[10h49] Am Freitag war ich aus Dank über eine CSS-Einführung zu einem Abendessen eingeladen. Ein anderer Gast entpuppte sich als recht interessant: eine Managerin von einem großen, international tätigen Dienstleister aus dem Bereich „Call-Center“ und Artverwandtes.
Es gab eine unterhaltsame Schilderung aus der Hochzeit der NewEconomy, an deren Ende das deutsche Unternehmen von einem US-Konzern für eine Milliarden-Summe geschluckt wurde und der US-Konzern bei näherer Betrachtung der Bilanzen feststellen musste, dass das deutsche Unternehmen eigentlich schon Wochen zuvor hätte Insolvenz anmelden müssen.
Die Managerin erzählte von der Umstellung auf eine US-zentrische Unternehmenskultur. Wie in einem globalen Konzern die Abteilungen verschiedener Länder gegeneinander konkurrieren und sich gegenseitig die Aufträge wegschnappen. Etwas was mir schon mein französischer Onkel zu seinen Ericsson-Tagen schilderte.
Auch deutsche Abteilung hat mit dem Problem des „Outsourcings“ zu kämpfen. Kommen die Kunden und wollen ein neues, günstigeres Angebot, wird der Kunde unternehmensweit ausgeschrieben und die Abteilungen aus Osteuropa schlagen die deutsche Abteilung. Das Angebot der Osteuropäer ist derzeit halb so hoch wie dass deutsche Angebot, vorallen wg. Personalkosten.
Zu Zeiten der NewEconomy musste das deutsche Unternehmen alles von der Straße wegkaufen, was einen Computer bedienen konnte, um den Bedarf gerecht zu werden. Entsprechend waren die Gehälter. Und dieser Ballast an hohen Gehälter trägt zu dem hohen Preis der deutschen Dienstleistung bei.
Die Probleme beziehen sich nicht nur auf Sprache, sondern auch auf das Verständnis wie ein Deutscher tickt, was für Untertöne in der Rhetorik des Kunden beim Anruf mitschwingen und um wann es sich um einen „Schlüsselanruf“ handelt. Wenn die Sekretärin eines Vorstandvorsitzenden die Präsentation nicht ausgedruckt bekommt, dann ist diese als VIP zu handlen und nicht als 08/15-Kunde.
All dieses läßt sich nicht in Sprach- oder Dialekt-Kursen unterrichten.
Das unausgesprochene: wird es diese Sensibilitäten auch im Consumer-Markt geben? Wird es dem „Geiz-ist-geil“-Kunde und der Computer-BILD-Brut überhaupt wichtig sein?