[11h36] Das Wetter ist so fies. Da habe ich mich am Donnerstag auf das trübe Wetter mit schönen Windboen gefreut. Ich verlies gegen fünf das Büro und es fing standesgemäß an zu nieseln. Ich fuhr mit der Bahn nach Rissen raus und wie ich von der S-Bahn-Station die zwanzig Minuten bis zur Bootswerft runterging, wurde der Wind immer lauer.
Nichts mit kräftigen Windböen. Die Elbe war etwas aufgerauht und zeigte einige weiße Schaumkronen. Nicht mehr und nicht weniger. Es war Flut und die Elbe deutlich höher als bei meinen letzten beiden Besuchen, so daß ich in Wittenbergen das Ufer verlassen und auf die kleine Straße hinter dem Campingplatz ausweichen musste.
Einerseits war es wesentlich ruhiger. Es waren kaum Schiffe zu sehen gewesen und von den üblichen Schön-Wetter-Wurstbrat-Aktivitäten gab es nichts zu sehen. Keine Möven, nur einige Grillen zirpten ihren Kältetod entgegen. Es gab Momente der scheinbar absoluten Stille, in denen man nur das Plätschern der Wellen gegen die Steine der Uferböschung oder das Auslaufen der Wellen am Sandstrand hörte. Inmitten dieser Stille stand dann ein großer Baum, dessen Blätter aus Leibeskräften zu rascheln schien. Es machte den Eindruck als wäre dieser Baum der Ursprung aller Geräusche dieser Erde, der akustische Urknall inmitten des Nichts. Der riesige Baum mit seinen braunen Blätter schien das Zentrum des Universums zu sein. Nur um beim Weitergehen in die Bedeutungslosigkeit zu verschwinden. Nach zehn Meter war der Baum vergessen.
Ich war knapp anderthalb Stunden früher als die letzten beiden Male an der Elbe. Zwischen Rissen und Wittenbergen war kaum eine Seele. Nun begegnete ich zwischen Rissen und Blankenese alle Nase lang Jogger oder Hundebesitzer.
Trotz des eher unangenehmen Wetters hatte der kleine Kiosk kurz vor Blankenese noch offen. War es im Sommer noch ein Treffpunkt der vereinigten Cabrio-Fahrer, so versammelten sich nun am frühen Abend diverse Hundebsitzer um von sich und ihren Kötern zu reden. Es ist auch der Teil von Blankenese, wo die Häuser, je exponierter sie stehen, desto höher hinter graue Betonmauer oder dunkelgrüne Büschen verschanzt sind.
An der Strandpromenade von Blankenese wurde es wieder ruhiger, inzwischen war die Sonne untergegangen. Die einzigen Lebenszeichen kamen von den Restaurants die unisono dabei waren, langsam alles reinzustellen was noch draussen waren: Stühle, Tische, Schirme, Aufsteller. In den Restaurants, größtenteils mit rustikal-gesetztem Interieur sah man kaum Gäste. Erst als ich am „Strandhotel“ vorbeigegangen bin, wurde es laut. Von der Straße aus macht das „Strandhotel“ mit seinen hohen Stuckdecken den Eindruck eines klassischen Kurhotels aus der Jahrhundertwende. Think of Baden-Baden. Lautes Stimmenwirrwarr. So gesittet der äußere Eindruck war, so muß man anscheinend auch in solchen Etablissements gegen die Lärmkulisse anschreien um sich mit seinen Tischnachbarn zu verständigen.
Es nieselte weiter vor sich hin. Ich gehe die Treppen zum Zentrum hoch. Es ist kurz nach Acht. Die Läden hatten alle längst zu, in den Apotheken und Bäckereien sah man ein, zwei Personen mit Besen hantieren oder Vitrinen wischen. Der Zufall wollte es, dass am Blankeneser Bahnhof der „22er“-Bus abfahrtbereit stand. Ich wohne nordöstlich von Blankenese, könnte knapp eine dreiviertel Stunde in einem weiten „südlichen“ Boden mit S-Bahn und Bus fahren, oder eben mit dem „22er“ in einem etwas direkteren aber ebenso langen „nördlichen“ Bogen.
Der „22er“ startet zwar im feinen Blankenese, aber rollt dann durch trostlosere Wohn- und Industriestadtteile wie Iserbrook, Osdorf, Stellingen und Lokstedt. Um halb neun war die Fahrt durch ein ewiges Ein- und Aussteigen von Teenager geprägt. Mädchen in weißen Thermojacken, mehr oder weniger gepierct, Haare mehr oder weniger geflochten, Gesicht mehr oder weniger geschminkt. Immer in Begleitung. Mal der kleinere Bruder, mal der türkische Lover mit der pomadisierten Frisur, mal die beste Freundin. Selten länger als drei Stationen mitgefahren. Ab Stellingen, mit seinen tristesten Flachbau-Industriestätten, stiegen vermehrt ältere türkische Frauen zu, ab der U-Bahn-Station „Hagenbecks Tierpark“, und damit dem Erreichen von Lokstedt, wurden die Fahrgäste deutlich wohlhabenderer. Ein Querschnitt durch Hamburgs Westen.
Das gleiche Schicksal das mir mit schöner regelmäßigkeit Samstag abends das Cappuccino-Pulver verschwinden läßt, sorgte dafür, dass am Freitag der Wind wieder kräftig blies.
David Rae Morris for The New York Times
[10h03] Das
Interview das
Hackman &
Hoffman anläßlich ihres ersten gemeinsamen Films Jennifer Senior von der
NY Times gegeben haben, ist genauso relaxt wie das Bild.
Beide, inzwischen 73 bzw. 66 Jahre alt, sind vor einem halben Jahrhundert in die gleiche Schauspielschulklasse gegangen, drehen aber jetzt ihren ersten gemeinsamen Film.
Ein Interview über beschrieben Stühle, Marlon Brandos „Hörhilfe“, über die Beinahe-Fehlbesetzung in „The Graduate“ („Die Reifeprüfung“) und Hackman'sche Entspannungsübungen.
HOFFMAN: „Say the word 'orgasm', and everyone's head goes blank.“
Sag' ich doch: relaxtes Interview.
[08h22] Ach ja, war das schön gestern. Sinnlos Zeit verplempert, abgesehen von ein bißchen aufräumen. Hier und da ein Minütchen Sport im Fernsehen geguckt und auf dem Rechner „Age of Empires II“ installiert und gespielt. Nach knapp sechs Stunden an einem ähnlichen Problem wie Adolf H. aus B. gescheitert: den gemeinen „Zwei-Fronten-Krieg“. Im Süden die Blauen, im Osten die Grünen.
Mein Bürokollege hat mich etwas angefixt, weil er seit 2-3 Tagen wie ein Besengter „Star Wars Galactic Battlebattlegrounds“ spielt, ein anderes „Real-Time-Strategie“-Spiel.
Was mir abgeht, ist ein einfaches rundenbasierendes Strategie-Spiel wie „Empire“ oder „Battle Isle“. Mir nur wegen „Advanced Wars“ einen Gameboy zu holen, erscheint mir etwas überzogen...