dogfood Januar 2004 [1]

Mittwoch, 07. Januar 2004

[00h45] Film -- SPIEGELonline stellt in einem Portrait von Sofia „Lost in Translation“ Coppola eine interessante Spekulation auf: die Figur des tumben Ehemanns von Charlotte, der Pop-Photograph, wäre demnach Spike Jonze, von dem sich Sofia Coppola vor kurzem hat scheiden lassen. Die Freundin und blonde Schauspielerin die der Ehemann zufällig trifft, soll auf Cameron Diaz gemünzt sein, die erstens mit Jonze gemeinsam „Being John Malkovich“ gedreht hat und sich „bestens“ verstanden haben soll und zwotens mit „3 Engel für Charlie“ einen Martial-Arts-Film (naja) gedreht hat, ebenso wie das junge Starlet in Tokyo.
[00h09] Mac -- Offen gesagt, ich bin von der Keynote positiv überrascht worden. Die Neuerungen waren die erwarteten, insofern gab es keine Erwartungen die enttäuscht wurden. der Stream war im Großen und Ganzen makelos, zur Mitte hin, hatten wir insgesamt fünf Aussetzer nach denen wir den Stream neu starten mussten.
Was mich aber vom Hocker gerissen hat, dass war „GarageBand“. Die zirka halbstündige Präsentation, war Steve at his best, inkl. kongenialen John Mayer und mir ist etliche Male die Kinnlade runtergeklappt. Ich habe feuchte Finger bekommen und wurde auch als Nicht-Musiker ganz heiß das Ding auszuprobieren. Und so haben Präsentationen zu sein, so haben sie zu wirken.
Ein bißchen Kaffeesatz ist aus der Keynote auch noch über geblieben. Apple und Adobe mögen sich, glaube ich, nicht mehr wirklich, oder?
[00h07] Media -- Alles wieder im Lot bei der BBC: der Stream hinkt nur „normale“ 2'50 hinterher (REAL, WMP).
[00h05] Film -- Nun auch auf FM4: eine „Lost in Translation“-Rezension, eine überaus schöne, die mich vermuten läßt, Herr Fuchs ist ein „brother in mind“.

Dienstag, 06. Januar 2004

[14h13]Wöar sprücht doa?“ -- „Kottan, sind Sie es? Hier Pilch.“ -- „Woas? Wöar?“ -- „PILCH!“ -- „Wöar?“ -- „PILCH!!! Paula! Isidor! Ludwig! Caesar! Heinrich!!!“ -- „Und? Woas wollts ihr zua füanft?
(aus der ersten „Kottan“-Folge mit Resetarits)
[13h07] Heh, seit sieben Minuten läuft auf FM4 eine Talk-Sendung mit Lukas „Major Kottan Nr. 3“ Resetarits und Kathrin Resetarits. Putzige Geschichten im wunderbarsten Wiener(?) Dialekt. Ich renk mich kaum noch ein.
[10h29] Playin' „Addicted to Rhythm“ -- Leme
[10h18] WebDev -- Uneingeschränktes Lob gebührt dem W3C. Die Guidelines und Dokumentationen zu Accessibility-Techniken sind inzwischen sehr fett, ausführlich, verständlich, kurz hilfreich geworden. Ich blicke auf die Daten und kann gar nicht glauben dass die Papiere schon seit 2000 im Netz stehen sollen und von mir bislang ignoriert worden sind.
1/ Die Checkliste zum abhaken.
2/ Der Begleittext zu der Checkliste inkl. weiterführender Links und Glossar
3/ Schließlich ein schätzungsweise 35seitiger, gut strukturierter Brocken mit konkreten Umsetzungen für HTML-Seiten: „HTML Techniques for Web Content Accessibility Guidelines 1.0
[10h01] Mac -- Und ab 18h möchte ich heute schon gar nicht gestört werden. Es spricht, und der „Drei-König-Tag“ kann da nicht Symbol genug für sein, der Heilige Steve zu der Gemeinde. Seine Ansprachen an das gemeine Volk haben sich ja inzwischen auf eine Audienz pro Jahr reduziert.
Trotzdem erwarte ich keine großen Überraschungen. Bis auf Mini-iPods eigentlich keine neue Hardware. Dafür viel Software-Gedöns. Neben zahlreichen Updates von Apple-Programmen, bar sensationeller Features, werden wahrscheinlich viele Fremdprodukte präsentiert werden, die kürzlich oder demnächst Blutauffrischung erfahren haben/werden. Normalerweise müsste Steve Jobs gebührend die Adobe-CreativeStudio-Suite, Macromedias MX-Paket, mit dem neuen Mitglied Director MX 2004, Discreet und schließlich Microsoft mit in der Pipeline anstehenden Office-Produkten abfeiern. Über die fehlenden Personen darf dann Kaffeesatzleserei betrieben werden. Vielleicht gibt es aber auch den nächsten „Anschlag“ auf Microsoft, mit „iWrite“, einem Textverabeitungsprogramm über das spekuliert wird.
Das einzige worauf ich gespannt bin, ist die dubiose Audio-Software von der in letzter Zeit gesprochen wird. In der letzten Woche wurde noch von einem anstehenden Profi-Tool gesprochen, dass allerdings auf der in paar Wochen stattfindenden NABB vorgestellt werden soll. In den letzten Tagen ist allerdings „Garage-Band“ in den Fokus gerückt, welches ein Einsteigerfreundliches Audiotool werden soll.
Das ist das was ich erwarte. Alles was darüber hinaus geht, wäre eine für mich eine Überraschung, und ich will überrascht werden.
[09h57] Erst als ich heute auf das FM4-Tagesprogramm starrte, wurde mir bewusst dass südlich des Mains ja heute schon wieder blau gemacht wird. Das, liebe Freunde der Weißwurst, erklärt warum ich heute im Büro bin.
[09h44] Medien -- Bahh, die Verzögerungen des BBC World-Service-News-Audio-Streams (REAL, WMP, nicht zu verwechseln mit dem normalen WS-Programm) werden immer heftiger. Inzwischen hinkt der Stream der Realzeit um 15 Minuten nach. Man freut sich auf die Mitternachtsnachrichten und wird erst mal mit Spekulationen um Lady Di zugesülzt.
Gestern war der Anlauf für die erste Harald-Schmidt-lose Arbeitswoche. Zurück zu alten Gewohnheiten, 23h00, DeutschlandfunkDas war der Tag -- Journal vor Mitternacht“. Meine Herren, ist das öde. Anstatt irgendeinen knackigen Bericht von einen der fuffzichtausend ARD-Auslandskorrespondenten zu bringen, holt man aber die allerletzten Bundestags-Hinterbänkler und Experten aus den Löchern und erörtert Gespräche über Pläne von Entschlüssen, die dann im Sommer als Vorlage in einem Ausschuß eingereicht werden.
Neee, für spätabends muss ich mir was anderes einfallen lassen. Sonst lande ich noch bei den PREMIERE-Wrestling-Sendungen.

Montag, 05. Januar 2004

[22h54] Heute habe ich mir den Luxus gegönnt und bin zu Fuß nach Hause gegangen. Der Schnee muss gebührend geehrt werden. Es mögen nur ein Zentimeter sein, aber die Wetterberichte dieser Welt sagen unisono für morgen in Hamburg La grande Schneeschmelze voraus.
Erst mal ist aber Schnee und der ist fies. Das hiesige Wetteramt kommt nicht umhin für den heutigen Montag abend eine „Warnung vor markantem Wetter“ auszusprechend:
WARNUNG vor FROST und GLÄTTE und SCHNEEFALL für die Hansestadt Hamburg
gültig von: Montag, 05.01.04, 14:00 Uhr bis: Dienstag, 06.01.04, 12:00 Uhr
ausgegeben vom Deutschen Wetterdienst am: Montag, 05.01.04, 14:00 Uhr
Bei Dauerfrost weiterhin Glättegefahr durch Schnee, Reif, oder überfrierende Nässe. Nachts und am Morgen von Westen her Schnee, Menge 1 bis 5 cm in 6 Stunden.
Jesus Christ. Sind wir schon soweit? Braucht die Menschheit solche Warnung? „Vorsicht, es ist Januar und das weiße Zeug auf dem Boden könnte glatt sein!“ Ist die deutsche Bevölkerung inzwischen auf Schnee im Januar so unvorbereitet? Meine Fresse! 1-5cm (in Worten: ein bis fünf Zentimeter)! Komme ich morgen noch aus dem Haus? Soll ich mir einen Huskie anschaffen? Werden wir beide mit getrockneten Fisch über den derben Winter heute nacht kommen? Muss ich jetzt über Nacht NDR 2 eingeschaltet lassen? Ein Zentimeter in sechs Stunden. Macht knappe zwei Millimeter pro Stunde. Vom Westen her. Scary.
Als ich heute abend nach Hause gegangen bin, habe ich auf den Boden geguckt, den mit Granulat versetzten Schnee angeguckt und auf einmal Appetit auf Stracciatella bekommen.
[14h28] Software -- Macromedia stellt (etwas überraschend) den Director MX 2004 vor. Ohne das ich mir jetzt die Details angesehen habe, ist das endlich mal wieder ein Upgrade was der Software Leben einhauchen könnte. Z.B. dadurch dass endlich der Erstellen von Projektoren quer über die Plattformen möglich ist (Mac-Director erzeugt Window.EXE und vice versa).
Zumindest für kleinere Projekte innerhalb eines fest umrissenen Rahmens entfällt damit die Notwendigkeit zwei Lizenzen zu besitzen. Größere Projekte werden nicht umhin kommen, zum Debuggen für die „andere“ Plattform auch die dortige Authoringsoftware zu besitzen.
Wermutstropfen: Upgrades nur für diejenigen die die belanglosen Null-Upgrades auf 8.5 oder MX mitgemacht haben. Director 8 (that's me) bleiben außen vor. Mit 399US$ bzw. 1199US$ halten sich aber die Kosten im Rahmen, wg. Wegfall der Notwendigkeit der zweiten Lizenz.
Was mir aber am Rande auffällt: das Ding ist mit seinen Featuren (Aussehen Publishing-Panels, Timeline) ein ganzes Stück an Flash rangerückt. Für wann ist die Verschmelzung vorgesehen?
[11h39] WebDev -- Erkenntnisgewinn des heutigen Vormittages: DIV <> P
Das P-Element ist dann doch nicht einfach ein DIV-Element mit per Default eingestellten „margins“, wie ich beim validieren feststellen musste.
Von allen Block-Elementen ist es nur dem DIV erlaubt, selber weitere Block-Elemente zu enthalten. Zumindest in HTML4.01-Transitional. Ich denke folgende Zeilen im loose-DTD machen die „Ausnahmestellung“ der DIVs deutlich:
<!ENTITY % flow "%block; | %inline;">
<!ELEMENT DIV - - (%flow;)* -- generic language/style container -->
<!ELEMENT P - O (%inline;)* -- paragraph -->
Fuck, das wird eine Herumschrauberei am CSS bedeuten...
[02h29] Neues vom „fact-checking“ Blogger:
Draussen hat es nur 1 Zentimeter Schnee, Schneeverwehungen ausgenommen, wo der Schuh dann doch schon mal vier Zentimeter einsinkt. Die Schneedecke im Park war dafür auch nicht mehr jungfräulich, sondern von Kötern, Joggern und Radfahrern abgenutzt. Aber Stille. Nur Stille. Auch in den Seitenstraßen. Kein Licht in den Räumen, paar Weihnachtsdekos. Viel Stille. 'Nacht.
(Stelle ich den Wecker gerade auf 7h30? Ich Wahnsinniger.)

Sonntag, 04. Januar 2004

[21h03] Woran merkt man, dass man zulang vor LCD-Screens und Bildschirmröhren hockt? Wenn man beim Blick aus dem Fenster plötzlich erstaunt feststellt, dass draussen sich mit der Dunkelheit auch plötzlich eine mehrere Zentimeter (zwei?) dicke Schneeschicht eingeschlichen hat.
Mark my words: heute gehe ich auf jedenfall noch mal nach draussen. Sei es in der Pause zwischen beiden NFL-Spielen, oder um kurz vor zwei nach dem Spätspiel. Dann in den Park gehen und im jungfräulichen Schnee herumtollen, sich mit ausgestreckten Armen fallenlassen oder kryptische Zeichen pissen. Also, man sieht sich um zwei, im Eppendorfer Park.
[18h22] Bingo! Der blankgeputzte Herd hat exakt vier Tage gehalten. Nun ist der Topf mit dem kochenden Wasser und den Nudeln wieder überglaufen. Alte Macke meinerseits, nicht auszurotten...
[13h05] Medien -- Nur so am Rande: „B5 Aktuell“ bringt heute wieder bis Mitternacht seine halbstündigen Auslandskorrespondenten-Features (REAL-Stream, Windows-MediaPlayer und via dBox/digitaler SetTop-Box).
Gehört (Schlauis können dadurch ersehen wann ich heute aufgewacht bin): die Folgen der Zerstörung des Aralsees/Kasachstan (Nierenleiden, Lungenerkrankungen), Zerstörung von Nierensteinen durch Wassermelonen-Essen, ein Todkranker der als letztes Geleit vom Krankenhaus den einzigen Fernseher der Station bekommt. Boot-Camp in Florida als Erziehungsmaßnahme für Jugendliche, Psycho-Terror und Kopfwäsche für 15jährige, die Mutter die fast austickt („Steve, wir beide haben ein ernsthaftes pädagogisches Problem. Du hast den Reporter nicht mit 'Sir' gegrüsst. Ich weiß dass du es im Camp gelernt hast“), die Legende Titos lebt weiter, Chinatown in Rom.
Wer sich grämt, dass er die ganzen Beiträge versäumt hat, sollte mal zu Ostern wieder bei B5 reinhören. In den letzten Jahren wurden nicht neue Beiträge ausgestrahlt, sondern die Weihnachtsbeiträge recyclet.
[12h55] Draussen ist Schnee. Okay, nicht wirklich so, dass ich von „liegen“ schreiben würde wollen. Auf dem Bürgersteig bleibt nichts liegen und auf der Straße sieht es mehr nach leckgeschlagener Puderzucker-Packung aus. Einzig auf den Autodächern bleibt das weiße Zeug liegen.
Es ist das erste Mal in diesem Winter, das erste Mal seit 8-9 Monaten. Über Mittag fiel er noch ein bißchen, der Schnee. Obwohl: von „fallen“ würde ich da auch nicht schreiben wollen. Klitzekleine Flocken, als ob die Nachbarn über mir ihr Freund Schuppenflechte aus ihrem Haar kämmen würden. Die Flocken scheinen in der Luft zu stehen, nicht nach unten zu wollen, wo sie der Wärmetod zeitig ereilen wird.
Seit einigen Tagen haben auch Spatzen meine Vogelfutter-Ecke auf dem Balkon entdeckt. Traten sie zuerst als Rockerbande auf, zu dritt den Baum vor dem Balkon erstürmend, die Meisen verjagend und minutenlang Korn und Korn aufpickend, so scheint man sich inzwischen auf eine friedlichen Koexistenz geeinigt zu haben. Die Meisen lassen sich durch die Spatzen nicht mehr irritieren und die Spatzen wiederum, machen es sich auf dem Baum gemütlich und kuscheln sich zu kleinen Federbällchen zusammen und machen einen auf „harten Winter“. Pimps.
[00h17] Ahhh, mal wieder einer der besseren Fragebögen, von Herrn Argh! geklaut.
bist du begeisterungsfähig? Wenn man den Skeptiker, Pessimisten und Misanthropen in mir überzeugt, ja.
bist du glücklich? Ich denke der Charakter gräbt sich mit der Zeit ins Gesicht ein. Als ich neulich in den Spiegel guckte, war ich recht froh, keine hängenden Mundwinkel oder ähnlich sinistren Gesichtszüge entdeckt zu haben. Ich scheine glücklicher zu sein, als ich dachte. Keine Ahnung warum.
bist du zufrieden? Nein. Zuviel „offene Baustellen“. Materiell und Immateriell.
was ist der unterschied? Ersteres ist ein Zustand, zweiteres hängt mit dem Erreichen von Zielen zusammen.
womit hast du dich nur arrangiert? Mit meinem Leben. Leider aber nicht das Leben mit mir...
wieso „nur“? ..., was es noch ein bißchen unvollkommen macht.
womit bist du erzwungenermaßen glücklich? Job. Es ist nicht brilliant, es ist nicht nobelpreisverdächtig. Es ist nicht Reichtum einbringend. Und trotzdem reicht mir zumindest die Ahnung von Freiheit die ich mir als Selbständiger nehmen könnte und Vielfältigkeit meines Tuns, aus, um mich gegenüber den meisten Angestellten und gerade auf den Markt geworfenen Ich-AGlern überlegen zu fühlen.
wie gehst du mit kritik um? Tagesform-abhängig. Fifty-Fifty. 50% zu persönlich nehmend.
hältst du dich für schön? Lapidares nein (beifälliges Nicken von umstehenden Augenzeugen).
hältst du dich für klug? Definition von klug? Ich halte mich für umfassend gebildet und bei einigermaßen holder Fragen-Auswahl, hole ich mir bei Günter Jauch die Million. Aber das füllt nur zum Teil den Begriff von „klug“ aus. Es gibt Leute, die halten „Souvlaki“ für ein vegetarisches Gericht und die ich doch für andere Formen von Klugheit schätze.
wieso rechtfertigst du dich vor dir selbst? Als Form suboptimaler Kritikbewältigung.
hast du angst? Mit der Zeit wird man da relaxter, weil man ein gewisses Gottvertrauen entwickelt, dass sich einiges irgendwie einrenken wird. Die Betonung liegt auf dem Wort „einiges“. Scary.
wovor nicht? s.o.
was würdest du an deinem leben verändern? Ich halte die Frage für falsch. Wenn ich realistisch was verändern könnte, würde/hätte ich es bereits getan. Die Frage wäre eher „was hätte ich früher gerne anders gemacht?“. Im Nachhinein fällt mir sehr viel ein. Womit wir wieder bei der nicht vorhandenen Zufriedenheit wären. -BONK-
warum kannst du es nicht? Mangelnde Resourcen. Vornehmlich Geld. Wenn es nur an der Zeit fehlen würde, macht man etwas falsch.
wann lügst du? Jetzt.
hast du spaß? Zuwenig.
wann möchtest du sterben? Nie. Alleine das irgendwann mal was auf dieser Welt passiert, wovon ich nicht erfahren werde (St. Pauli wird 2087 deutscher Meister), macht mich wahnsinnig.
wie wichtig ist dir deine außenwirkung? Autsch. Wunder Punkt.
hast du dir dein leben so vorgestellt? Nein. Selbst während meines Studiums konnte ich mir Selbständigkeit nicht vorstellen. Während meiner Schulzeit und den mediokren Deutsch-Klausuren konnte ich mir nicht vorstellen auch mit Schreiberei Geld verdienen zu können. Ansonsten habe ich nie konkrete Vorstellungen vom Leben, Heirat o.ä. gehabt.
bist du dir sicher? Äääähh, ja?
liebst du? Ja.
wer ist schuld daran? Die die mich erzogen haben. Meine Mutter, mein Vater und schließlich ab meinem 13ten Lebensjahr ich selbst.
und woran? An michselbst.
müssen kompromisse sein? Nicht so häufig wie ich welche schliesse.
bist du stolz? Von Details abgesehen (gelungener Kuchen etc...), nein.
wann hast du zum letzten mal über etwas gestaunt? „Lost in Translation“. Die Skyline von Tokyo, namentlich die ganzen Leuchtreklamen.
wie gefährlich ist gewöhnung? Sehr. Vermeidet Abwechslung, vermeidet Optimierung, vermeidet Neues kennen zu lernen.
kannst du dein wesen beschreiben? Kopflastig -BONK-
formulierst du dir deine ziele aus? Einige. Bei anderen Zielen lasse ich das Leben vor sich hinfliessen.
hättest du dich vor fünf jahren über die person, die du heute bist, lustig gemacht? Ich mache es immer noch. Zynismus als Kompensationsmittel. Gibt es Menschen die wohlhabend, gutaussehend und ein ausgefülltes Leben haben und trotzdem Zynismus entwickeln? Wäre ein Harald Schmidt ein Harald Schmidt, wenn er früher nicht diese Mörderbrille und fiese Akne gehabt hätte?
ist dein selbstvertrauen echt oder antrainiert? Selbstver... was?
wann hast du dich zum ersten mal alt gefühlt? 2003. Zum ersten Mal massiv mit den Defiziten der Vergangenheit konfrontiert worden.
was vermißt du? ...
was hindert dich daran, ..? ...
über welche dieser fragen hast du am längsten nachgedacht? „Was würde ich anders machen“
gibt dir das zu denken? Nein. Ich kenne das von mir -BONK-
wird sich etwas ändern? Ich fürchte -BONK-, nein.

Samstag, 03. Januar 2004

[23h12] Erst mal nur soviel zum Thema: „Blogbarer Pilot auf Angriffshöhe
[16h48] Nun ist es halb fünf. Es bimmelt wieder. Diesmal zwei blutjunge Mormonen im Rhetorikcheck. MEEEEPP. Durchgefallen.
[10h33] Verdammte Nacht. Erst nicht ins Bett gekommen, dann um kurz nach fünf aus dem Schlaf gerissen, weil irgendwelche Hausbewohner ihre Schlüssel vergessen hatten. Näher eruieren ließ es sich nicht, da das Klingelbrett so geschaltet ist, dass nur der zuletzt Angeklingelte mit dem Hauseingang sprechen kann. So bin ich zwar an die Tür getorkelt, aber kam nicht nach unten durch. Zwei Minuten später nochmal klingeln. Aufstehen habe ich mir diesmal geschenkt. Beim zweiten Anlauf sind die frierenden Gestalten auch reinkgekommen. Wie schön.
Dafür habe ich mir beim Schlafen irgendwie die Schulter verrenkt, wie mir seit dem Aufstehen um halb zehn schmerzhaft bewusst wurde.
[03h37] Movie -- „Everyone wants to be found“ Ich bin recht froh, dass „Lost in Translation“ erst 2004 anläuft, so erspare ich mir tiefe Grübelei ob mein persönlicher Film-Favorit des Jahres 2003 „Punch-drunk love“ oder „Lost in Translation“ ist.

Bill Murray + Scarlett Johansson
Please, tut euch einen Gefallen: Möglichst wenig Leute, möglichst große Leinwand. Leute im Saal mit Schenkelklopf-Humor sind bei diesem Film wirklich kontraproduktiv. Um eine Ahnung zu geben: man schaue sich obiges Original-Filmplakat an, und dann die deutsche Fassung des Filmplakats. Selbes Motiv, allerdings zugekleistert mit Pressegejohle wie „brüllend komisch“. Wenn es ein unpassendes Wort zu diesem Film gibt, dann ist es „brüllend“.
Zweite Bedingung: Originalversion anschauen. Nicht nur dass wir auch hier ein Stimmlagen-Problem haben (ähnlich wie Toby Macguire ist auch Frau Johansson nur im Original wirklich fassbar), ein Großteil des Filmes beschäftigt sich mit „Culture Clash“ und Sprache. Die Reibungsverluste die durch die Synchronisation auftauchen, sind Legion. Die putzigen Deutschen in der Sauna werden in der Synchro bestimmt zu Sachsen oder Schweizern mutieren... HARHAR. Brüllend komisch!
Der Film. Bill Murray spielt Bob Harris, einen alternden Filmschauspieler, der auf seinen alten Tagen in Japan zu einem populären Werbeträger für Whiskey wird. Für Werbeaufnahmen fliegt er nun das erste Mal nach Japan. Er kommt übermüdet an und versteht die Welt nicht. Er versteht das Land nicht, er versteht die Leute nicht. Er ist genervt, hat eigentlich keinen Bock, ist aber Profi. Er schlägt sich zwischen den Aufnahmen die Zeit im Hotel tot.
Scarlett Johansson a.k.a. „Charlotte“ ist Ehefrau eines Photographen der den ganzen Tag irgendwo in Tokyo Musiker schießt. Das was beide führen, ist eigentlich keine Ehe mehr. Charlotte langweilt sich, fragt sich immer mehr was sie in Tokyo und was sie in einer Ehe macht.
Was dann folgt, hat Billy Wilder mal erschöpfend mit „man meets woman“ beschrieben. Beide unternehmen Ausbruchsversuche aus dem Alltag und aus dem Hotel. Ein Roadmovie durch die Stadt. Aus Sympathie wird Liebe. Was aber nicht sein darf, weil sie wissen dass sie dadurch alles, auch sich selbst, zerstören würden. Und so bleibt es lange Zeit unausgesprochen.
Dieser Prozeß der Annäherung, des Herantastens, mitten in der lärmenden Umgebung, ist das sensibelste Stück Film was ich seit langem gesehen habe und das mich zugegebenermaßen ziemlich anfasst.
Es sind die kleinen Gesten. Charlotte liegt, inzwischen eingeschlafen, in Murrays Bett, in krummer Embryo-Haltung, Murray zugewandt. Murray liegt auf dem Rücken, starrt ins Zimmer und streckt mit einer kaum merklichen Bewegung die Finger aus um den rechten Fuß von Charlotte zu streicheln.
In der Abschiedsszene nimmt Murray Charlotte in seine Arme. Die Kamera zeigt Köpfe und Schultern, Charlotte mit dem Rücken zur Kamera und einer dunklen Jacke. Man sieht wie Murray Charlotte an sich drückt, man sieht das verbrauchte Gesicht von Murray und auf der dunklen Jacke von Charlotte die alte Hand von Murray, zerfurcht und gezeichnet von Falten und Altersflecken. Diese Hand mit ihren kurzen, stumpfen Fingern, hat sich mir eingebrannt.
Der ganze Film zeichnet sich durch die unglaubliche Souveränität der Schauspieler und Regisseurin aus, den Film nicht in Pathos ersaufen zu lassen, sondern kleine Gesten auch klein zu lassen.
Seit langem keinen derart runden Film mehr gesehen, an dem ich nicht eine einzige Schwachstelle zu benennen wüsste. Regisseurin Sofia Coppola zeigt atemberaubende, unvorstellbare Bilder von Tokyo, die den Begriff „Metropole“ neu definieren. Scarlett Johansson, gerade mit „Ghost World“ und „The man who wasn't there“ auf PREMIERE zu sehen, hat eine Ausstrahlung die mich völlig in den Bann gezogen hat. Ich könnte ihr stundenlang zusehen. Dazu sehr präzise und ausgefeilte, witzige Dialoge.
So rund der Film auch sein mag, wenn Bill Murray mit dem was hier zeigt, nicht den Oscar gewinnt, verstehe ich die Welt nicht mehr. Bill Murray ist einer jener Heroen die einem zeitlebens in diversen Filmen begleiten und die man irgendwie knubbelig findet. Ab und an gelingt ihnen ein Film, der aufhorchen läßt, der erahnen läßt, was in so jemanden schlummert. „Täglich grüßt das Murmeltier“ ist de-facto ein Murray-Vehikel.
Aber nach „Lost in Transition“ wird man Murray nie wieder mit den gleichen Augen sehen. Wie es Ebert in seiner Kritik geschrieben hat:
In these scenes there are opportunities for Murray to turn up the heat under his comic persona. He doesn't. He always stays in character. He is always Bob Harris, who could be funny, who could be the life of the party, who could do impressions in the karaoke bar and play games with the director of the TV commercial, but doesn't -- because being funny is what he does for a living, and right now he is too tired and sad to do it for free. Except ... a little. That's where you see the fine-tuning of Murray's performance. In a subdued, fond way, he gives us wry faint comic gestures, as if to show what he could do, if he wanted to.
Murray ist mit jeder Faser seines Körpers dieser Bob Harris. Und wo man einst bei „Punch-drunk Love“ das dumpfe Gefühl hatte, das Sandler nur durch einen glücklichen Zufall in den Film reingestolpert ist, wirkt es bei Murray als hätte er das ganze Leben nur auf diesen Moment hingearbeitet.
Ein Maßstab für meine Wertschätzung eines Filmes, ist die Zeit wie lange ich danach noch hibbelig bleibe, der Film mir noch im Kopf rumspuckt. Daran gemessen ist „Lost in Translation“ ein Zehn-Punkte-Film in meinem Film-Ranking. Endlich mal wieder einer. Dieser Film groß. „Everyone wants to be found
Epilog: Die ersten deutschen Filmkritiken im Web (also nicht dem Zeitungsfeuilleton) sind überraschend schlecht und stoßen sich an zwei Punkten. Zum einen der Unwille sich auf einen Film einzulassen, der keine stringente Handlung besitzt, die von A nach B führt, inkl. Spannungsbogen und Auflösung, sondern einfach nur „Leben“ ist.
Immer wieder auch gerne vorgebracht: Coppola würde nur japanische Stereotypen zeigen oder gar rassistisch sein. Der Vorwurf läuft aus zwei Gründen ins Leere. Der Film enthält sich jeder Wertung, so dass der Rassismus-Vorwurf auf die entsprechenden „Gutmenschen“ und ihren eigenen Interpretationen zurückfällt. Die gezeigten „Stereotypen“ sind in Japan Bestandteil des Alltages und werden von den Japanern selber in deren eigene Popkultur verwurstet: Mangas, Spiele, Filme.
Als ich es vor fünf Jahren 3-4 Tage lang mit einer eigens aus Japan angereisten Projekt-Managerin zu tun hatte, habe ich selber öfters gestaunt wie die Japaner ihrem eigenen Klischee entsprechen. Die Geschichte mit der Visitenkarte? Selber erlebt. Das Highlight war am letzten Tag, als sie mit ihrer Übersetzerin in einer Konditorei Kuchen und Törtchen kaufte und jeden von uns bat, sich mit dem Tortentablett von ihr abfotographieren zu lassen.
Das macht sie nicht schlecht. Nur anders.

Freitag, 02. Januar 2004

[23h38] Haben wir wirklich Jahreswechsel gehabt? So richtig mit „jetzt wird alles anders“ und so?
Tatsächlich scheint sich 2003 nahtlos fortzusetzen. Vielleicht haben wir nicht Januar 2004, sondern Undezember 2003?
Ich wünschte mir die Welt wäre digital und linear. Schwarz-weiß. Klare Antworten, „Ja“, „Nein“. Da ist die Front, hier ist „diesseits“, drüben, „jenseits“. Aktion bedingt Reaktion. Berechenbar wie eine mathematische Formel.
Vielleicht ist die Welt sogar digital. Wir erkennen es nur noch nicht, weil die Auflösung zu fein ist, genauso wie das durchschnittliche Ohr eine digitale CD mit ihren 65tausend Abstufungen nicht von einer analogen Schallplatte unterscheiden kann, weil der Sound zu fein aufgelöst ist. Läßt sich nicht alles im Leben auf Mathematik, Physik, Chemie und Biologie zurückführen? Der Mensch ein Haufen von in Hormone und Fleisch geronnene Biologie und Genetik? Jaja, die Seele, die Gefühle, ich weiß. Siehe „Auflösung“. Wenn die Wissenschaft irgendwann den Menschen noch feiner aufspalten kann, dann werden die Gefühle und Verhalten erklärbar und damit reproduzierbar sein. „Wild Palms“ for real. Nein, nein, was nicht sein darf, kann nicht. Auch wenn die Erforschung von eineiigen Zwillingen Böses ahnen lässt.
„Wild Palms“ ist auch ein Gefühl. Wenn Harry Wyckoff im Laufe der vier Folgen trotz oder wegen Passivität immer tiefer in einen Strudel von Ereignissen gerissen wird. Dieses Gefühl nicht nur im Mittelpunkt zu stehen, sondern gleichzeitig nur Zuschauer von sich selbst zu sein.
Man merkt wie man anderes wie ein Schwamm aufgesogen hat und dabei immer mehr an Kontur verliert. In einen Trott zurückfällt, den man eigentlich ablegen wollte. Die gewohnten Automatismen greifen. Der Sprung von James Belushi a.k.a. Harry Wyckoff zu Bill Murray ist kein weiter. „Täglich grüßt das Murmeltier“.
Eine banale, mathematische Erkenntnis, aber ich habe mich in meinem Leben noch nie so alt gefühlt, wie 2003. Weil mir noch nie so sehr bewusst geworden ist, dass es Dinge gibt, die unumstößlich sind, nicht wiederkehren, nicht wiederholbar sind. Trott, elender. Zwänge, Bequemlichkeit, Verklemmtheit. Blindheit. Versäumt ist versäumt. Verpasst ist verpasst. Da ist zumindest das Leben nur recht unvollkommen digital.
[12h13] Zu Sylvester habe ich mir mal wieder den Kopf geschert. Kommt im Winter sehr gut, weil der Stoppel-Kopf mit dem Kapuzensweater eine klettverschluss-ähnliche Symbiose eingeht. Die Kapuze erst einmal richtig auf dem Kopf fixiert, hält's besser wie Drei-Wetter-Taft.
[11h21] Woran merkt man, dass man über die Tage erhöhten Film-Konsum hatte? Wenn der Bürokollege reinschneit und man sich erstmal eine Stunde über die bei PREMIERE und im Kino gesehenen Filme unterhält. Wobei es einige nicht für möglich gehaltene Übereinstimmungen gegeben hat („From Hell“: ästhetisch ansprechend, „Vanilla Sky“: möchte man ein 2tes Mal sehen) bzw. ich altklug einige Warnungen ausgesprochen habe („Men in Black II“: geht nun gar nicht).
Kollege zeigte sich im übrigen recht angefixt vom „Last Samurai“-Trailer. Könnte in der Tat ein überdurchschnittlicher Tom-Cruise-Film (Bah!) werden. Edward Zwick, Regisseur, hat einst das von mir geschätzte „Glory“, US-Bürgerkriegsdrama mit dem nicht minder von mir geschätzten Matthew Broderick, gedreht.

Donnerstag, 01. Januar 2004

[18h33] WebDev_MacOS X -- Abenteuer-Wonderland Perl. Zwei Stunden auf dem Taxameter wegen Fliegenschiß von Problem.
Die Installation von Panther hat diverse UNIX-Software zerschossen, die nun sukzessive wieder raufinstalliert werden musste. So fehlte z.B. zu meinem MovableType-Testerglück mal wieder das Perl-Modul DBD:mysql. Das Problem hatte ich vor Monaten schon einmal, und dort ließ es sich durch einen externen Installer beheben.
Nun aber scheint Apple einiges am UNIX-internen Aufbau geändert zu haben, weswegen altgediente Installationen nicht mehr funktionieren, andere die wiederum wegen Inkompatibilitäten gescheitert sind, auf einmal doch klappen.
Der obige DBD::mysql-Installer hat es nicht mehr getan, sehr wohl aber nun die „normale“ Methode via CPAN. Siehe die letztes Nachrichten in diesem Thread des Entropy-Messageboards. Ob nun eine Änderung der config.pm wie in diesem Thread vorgeschlagen, zwingend notwendig ist, kann ich nicht sagen. Zumindest funktionierte die Installation auch mit der Modifikation...
[12h58] Medien -- Fuck. Mit dem 1ten Januar ist CNBC aus dem ZDF-Digitalpaket geflogen, weil das ZDF Platz für seinen nunmehr 24h lang am Tag ausgestrahlten Doku-Kanal braucht.
Ja, CNBC war nun nicht gerade das hintersinnigste Medium in Sachen Wirtschaftsberichterstattung. Aber es war eine konkurrenzlose Programmfarbe.
Mit CNBC ist im übrigen auch der letzte Sender aus dem Kabel rausgeflogen, der auch zu „normalen“ Tageszeiten originäre US-Programme ausstrahlte, inkl. den „NBC Nightly News“ mit Tom Brokaw um halb Eins. CNN übernimmt ja inzwischen um Mitternacht nicht mehr das US-Programm „Lou Dobbs“, sondern die Asien-Schiene, so dass nur noch „Newsnight“ mit Aaron Brown übrigbleibt. Sendezeit: vier Uhr morgens...
Wie ernst das ZDF seine Digitalprogramme nimmt, kann man aus deren Positionierung auf der Website erkennen: kann unten, als Fußleiste, oder versteckt unter „†ber das ZDF“. Und wozu braucht der ZDF-Dokukanal 24h Sendezeit? Der heutige Sendetag hat fünf Sendungen, inkl. dem hochdokumentarischen „Streit um Drei“, die alle zweieinhalb Stunden wiederholt werden.
[12h30] ZwölfUhrSiebenundZwanzig, den ersten Job des Jahres, Aufspielen einer Website-Aktualisierung, durchgeführt.
[09h50] Ein Fluch lastet auf mir. Ich träume nicht. Oder kann mir zumindest meine Träume nicht merken. Aus zeichnerisch Sicht ein Desaster, weil mir eine wichtige Inspiration fehlt.
Nur ungefähr einmal im Monat bleiben dann doch irgendwelche Fragmente hängen. Heute nacht ging ich in Wandsbek (nein, nicht beim Bundeswehr-Krankenhaus) Läden für Arbeitsbekleidung abklappern, um nach einer Atemmaske für Lackierer zu suchen. Den Rest habe ich schon wieder vergessen.
Ich glaube, es wäre arg kurzgeschlossen den Traum auf die schwefel- und stickstoffhaltige Luft von heute Nacht zurückzuführen.
Ich hatte mal eine Phase, zufällig(?) während der Pubertät, als ich mir 3-4 Jahre lang zu Sylvester 1-2 „Schinken“ gekauft habe und mit Freunden rumgezogen bin. Aber irgendwie war und ist die Ballerei öd, ich kann ihr nichts abgewinnen.
Um Mitternacht eine Hauptverkehrsstraße entlangzugehen, hat was bizarres. Die Luft zieht sich binnen Minuten zu, die Sichtweite reduziert sich am Boden zu 100-150m. Alles was darüber hinaus geht, wird nur durch diffuse Lichtflecken erahnbar.
Es ist eine Art Wettrüsten, öffentliches „zeig' mir deine Schwanzlänge“. Wehe wenn man seinen Blagen, Freunden oder Freundinen irgend so einen Rohrkrepierer anbietet, der sich müde 5 Meter in die Luft erhebt um dann saft- und kraftlos zu Boden zu plumpsen, während die Nachbarn mit einer Baader-Meinhof-kompatiblen Stalinorgel eine Leuchtkugel nach der anderen ins Firmament einzubrennen scheinen.
Die Hauptstraße wird nach und nach zugemüllt. Keiner räumt seine abgebrannten Raketenbasen wieder weg. All überall liegen verkohlte, unförmige Pappreste liegen. Zum Glück gibt es keinen Regen, der das Ganze in Minutenschnelle in Pappmaché-Klumpen verwandelt. Zum ersten Mal fällt mit das helle „Plong“ auf, von all den Plastikteilen die, nachdem die Raketen ausgebrannt sind, vom Himmel zu Boden fallen.
An einer Ecke steht eine asiatische Großgroßgroßfamilie die singend und schunkelt sich in das neue Jahr wiegen. Der recht saubere Boden deutet nicht darauf hin, dass just dieses Volk einst Herrscher über die gepflegte Schwarzpulver-Verbrennung gewesen sind.
Jede Verkehrsinsel in der Stadt wird dazu benutzt um in sein Altglas Raketen zu stopfen und anzuzünden. Der einzige Verkehr sind irgendwelche freien Taxis die zum nächsten Taxi-Stand flüchten. Nur einige wenige Privatfahrzeuge von Leuten denen die Knallerei nicht minder abstrus ist und in dieser „Privatheitsblase“ nach Hause kommen ohne von der allgegenwärtigen, zwanghaften Fröhlichkeit und Gratulationspflicht von wildfremden Leuten angefallen zu werden.
Der Weg durch die Grindelhochhäuser, Hamburgs erster Solzialwohnungsbau in Form von Hochhäusern, irgendwann aus den Fuffziger, als Thrill. Doch um halb eins gibt es keine Bösewichter mehr zu sehen, die einen als Zielscheibe für D-Böller-Werfen benützen, keine die hirnlos aus dem 13ten Stock Knaller ins Dunkle hinabwerfen. Ich bin überrascht. Ich hatte mir einen Hauch mehr Bagdad erwartet. Nur kleine Kinder, mit und ohne Eltern, die versuchen die †berreste aus dem Waffensortiment anzuzünden, was meistens mit einem schmählichen, ja verhöhnenden Aufflackern und „Plopp“ endet.
Hinter den Grindelhochhäusern kommen sofort die mehr oder weniger wohlhabenden Leute aus den Häuserblocks rund um die Isestraße. Links die Altbauten, rechts die Ein-, Zweifamilien-Häuser der Güteklasse „AgenturGeschäftsführer“. Hier gibt es keine Party, sondern „Feiern“ oder „Sylvesteressen“. Die vier, fünf Freunde stehen auf der Terrasse, ein Sektglas in der Hand haltend, während der Hausherr feinsäuberlich einen Pyrotechnik-Träger nach dem anderen abfackelt. Nach jeder Rakete, nach jedem UFO, steht der Herr auf, schaut in die Runde, gibt seine Einschätzung ab und holt sich die Urteile der anderen ab. Alles immer mit ironischem Grinsen abgefedert um über den nicht wirklich spürbaren Schmerz hinweg zu kommen, dass man eben gewaltige Scheiße für 14,98EUR abgefackelt hat.
Mir war schon den ganzen Abend etwas kalt und als ich über die Brücke des Isebekkanals gehe, sehe ich auch dass mein Gefühl nicht getrügt hat. Das Wasser ist vereist. Ist also doch noch kälter geworden.
Gegenüber ist das „Bereuther“, seit 2-3Jahren die angesagteste Yuppie-Bar in Hamburg, inkl. Promis wie Naddel. Auf dem Hinweg kamen die ersten Gäste, fünfundzwanzigjährige Jungsspunde die unter ihrem Fellmantel einen schwarzen Anzug und weißes Hemd trugen. Die Hemdkragen aggressiv und frisch gestärkt vom Hemd abstehend, ganz im Sinne des „Heut' bin ich fesch, heut' bin ich sportiv“. Ganz im Sinne von „Wie provoziere ich Brechreiz in nur NullKommaDrei Sekunden“. Möglicherweise wird es irgendwann den Tag geben in der ich grundlos mit so jemandem eine Prügelei anfange. Es gibt Momente, da bringt die bloße Erscheinung von solchen Typen die Wut in mir hoch. Und 2003 war ein Jahr in dem ich verdammt häufig solche Momente hatte. Daran gemessen, war 2003 kein gutes Jahr (weil ich auch dieses Jahr diese Prügelei nicht gestartet habe oder weil so häufig die Wut hochkam, will ich offen lassen).
Vor dem „Bereuther“ fand nichts mehr statt, war wohl zu kalt. Falkenried hatte ich mir schlimmer vorgestellt, nicht zuletzt weil in den angrenzenden Falkenriedsterrassen viele Türken mit entsprechenden Kids sind. Auf der linken Seite nähern sich die Neubauten auf dem Gelände der ehemaligen Fahrzeugwerkstätten der Fertigstellung. Die alten Gebäude wurden teilweise entkernt und umgestaltet. Die ehemaligen Werkshallen aus rotem Klinker, in denen RTL Nord einziehen wird, haben ein enorm häßliches UFO als neues Dachgeschoss aufgepflanzt bekommen. Und hinter der Werkshalle kann man erleuchtete Fenster und Möbel erkennen. Es gibt also schon Leute die auf das nicht-fertige Gelände gezogen sind.
†ber den Eppendorfer Weg drüber sinkt das Einkommen wieder rapide. In den ganzen Häusern links ist so gut wie kein Licht zu erkennen. Kaum jemand der noch wach ist, um kurz vor eins. Als hätten sich alle Sylvester-Verächter in dieses eine Haus zurückgezogen. †ber den Abendrothsweg drüber, haben sich entlang des Falkenrieds diverse Väter mit ihren Grundschul-Bubis aufgestellt, zeigen demonstrativ „Böllern, richtig gemacht“. Als einer der Väter einen Böller unter einem vorbeifahrenden Taxi wirft, und jenes dann auch noch dort sofort detoniert, kann sich der kleine Junge vor Lachen kaum noch halten.
Das hell erleuchtete, orangene Baustellenschild, dort wo beim ehemaligen Blindenheim die Bürohäuser hochgezogen werden, sieht in der trüben Luft aus der Ferne wie eine riesige Littfaßsäule aus. Ich überquere die Hauptstraße mit ihrem Grünstreifen, das gefrorene Gras knirscht unter meinen Schuhen.
Hochhaus Eins ist längst fertig und teilweise mit Unternehmen aus dem Biotech-Sektor bezogen. Davor, zur Breitenfelder Straße hin, wird das zweite Hochhaus gerade hochgezogen. Der Kran mit dem Tannenbaum steht zwar noch da, aber der Rohbau sicht bereits recht fertig aus. Zwischen den beiden Hochhäusern sind 4-5 Bauwagen. Und irgendwo aus diesem Spalt zwischen den beiden Hochhäusern dringt Musik. Sound der vielfach durch die Häuser reflektiert word und daher nicht genau zu orten ist. Die Bauwagen sind dunkel. Nur aus dem fertigen Hochhaus dringt aus der zweiten Etage ein schwacher blauer Schein. Zu schwach und zu wenige flackernd um der Ort einer, wie die Musik vermuten läßt, belebten Party zu sein.
In meiner kleinen Heimat, hundert Meter lang, ist nichts mehr los. Das Haus ist ruhig. Nirgends eine Feier. Ich schließe meine Wohnung auf und halte mich für verdammt clever, weil ich die Nachtspeicherheizung in weiser Voraussicht um einige Stufen höher gestellt habe.