[23h04] Zeitschriften -- Nun zu etwas was ich schon seit geraumer Zeit schreiben wollt, nun aber erst dazu komme: Rezension des "
MX-Magazins", lt. Eigenaussage "
das erste deutsche Magazin für Macromedia Anwender"
Stefan D'Amore ist mit dem Projekt hausieren gegangen und als sich die Verlage zögerlich oder abweisend verhielten, stellte er selbst einen Verlag auf die Beine und hat wohl unter Verzicht etlicher Wochen Schlaf auf dem letzten Drücker das Magazin rechtzeitig zur CeBit rausgebracht, nicht zuletzt dank Unterstützung von Macromedia Deutschland.
Es stellt sich die Frage mit welchen Augen man die Zeitschrift betrachten soll. Angesichts der Umstände liegt es nahe Nachsicht zu üben, einige Hefte Zeit zu geben bis sich das Ding eingeschliffen hat. Schließlich ist das Hochziehen eines Heftes für diese Zielgruppe keine leichte Aufgabe, wo just solche Magazine derzeit wie die Fliegen wegsterben oder an Auflagenverlusten leiden.
Sorry, aber ich sehe es mit den kaltherzigen Augen eines Konsumenten, der immerhin knapp zehn Euro dafür bezahlen muss und angesichts des Preises und der anvisierten Zielgruppe (zur Erinnerung: Studio MX kostet schlappe tausend EUR, etwas viel für reine Hobbyisten) einiges erwartet.
Im Vorwort taucht siebenundzwanzigKommaDrei mal das Wort "
Community" auf. Wer "Community" sagt, sollte nicht nur "Community" abgreifen (in Form von zahlender Leserschaft und Foreninhalte), sondern auch Community liefern. Seit Erscheinen des Magazins deutet aber nichts auf der Website daraufhin eine "Zwei-Wege-Kommunikation" einzurichten. Zwar wurden in einem
Interview an anderer Stelle Arbeiten an der Website angekündigt, aber nun ist mehr als ein Monat ins Land gegangen ohne dass auch nur eine Zeile Text sich auf der Site verändert hätte. Das ist dann letztendlich der letzte Anstoß für mich, das Magazin im Großen und Ganzen eben doch mit normalen Maßstäben zu messen, wie eben auch andere Zeitschriften (wer wissen will, wie man sich als Offline-Medium online eine gute Community bastelt, kann ja mal bei
FM4 vorbeischauen).
In dem oben erwähnten Interview mit "Design made in Germany" erwähnt D'Amore "Das MX Magazin soll sowohl Designer und Programmierer ansprechen ". Das ist ein Spagat der nicht im Ansatz gelingt. Das Cover kommt daher wie unzählig andere Billig-PC-Zeitschriften und kotzt elf(!) Headlines, zwei Logos, zwei Einklinker und sieben weitere kleine Textzeilen auf dem Cover aus. Die Gestaltung des Heftinneren ist solide, aber ein bißchen mehr als nur ein Seiten-Template hätte es schon sein dürfen.
Von den 21 Themen richten sich, na ja, sagen wir zweieinhalb Artikel an Designer. Es würde mich überraschen wenn viele "Designer" im nächsten Quartal beim nächsten Heft noch dabei sind.
Ich habe das Heft von vorne nach hinten gelesen und zuerst liess es sich gut an, sieht man einmal davon ab, dass sich die Frage nach Sinn und Unsinn einer "News"-Seite stellt, in einem Heft, dass gerade mal alle drei Monate herauskommt...
Dann eine sehr gelungene Kolumne von Rainer Gärtner der eine Gratwanderung zwischen Design-Freaks und Jakob-Nielsen-Jüngern versucht.
Im Bus hatte ich dann etwas vorgeblättert und den exzellenten Director MX-Testbericht von Thomas Biedorf gelesen. Ich war also bis dato dem Magazin wohlgesonnen.
Es folgt ein etwas nichtssagender Artikel über Navigationsformen im Web von Stefan D'Amore. Beziehungsweise er war nur nichtssagend bis der Kasten am Ende des Artikels mit "Anregungen für goldene Regeln" kam. Dann wurde der Artikel zu einem derartigen Ärgernis, dass man D'Amores Qualifikation in Frage stellen muss.
Zum Thema CSS schreibt D'Amore: "Nachteilig: Der Besucher kann die Textgröße nicht selbst auf eine für ihn angenehme Lesbarkeit einstellen.". Das ist so natürlich hochgradiger Bullshit. Die Problematik betrifft nur "absolute" Größenangaben, also z.B. in Pixel, nicht hingegen die relativen Größenangaben wie "em" wie sie übrigens auch jener Herr Nielsen auf seiner Site verwendet, den D'Amore als Kronzeuge der Anklage heranzieht. Selbst bei der "absoluten" Größenangabe betrifft das Problem nur den Internet Explorer/Windows und nur wenn eine bestimmte Einstellung in den Preferences nicht umgestellt wurde. Alle anderen Browser können per default Pixelgrößen vergrößert/verkleinert anzeigen.
Seine Aussagen zum Thema Darstellung gehen mir mit der Betonung der 1024er- und 800er-Bildschirmauflösung in die falsche Richtung, da sie nicht berücksichtigen, dass viele ihren Browser gar nicht auf volle Monitorbreite gestellt haben und die Möglichkeit der neuen "mobile Devices" völlig außer Acht lassen. Fast den gleichen Argumentationsstrag verfolgt D'Amore wenn er bei den Browsern schreibt: "Achte Sie möglichst darauf, das Ihre Website in den gängigen Browsern funktioniert", um dann kommentarlos Zahlen einer US-Site zu präsentieren, in der 80% der User mit dem Internet Explorer surfen sollen. Weder erklärt D'Amore mit was die anderen 20% surfen (angeblich sollen nur 7% mit Netscape und 1% mit Opera surfen... was machen die anderen 12%? Konqueror? iCab?) noch weist er auf den Umstand hin, dass viele Browser aus Kompatibilitätsgründen sich bei Webserver als Explorer-Browser ausgeben.
Nach dem Artikel ging bei mir die Pumpe, Laune war dahin. Aber die Seite 17 des Heftes gab mir dann endgültig den Rest. Dort war ein Interview mit dem Geschäftsführer eines Macromedia-Vertriebspartners abgedruckt. MX Magazin fragt, Thomas Henßler antwortet. Der Haken an der Sache: dieses im normalen Seitenlayout abgedruckte Interview, ist eine bezahlte Anzeige, nur zu erkennen durch das klein oben rechts abgedruckte Wort "Anzeige" und dem schmalen Farbstreifen am oberen Rand, der nicht dunkelblau sondern dunkelgrau war. Bei einer Umfrage im Bekanntenkreis ist dieses keinem als Anzeige aufgefallen. Das ganze Magazin ist eine heikle Gratwanderung in Sachen Vermischung von Werbung und redaktionellen Inhalten. Aber hier fühlte ich mich als Leser verarscht. Das Vertrauen in dem Magazin war nun endgültig dahin. Wie soll ich von so einem Magazin noch so etwas wie objektive Berichterstattung erwarten?
Der nächste Tiefpunkt kam mit dem nächsten Artikel von Stefan D'Amore. Ich schwöre es: ich kenne den Mann nicht und habe ihn nicht auf dem Kieker. Aber es ist blanker Unsinn die Maskierungsfunktionen bei Fireworks anhand des Photos einer Taschenuhr zu zeigen. Zumindest auf die Art und Weise wie es D'Amore getan hat. Die Taschenuhr hat eine regelmäßige Form und als solches ist es unsinnig die Maske mit Hilfe des Pinsels anzulegen. Dazu nimmt man Feder bzw. die Vektorformen und passt diese an. Ein Beitrag der derartige Basics wie Maskieren erklärt, sollte dem Anfänger auch gleich die optimalen Werkzeuge dazu erklären...
Das gesamte Heft torkelt in seiner Ausrichtung ziellos zwischen Designer und Programmierer, zwischen Anfängern, die Basics in Fireworks und Contribute erklärt bekommen, und Fortgeschrittene die mit ColdFusion arbeiten, oder sich mit Hardcore-Analyse-Tools beschäftigen. Ich glaube nicht, dass der Spagat funktionieren kann, denn mit dem Versuch allen Zielgruppen ein Häppchen zu geben, wird keiner der Leser das Gefühl haben für zehn Euro "satt geworden" zu sein.
Zu dem sind viele Artikel schlichtweg nicht relevant, weil sich die gleichen Informationen (z.B. ein Tutorial zu Flash-Komponenten), kostenlos, im Netz finden lassen (z.B. bei Macromedia). Ich kann daher nicht nachvollziehen, warum ich mir das Heft kaufen sollte... Mich hat das Magazin also nicht als Käufer gewinnen können. Ich werde es auch vorerst nicht weiterempfehlen. Zur Wiedervorlage in einem Jahr...
Zum Abschluß, weil ich dann doch nicht ganz negativ aufhören möchte, der Verweis auf zwei weitere gute Artikel. Die Kolumen von Sascha Wolter "Was ist ein Flasher" der sich wohltuend lustig über Teile der teilweise merkwürdig gestrickte Flash-Gemeinde macht, und, zu meiner großen Überraschung, der übersetzte Abdruck des ActionScript-WhitePapers von Macromedia.
Dieses White Paper von
Michael Williams befindet sich im
DevNet-Flash-Bereich und ist fast ein Jahr alt. Ich hatte es damals gelesen, aber in der Zwischenzeit einiges vergessen, was der Abdruck nun wieder in Erinnerung brachte.
Und noch etwas positives: ich bin nachgeradezu verblüfft über den Vertrieb des MX-Magazins, dass wirklich problemlos in vielen Läden erhältlich war. Damit ist der kleine Verlag mit dem neuen Magazin auf Anhieb präsenter, als es seinerzeit die "MacProfessionel"/"MacProfiler" mit den ersten 3-4Ausgaben war, obwohl die aufgrund ihres Backgroundes eigentlich die besseren Voraussetzungen gehabt hätten.
[17h40] Software -- Ich habe
OmniGraffle inzwischen gekauft und von der Schreibtischkante laufen die Speichelfäden nur noch so runter. Was die OmniGroup da in Sachen GUI getrieben hat, setzt Maßstäbe für alle anderen Applikationen.
Über die Inspektoren und das Andocken habe ich schon gesprochen (erwähnenswert auch das Reduzieren der Breite wenn ein Inspektor zugeklappt wird). Beispielhaft auch das was OmniGraffle mit Maß- und Hilfslinien treibt.
Hilfs- und Maßlinien
Adobe Illustrator hat eine Option die ähnlich funktioniert. Beim Verschieben eines Objektes werden an bestimmten Positionen automatisch Hilfslinien für 0°, 45° und 90°-Winkel eingeblendet. OmniGraffle macht es für meinen Geschmack sinnvoller, wie man am Beispielbild rechts sehen kann. Verschoben wird der Kasten "Kanalisation". Jetzt blendet OmniGraffle folgende Angaben ein: gelbes Tooltip mit der Position, eine horizontale dunkelblaue Mittellinie als Indikator dass das Objekt auf gleicher Höhe mit anderen Kästen liegt und zwei dunkelblaue "Abstandmesser" als Indikator dass "Kanalisation" den gleichen Abstand zu den Kästen wie die Kästen zueinander hat.
Wenn man es in Aktion erlebt, ist dieses Feature intuitiv hoch zwei.
OmniGraffle arbeitet sehr viel mit Transparenzen und, siehe Hilfslinien, anderen grafisch aufwändigen Features. Das merkt man auch der Performance an. At least auf dem Ti-PowerBook-800 läuft es aber immer noch sehr flüssig, kein Vergleich zu Software aus dem Hause Macromedia. Wer beispielsweise einen G4-400 oder iMac hat, sollte vielleicht vorher mal die Demo antesten.
OmniGraffle 3
OmniGraffle ist eine Software zum Erstellen von Charts und Diagrammen und verwende ich gerne um Sitemaps bei der Website-Entwicklung zu erstellen. Der Clou ist dabei u.a. die enge Zusammenarbeit mit "
OmniOutliner". Dort in dem "Outline"-Modus mit Einrückungen die Website-Struktur niederschreiben, per Drag'n'Drop auf OmniGraffle ablegen, whoops, letzter generiert vollautomatisch ein Diagramm und fertig ist die Sitemap, exportierbar als PDF oder HTML (oder TIFF, PNG, EPS).
Mit OmniGraffle 3 wurde nun die Oberfläche überarbeitet, und ich muss sagen, mir läuft das Wasser im Munde zusammen. Insbesondere was die Inspektoren angeht, kann sich Macromedia, die in der MX-Linie mit einem ähnlichen Inspektorenkonzept arbeiten, ein gewaltiges Stückchen abschneiden.
Andock-Effekt bei OmniGraffle
Die Leisten der Inspektoren sind Jaguar-typisch auf Hochglanz poliert. Noch feister der Effekt beim Zusammendocken von zwei Inspektoren, ich hoffe es ist auf dem Bild erkennbar. Wenn ein Inspektor an seiner Leiste in die Nähe eines anderen Inspektors geführt wird, so dass er unter diesem einschnappen könnte, "strahlt" der gezogene Inspektor eine Art "Luftwelle" aus, ähnlich wie man es aus dem Film "Matrix" kennt. Gleichzeitig, warum auch immer, fängt der obere Inspektor an zu tropfen.
Der Rest von OmniGraffle ist in Sachen Komfort und Gestaltung ähnlich unschlagbar. 70,- EUR die gut angelegt sind. Wer will, kann sich anhand der auf 20 Elemente limitierten
Demoversion davon überzeugen. BTW: Ich wiederhole den Hinweis: wer seit letzten Frühjahr sich einen Mac der "Power"-Linie (PowerBook, PowerMac) geholt hat, wird auf der Software-CD OmniGraffle2 gebundlet vorfinden. Das Upgrade auf OmniGraffle3 kostet nur 25,- EUR.