[00h00] Software -- Nun ist es Zeit ein bißchen
Apple-Bashing zu betreiben. Nicht die offensichtlichen Schwachstellen wie Quality-Assurance die in Sachen Panther, 10.2.8-Update oder 15"-Powerbook in den letzten Monaten unter aller Würde war (und von den Apple-Evangelisten merkwürdig schweigend hingenommen wurde, well, es ging ja auch nur um Datenverlust und schadhafte Hardware wg. Konstruktionsfehler im Werte von 2-3.000,-EUR). Nein, es geht um
QuickTime.
Ausgangspunkt ist ein nicht ganz uninteressantes Projekt an dem ich gerade arbeite. Da es eine Produktentwicklung ist, abstrahiere ich etwas und erläutere es anhand eines Phantasieprojektes.
Es geht um einen virtuellen Museumsführer. Zu den einzelnen Räumen werden 3D-Panoramen photographiert und daraus QTVRs erzeugt. Neben diesen QTVRs befindet sich kleine Lagepläne die die aktuelle Position anzeigen.
Um bezüglich des Vertriebes bzw. des Mediums höchste Flexibilität zu wahren, wird der ganze Kram in HTML-Seiten eingebettet. Jeder Raum, eine HTML-Seite. Jede HTML-Seite enthält einen QuickTime-Film, in dem wiederum links das QTVR und rechts der Lageplan als Flash-Datei eingebettet sind. BTW: QTVR ist nicht vergleichbar mit einem Bitmapstreifen der z.B. in Flash nach links oder rechts gescrollt werden kann. Man vergleiche z.B. die Habour-Bridge in der
Sydney-Opera-House-Anwendung zwischen dem angezeigten Panorama in Flash und den als
PopUp nachladbaren, hochwertigen QTVR.
Man sieht: mal was anderes als die normale HTML- oder Flash-Klopperei, von daher interessant.
Mein Bashing richtet sich zum einen gegen Apple im allgemeinen bzgl. des Handlings der QuickTime-Technologie, und zum anderen konkret gegen den QuickTime Player Pro.
QuickTime ist eigentlich die heißeste Sache seit g'schnitten Brot. „Is' doch einfach so Video und so“ für den unbeleckten Betrachter. QuickTime ist wesentlich flexibler. QT ist erstmal nichts anderes als ein Dateiformat als Container in das man viele andere Medienformate als „Tracks“, also als „Spuren“ reinpacken kann: Bilder, Videos, Sounds, Flash, Texte, Links, Panoramen und sogar rudimentäre Programmierung die beispielsweise auf RollOver reagiert.
Tatsächlich hat man aber nicht den Eindruck dass Apple sehr viel tut um QuickTime außerhalb seiner Kernkompetenz als Videoformat on- oder offline zu propagieren. QuickTime als Audiostream-Format ist in den letzten vier Jahren fast völlig vom Erdboden verschwunden.
Das Versanden von QTVR liegt an der Natur der Dinge: 3D hat, abgesehen von Hochpreis-Spielen, nirgends den Durchbruch geschafft. Nicht als VRML, nicht als Shockwave3D, nicht als eines der unzähligen proprietären Formate von Metastream und Konsorten.
Mit all seiner Fähigkeiten hätte QuickTime rein theoretisch die Fähigkeit Flash gewaltig an den Karren zu fahren. Doch Apple verspielt die Chance. Laut Zahlen von Macromedia liegt die Verbreitung von QT mit 41% weit hinter Flash (97%), Shockwave (63%) und dem RealPlayer (56%). Für mich unverständlich warum es keine UNIX/LINUX-Version von QT gibt. Das würde zwar an nackten Zahlen nicht ins Gewicht fallen, aber, abgesehen von der symbolischen Bedeutung der erste große, crossplattformtaugliche Mediaplayer zu sein (oder güldet die als „Helix“ angefertigte Linux-Version des Real-Players?) würde es die Awareness erhöhen und helfen QT im Gespräch zu halten.
Und schließlich gibt es dass Problem der Tools. Der kostenlose QuickTime Player läßt sich für 35,- EUR zu einem Authoring-Werkzeug aufrüsten. Dann kommt lange nichts mehr und dann fängt die nächste Kategorie Werkzeuge erst wieder bei 450,- EUR an. In der „Mittelklasse“ 100 bis 200 Euro: Fehlanzeige.
Auch hier: wenn QuickTime den Rückstand zu den anderen Formaten aufholen soll, muss man Geeks und Entwicklern kostengünstige und „leckere“ Tools an die Hand geben. GoLive und LiveStage sind preislich nichts was man als Freizeitspaß sich nebenbei anlegt und der QuickTime Player Pro ist alles andere als „lecker“.
Und damit zu meinem zweiten, Magenschmerzen verbreitendem Problem der letzten Tage: „QuickTime Player Pro“ als Authoring-Werkzeug. Damit ist wohlgemerkt nicht Videoschnitt gemeint, sondern die Integration und Programmierung der verschiedenen Medientypen innerhalb eines QuickTime-Films.
Die Bedienung des QT Player Pro ist aber so unglaublich hakelig und inkonsistent, dass einem jeder Spaß vergeht. Die Hauptarbeit besteht darin, Tracks im QT zu löschen oder einzufügen und die Eigenschaften der Tracks einzustellen. Dazu steht für jeden Film eine individuelle Einstellungspalette zur Verfügung, mit einem Klappmenü links, um die einzelnen Tracks anzuwählen und einem Klappmenü rechts, um den ausgewählten Track zu konfigurieren.
Hier liegt schon eines der Hauptprobleme: man klickt sich einen Wolf um die beiden Klappmenüs zu bedienen.
Kleine Kostprobe: Einbau eines QTVRs in QT. Öffnen QTVR, Klappmenü 1 „Film“, Klappmenü 2 „Steuerung“, umschalten von „QTVR“ auf „Standard“, da sich sonst der Track nicht in die Zwischenablage kopieren läßt. Kopieren. Öffnen QT. Klappmenü 1 „Film“, Klappmenü 2 „Steuerung“, umschalten von „QTVR“ auf „Standard“, da sich sonst der Track nicht aus der Zwischenablage kopieren läßt. Klappmenü 1 „VR-Panorama“, Klappmenü 2 „Größe“. Button „Anpassen“ klicken um das QTVR innerhalb des QT-Fensters zu positionieren. Natürlich nicht per Zahleneingabe, sondern per Maus. Koordinaten lassen sich nirgens ablesen! Wenn fertig, Button „Fertig“ klicken. Klappmenü 1 „Film“, Klappmenü 2 „Steuerung“, umschalten von „Standard“ auf „QTVR“ um später im QTVR navigieren zu können. Abspeichern.
Und das bei 22 Filmen, die jeweils aus drei Assets zusammengestellt sind, plus diverser Korrekturen die gemacht werden... da kommt Freude auf, da lacht die Maustaste...
Wie wenig durchdacht das Arbeiten mit den QT Player Pro ist, sollen weitere Beispiele verdeutlichen:
Beim Einfügen eines Flash-Assets wird automatisch eine Konfiguration des Flash-Tracks vorgenommen, der dazu führt, das jener den Cursor des gesamten Filmes kapert. Siehe Klappmenü 1 „Flash“, Klappmenü 2 „Einstellungen“. Das Sinistre daran: diese Konfiguration erfolgt erst beim Umschalten der Steuerung auf QTVR. Vorher ist die „Einstellungen“-Checkbox nicht angekreuzt. Nach Umschalten, prangt plötzlich ein Kreuz. Natürlich wird dieses nirgends in der QT-Dokumenation erwähnt.
Zwar kennt QT einige wunderbare „Grafikmodi“ mit der sich Tracks mit bestimmten Formen der Transparenz einbauen lassen, z.B. einer Alpha-Kanal-Transparenz. Funktioniert auch wunderbar im QT-Player. Dummerweise aber nicht im QT-Browser-PlugIn. Wunderbar, wenn man das angesichts der ganzen Klickerei, erst nach dem fünften QT-Film feststellt... Natürlich wird dieses nirgends in der QT-Dokumenation erwähnt.
Schließlich der Hammer, der mich locker vier Stunden gekostet. Angenommen man hat ein QT-Film der ein Hintergrund-JPEG als Track enthält und man bastelt nun QTVR und Flash-Navigation als zusätzliche Tracks ein. Anschließend speichert man den Film ab.
Just dann entsteht das Problem, dass nicht die Assets in den Tracks abgespeichert wurden, sondern nur die Verknüpfungen, also der Ort auf der Festplatte an dem diese Assets zu dinden sind! Spätestens beim Upload auf dem Webserver fehlen diese Assets und das Wundern ist groß.
Das mag noch schnell erklärbar und einsichtig, ja vielleicht sogar praktisch sein. Und darüberhinaus schnell zu reparieren, gibt es doch beim Befehl „Speichern untern...“ die Option das QT als „Eigenständigen Film“ abzuspeichern. Das heißt die Assets werden zusammengesucht und fest in die Tracks abgespeichert.
Nirgends in der Dokumentation erwähnt: diese Option funktioniert nur, wenn der Film explizit unter einem anderen Namen abgespeichert wird!!! Wer es unter dem gleichen Namen abspeichert, wird trotz des Überschreibens des alten Films, wieder nur Referenzen auf die Assets, aber nicht die Assets selber abspeichern! Darauf muss man erstmal kommen...
Es gibt einen güldenen Tipp im Umgang mit dem QT Player Pro: Die von Apple zur
Verfügung gestellten AppleScripts runterladen! Diese lassen sich über das Scriptmenü aufrufen und verkürzen diese elende Klappmenü-Klickerei. Ich schätze alleine diese AppleScripts haben meinen Workflow um den Faktor 2-3 beschleunigt! Man kann sie sich ferner als Vorlage greifen und dann selber eigene AppleScripts zusammenhauen, die dann zahlreiche Arbeitsschritte automatisch ablaufen lassen.
Unterm Strich: das Arbeiten mit QT ist leider schlecht dokumentiert und dank QT Player Pro eine recht freudlose Geschichte. Apple verkauft damit eine fantastische und potente Technologie weit, weit, weit unter Wert.