat einen weitaus besseren "record" als die Legende Bill Walsh, aber spielte in den augen der Fans eher unattraktiven (sprich: zu wenig fluglastigen) Football, und konnte darüberhinaus auch keine Superbowl-Teilnahme vorweisen.
Ich hatte das Gefühl, auch aus Diskussion mit anderen, das Mariucci noch ein Jahr in SF "parkt" um dann bei einem richtig schönen Verein anzuheuern, denn derzeit ist nur ein Posten für die eher unattraktiven Jacksonville Jaguars frei. Es sind dieses Jahr genügend Trainer von hungrigeren Franchises angesägt, die dann nach der nächsten Saison fallen könnten (Shanahan/Denver, Wannstedt/Miami, Holmgren/Seattle, Martz/St.Louis).
Mal sehen ob nun die Tatsache das mit Mariucci plötzlich ein Topmann auf dem Markt ist, der eine oder andere Trainer doch noch kippt. Ich denke da an Wannstedt, der seit seinem und Turners merkwürdigem Playcalling am letzten Spieltag nicht mehr unangreifbar in Miami ist. Möglich auch ein Tausch mit Seattle. Holmgren gegen Mariucci. Macht Sinn, weil Holmgren bereits als Assistant in SF war und ein Vertreter der von den Niners so geliebten Westcoact-Offense ist.
Ein weiterer Name der schnell in aller Munde als Mariucci-Nachfolger sein wird, wird Dennis Green sein. Er ist frei, daher "kostenlos" zu haben, er ist hungrig (hat sich zumindest ein Angebot der Jaguars angehört), fühlt sich wg. Hausbau der Westküste nahe und ist Schwarzer, was angesichts der derzeitig geführten Diskussion um verstärkten Einsatz von "Minority coaches" ein Bonbon wäre. Und seine Absage an die Jaguars war recht "zeitnah" am Sonntags-Spiel der Niners.
Recht "zeitnah" war auch die Kündigung vom nicht minder schwarzen Ray Rhodes als -- nicht unumstrittener -- Defensive Coordinator in Denver. Auch er hat seinerzeit in Philly es mit einer Westcoast-Offense versucht. Und wenn mich mein Gedächnis nicht trügt, gehört auch Rhodes der Holmgren-Clique an. Ich glaube in Philly war sein OffCoord. Jon Gruden, der derzeit als Archetyp des modernen, atraktiven Football-Coaches gilt.
Es könnte auch ganz anders kommen, denn das Frontoffice der Niners gilt als sehr knauserig (Mariucci war nur 19best-bezahlter Trainer in der NFL, von 32), und diese "big names" wären nicht umsonst zu haben. Vielleicht doch nur ein Off.Coordinator? Mich würde es nicht wundern wenn plötzlich sehr kreative Offense-Coordinators genannt werden. Norv Turner und Mike Mularkey.
[11h49] MacOS X -- Und am Ende der Überlegungen wie man die beiden Festplatten einteilt, steht die bittere Erkenntnis das man mit einer 8GB-Platte eigentlich nix sinnvolles anfangen kann, weil alle Applikationen zusammengenommen mehr als 8GB groß sind, d.h. auf die große Platte müssen. OS X selber draufpacken möchte ich auch nicht, weil ich die "User"-Verzeichnisse nicht auf ein andere Volume mappen möchte und damit das Ganze auch schnell zu über 8GB anwächst.
Also kann die kleine Pladde nur noch als OS 9-Partition und für Backupzwecke dienen. Na ja.
[10h48] Heute wird im Büro der Desktop-Mac platt gemacht, um endlich auch dort MacOS X 10.2 zu installieren.
Ehe jetzt per eMail fragen kommen "Wieso platt machen?" Premio: die beiden internen Festplatten sind wunderschön partitioniert so wie es einst für MacOS 9 empfehlenswert war. Unter MacOS X ist sowas nur noch Ballast... Secundo: weil "clean install" immer besser ist.
[00h14] TV -- Kann das sein, dass das Harald-Schmidt-Show-Studiopublikum nicht minder dumpfbackig ist wie der durchschnittliche RTL-Zuschauer? Wenn es nach den knapp zweihundertachtzig Zuschauer geht, würde der Titel des "Liebling des Monats" permanent zwischen Loddar Matthäus, Boris Becker und Dieda Bohlen ausgemacht werden. Kein Adorno, keine Bibel.

 

Hier geht es zu den dogfood in der zweiten Januar-Woche....

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