[19h32] Knapp fünf Tage Köln sind vorbei. Und eigentlich ist nichts Erzählenswertes passiert.
Eine durch einen liegengeblieben Zug verursachte Verspätung von einer Stunde auf der Hinfahrt. Der Schwersteinsatz von SMS. Das Rennen durch den Kölner Hauptbahnhof. Gleis Fünf versus Gleis Sieben. Große Augen die aufzufressen scheinen, großer Mund. Breites Grinsen in der Cafetiero. "Hugs". Erfolgreich Schwarzfahren-Quote auf zwei von vier Versuchen gesteigert. Breites Grinsen, zwei Reihen weiße Zähne. Eine schnelle Fluppe beim Umsteigen. Magnus, so heißen in Hamburg eher Schwulen-Kneipen. Erst Sonne im Rücken, dann Sonne im Gesicht. Alles wird durchgestöbert. Notizbuch, Handy, gnadenlos. Hunger, doch kein Hunger. Tagliatella versus Pizza. Grünfläche vor der Uni-Mensa, zu harter Boden, kleine gelbe Käfer, nervige Fußball-Spieler. Calvin & Hobbes-Lesen. Duft von Gewürzen und Vanille. Überraschendes Streicheln übern Unterarm. Neugieriges Baby-Gesicht. Grill. Superweiches, supergemütliches Bett. Schnelle Fahrt nach Lummerland.
Wiedersehen mit dem Toastständer. Videospiele, Comics. Wiedersehen mit Jörg, Xenia, Xaime und Raoul. Xaime, the "Egghead", Raoul, das "Pummelchen", wenn es denn fair wäre, die beiden Kids im Alter von knapp einem dreiviertel Jahr bereits derart in Schubladen zu stecken. Ist es natürlich nicht. Also vergessen wir es. Drei Bälger. Comic-Connaisseur-Diskussion. Die Bendis-Maleev-Zyklen des Daredevils. Diskussion über ADSL-Tarife. Zusammenbruch der Sauerkirsch-Gelatine. Selbstgemachte Waffeln. Back in Belgisches Viertel. Ein Suchmaschinenoptimierer-Dienstleister bittet um Link von meiner auf seiner Site, "natürlich gegen einen Unkostenbeitrag". Natürlich nix von "dogfood" verstanden, gell? Überraschender Anruf. Falsche Buszeiten gemerkt. Sonn- und Feiertags anders als Werktags. Statt vierzig Minuten zu warten, lieber doch Regionalexpress genommen. Runter, dann rauf. Gleis 9 versus Gleis 8. Eingleisig geht's weiter. Furchtbare Stadt, schöne Stadt. Atemberaubender Hauptbahnhof. Baufällige Treppen, Filmscheinwerfer liegen herrenlos auf Bahnsteigdach. Durchstieg durch Fensterrahmen ohne Scheibe. Nicht eine einzige Scheibe im Hauptbahnhof ist noch ganz. Leere. Öde. Massiver Backsteinbau zu vermieten. Piefige 1-2stöckige Mehrfamilienhäuser entlang Hauptstraße. Eisdielen, Bäckereien. Wäschereien. Ein Auto biegt in die Seitenstraße nur um sofort zu wenden und auf den Parkplatz der gelben Pizzeria zu fahren. Schöne Stadt, es geht runter. Kinder spielen. Van wird entpackt. Weißes Haus? Weißes Haus. Wenn aus Photos Realität wird. Badezimmer, Wohnzimmer, Küche. Irgendwie kannte ich es, irgendwie wusste ich was mich erwarten würde. Realität ist aber anders. Realität ist auch der Raum dazwischen, ist die Anordnung, das Ensemble, das knarzende Geräusch des neuen Parkettbodens und Düfte. Ein undefinierbarer Duft. Es ist als ob ein Puzzlespiel zum ersten Mal ein ganzes Bild ergibt. Aus den zahlreichen Variationen, den verschiedenen Bildern, wird nun ein festes Bild. Zumindest optisch. Alles andere ist diffus, will ich mir offenhalten. Mangels besseres Wissens. Und weil ich mit meinen Einschätzungen immer wieder danebenlag. Vorallen wenn ich optimistisch gewesen bin. Was nicht sein kann, kann nicht sein. Ich nehme alles so wie es kommt. Myst. Wie an die Sonnenblume rankommen? Verwegener Plan. Ungefähr eine Stunde Fußmarsch. Runter zum Fluß. Kleine Schafe, große Schafe. Teilweise halsbrecherischer Marsch zwischen Baumwurzeln, Pferdescheiße, schneckenhauslose Schnecken und tollwütigen Füchsen die angeblich irgendwo in den Tiefen lauern. Immer dunkler werdend. Eingehakt. Wilde Autofahrer. Dunkler werdend. Irische Wolfshunde, Ponys. Baumstümpfe, die zu Katzen werden. Kleines Dorf, im Nachhinein einen Hauch zu glatt um wirklich idyllisch zu wirken. Eine Viertelstunde zu spät. Restbestände von Aoli und Brot. Minigolf. Ein Wahnsinn. Aber wieder eine Viertelstunde zu spät. Getarnte Bushaltestelle. Dauert zu lange. Taxi. Es geht bergauf. Kalkoffe, du Gott! Ich, und nicht die Zartbitter-Schokolade, schmelze. Immer wieder zieht dieser Duft ins Hirn. Nein, nicht ins Hirn. Das ist längst ausgeknockt. Der Duft geht ins/aufs Gemüt, im positiven Sinn. Ins Bett gehen. Unterarm guckt aus Bettdecke raus, macht den herauslugenden Storch. Weiß nicht. Zu warm. Ich inhaliere diesen Duft, egal was diesen Duft abgibt.
Rush-Hour, sofern davon hier die Rede sein kann, beginnt. Sieben Uhr, also eher Arbeiterviertel. Acht Uhr, Rasen mähen. Der Geruch verfolgt mich, ich tauche in den Geruch ein. Nein, nicht der von frisch gemähten Rasen. Neun Uhr, WDR Zwei. Tee. Kalkoffe. Große Augen, Hand. Freunde. Bye-bye. Sowohl so, als auch anders. Bus müsste kommen, aber keine Haltestelle in Sicht. Bus kommt, Haltestelle in Sicht, aber zu weit weg. Bus weg. Also laufen. Gefällt mir. Hat was masochistisches. Märtyrertum. Brauche ich jetzt. Will nachdenken. Kastenwagen hält an, will wissen wo hier Wal-Mart in der Friedensstraße ist. Runter. Dann rauf. 11%. Bis zum Bahnhof. Häßliche Stadt. Aldi. Rewe. McDonalds kündigt von Bahnhofsnähe. Regionalbahn fährt ein, Fünf Minuten Zeit Ticket zu kaufen. Ticket nicht an jedem Automaten. Ausgerechnet an den "richtigen" Automaten scheinen lange Schlangen zu sein. Touris die nicht wissen was sie tippen sollen, Kleingeld-Fetischisten die sich centweise dem Gesamtbetrag nähern. Jeder Cent einzelnd aus dem Portemonnaie gegriffen. Endlich ein freier Automat, ich spritze dazwischen, versuche auf gut Glück das richtige Fahrtziel anzugeben, tippe "2000", wenn ich es richtig verstanden habe. 5 EUR 20, hört sich richtig an. 10-Cent-Stück wird nicht akzeptiert, 20-Cent-Stück hektisch eingeschmissen. Ticket genommen, Wechselgeld liegengelassen, durch Ausgang gepresst, in den Zug rein. Hält an jeder Gießkanne. SMS-Einsatz. Komplexe Sachverhalte in maximal 108 Zeichen? So lala. Reicht für Aufmunterung. Ich rieche an meiner Hand und meinem Armen. Rieche schätzungsweise Räucherstäbchen, Vanille und Zitrusfrüchte. Opladen steigen zwei Mormonen mit weißem Hemd, perfekt sitzender Krawatte und Namensschild ein. Passenderweise setzt sich der eine zu mir und fängt an drauflos zu schwätzen. Würde viel lieber alleine weiterriechen. Er Ami, für zwei Jahre in Deutschland. So viele Feiertage. Erleuchtung im Buch Mormons. Bahnhof. Bekomme Faltblättchen. Aussteigen. Jetzt wirklich Gleis 7. Back to Belgisches Viertel. Netter Anruf. Kann man Gesichter hören? Ich glaube ich kann es. Baby unruhig. Kinderwagen, Park. Erster Besuch im Starbucks. Zimtrolle und mittelgroßer Becher Ice-Coffee Mocha. Jan mit Brownie. Brownie ist hochkonzentrierte Schokolade, liegt noch Stunden später im Magen. Mir geht es mit meinem Eiskaffee ähnlich. der Magen will nur noch in Frieden gelassen werden. Am Abend die Gegenattacke. Wenn schon versaut, dann richtig, ab zu Burger King am Ring. Müde. Schlafen. Ein letztes Mal in Räucherstäbchen, Vanille und Zitrusfrüchte wälzen, bevor am nächsten Morgen die Dusche und das geschenkte Adidas-Shower-Gel ihr schändliches Werk verrichten.
Dusche. Erinnerungen sind vergänglich. Pin-Up in der Nähe des Rings. EC-Karte wird wider besseren Wissens geschröpft. Daredevil, Ted McKeever, Batman, 100 Bullets, Hellboy-T-Shirt. Zeit totschlagen. Straßenfest Eigelstein. Einkauf bei Rewe. Lächerlicher Konzertsaal Köln, Um Platz herumlaufen, weil Betreten des Platzes die Proben im unterirdischen Raum stören. Sechs "Bewacher" steuern die Fußgänger. Über Rheinbrücke. Nehme Bank vor Landschaftsamt. Ausgerechnet das Landschaftsamt hat das häßlichste Gebäude am ganzen Ufer und eine große Grünfläche. Abgesperrt. Lese Comics. Bevor mir die Augen ganz zu fallen, über Deutzbrücke, durch die Altstadt. Touri-Falle. Platz vor Dom abgesperrt wg. Freiluft-Konzert. Demo von Kurden. Demo von Falun-Gong. Demo für demokratischen Iran. "Froi Hait -- Froi Hait". Gegen Wand gelehnt. Sehe den Demos zu. Sehe blau-beajackte Greenpeacler mit Sprechblasen und Anti-Esso-Banner. Grinse. Blaue Jacke und rosa Hose. What else. Gehe weiter. Suche andere Grünfläche zum Niederlassen. Zeit totschlagen. Kaum Grün und noch weniger Sitzbänke in Innenstadt. Vor der Oper Springbrunnen und be-sitz-barer Beton. JSA, Band 1 von 2. Glockenspiel, drei Uhr. Werde wieder müde. Besser ich gehe. Will zum Rheinpark, wo es laut Stadtplan viel Grün geben soll. Quetsche mich wieder am Campi vorbei, wieder am abgesperrten Konzertplatz. Handy klingelt. Noch eine halbe Stunde. Bleibe am Rheinufer stehen und suche Bank. Daredevil "Out". Handy klingelt. Gehe wieder über dem Konzertsaal. Proben fertig, Platz betretbar. Campi mit teuren Tee, Cola, Brille, Grinsen und Augenrollen. Linie 15 zum Zoo. Pubertierende Metalfans wollen mit. Superbreites Grinsen. Zoo macht in einer Stunde zu. 10,- EUR-Karte zu teuer. Also Ersatzprogramm. Rhein-Seilbahn. Mache Photos von Höhenangst. Schade. Photo wird gelöscht. Wird später mein traurigster Moment des Tages. Kein Gespür für den Verlust, Photo wird gnadenlos gelöscht. Zweifel ob Offenheit belohnt wird. Sage mir, ich sollte mich nicht so anstellen, zumindest für eine Kleinigkeit. Peace oder Victory? Zuerst aber Rheinpark. Bin doch nicht der Steine-Flitscher-Versager der ich fürchtete zu sein. Setze mich auf Betonblock. Spüre den Kopf, die Arme, die Hände, die Finger, den Zwischenraum zwischen den Fingern. Käseweise Innenseite der Unterarme. Beliebte Eissorten des Nachmittages: Stracchiatella, Pistazie und Haselnuß. Wieder durch die Altstadt. Köln wäre nicht Köln wenn kein Kölsch getrunken werden würde. Bekomme die 0,3l kaum runter. Das Augenrollen werden ich aber nie vergessen. Zurück zum Bahnhof. Ich spüre Arme, Hände, Schultern. Bahnhof. Gleis 3, in der Mitte. Ich spüre den Mund, beide Arme. "Drück". Nein, ich darf immer noch nicht. Also nur auf die Nasenspitze. Ich bin trotzdem glücklich. "Trotzdem". Komme rechtzeitig zu Jan um ihn zur Sandbar mit Jörg zu begleiten. Leere Bar, Cola, Cocktail, Comics, Videospiele. Dann kommt DJ und versenkt mit "Alan Pearsons Project" und tausendmal gehörten K&D-Nummern die Stimmung. Abschied. Müde. Schlaf. Weiches Bett, schönes Bett. Rotierendes Hirn legt sich schnell schlafen. Heute kein Duft zum Mitnehmen.
Last day. Sentimental. Viele Baustellen. Ich vergleiche mich vermehrt mit einem Produkt. Denke über Marketing und Branding-Probleme nach. Viele Baustellen. Gordischer Knoten. Wie durchschlagen? So großer Mund, so große Augen. Würde gerne. Der Weg ist das Ziel. Scheiß-Spruch. Macht ihn aber leider nicht unwahrer Viele Baustellen. Augen zu und durch. Gab doch mal den Film mit Richard Dreyfus und Bill Murray. Strategie der kleinen Schritte. Immer auf den Boden gucken, nicht nach vorne. Schritt für Schritt. Auch auf dem Boden sind große Augen, die kleine Nase und der große Mund. Ich grinse. Comics, Pikmin, Vic Ribbon, Spiderman. Anruf. Ich? Nein, du. Später. Viertel nach Sechs. Abschied. Schöne fünf Tage. U-Bahn. Bahnhof. Warten auf das Erscheinen des Zuges an der Tafel. Ein Drittel aller Züge hat heute Verspätung. SMS. Abschied. Frau nervt im Zug weil es ihr im Metroplitan angeblich zu eng ist. Ich fahre an RE7 und RB48-Züge vorbei und lächle. Ich sehe draußen Kühe weiden. Irgendwann in Hamburg dann. Ich hoffe sehr bald und sehr lange.
Sag' ich doch. Nix passiert.