1. Die Szene entwickelt sich hin zu einer im eigenen Saft schmorenden und sich ständig selbst zitierenden "mein weiches Frühsücksei war heute morgen hart"-Selbstdarstellung. [...] Nebenbei weren Positionierungs- und Grabenkriege ausgefochten, welche gerade mal Kindergartenniveau erreichen. Wenn es wenigstens um andere Inhalte als "das Bloggen an sich" ginge, wäre dies alles noch akzeptabel - so ist es ein Perpetuum Mobile, das nur diejenigen bewegt die es anschieben.
Wie denn nun? Ist das Problem die „Selbstdarstellung des Ichs“ oder die Meta-Bloggerei?
Das Bloggen über das eigene Frühstücksei halte ich für legitim. Das Blogwesen bezieht seine Kraft aus der Vielfältigkeit und nicht dem Auf-Oyktroieren aufoktroyieren (danke, Robert) irgendwelcher pauschalen Qualitätsmaßstäbe. Der Qualitätsmaßstab liegt bei jedem Leser, in dem er die ihm interessierenden Blogs liest und die anderen nicht. Im Bloggerland ist, im Gegensatz zu anderen Medien, Platz für alle.
Re: „so ist es ein Perpetuum Mobile, das nur diejenigen bewegt die es anschieben“ Ja, die Gefahr besteht. Mich erinnern Teile der Blog-Szene an einen „gespielten Witz“ von „Nonstop Nonsens“. In einer Kneipenrunde werfen sich die Herren Zahlen an den Kopf worauf sie in schallendes Gelächter ausbrechen. Ein Außenstehender fragt was dahintersteckt. Die Kneipenrunde erklärt: um Zeit zu sparen, habe man alle Witze die man kennt, durchnummeriert und würde nur noch die Zahlen sagen statt den Witz zu erzählen.
Im Sinne der oben erwähnten Maxime, dass jeder und alles bloggen darf, halte ich versuche „die Blogger“ anzusprechen, z.B. mit einem Bloggertreffen, entweder für absolut beliebig (warum gibt es kein Treffen der „Hamburger Rechtshänder“?) oder für ausgrenzend. Keine Woche vergeht, an dem nicht irgendein Blog-Award, -Treffen oder -„Appreciation Day“ ausgerufen wird.
Alle sprechen vom Hype den die demnächst anstehenden (oder bereits erschienen) Bücher kreieren würden. Nein, nein, für den Hype sorgen die Blogger selber indem sie sich ihre binnen 1-2Jahre erreichte Wichtigkeit selbst einquatschen.
2. Die postulierte politische und gesellschaftliche Kraft hat sich nicht entwickelt.
Wie denn auch? Binnen 1-3 Jahre? Was soll dass den für eine „Gesellschaftliche Kraft“ sein? Eine Etablierung in dieser kurzen Zeit hat ja noch nicht einmal das Privatfernsehen mit den dahintersteckenden Großkonzernen geschafft.
Ich halte im übrigen diese Entwicklung auch nicht für einen „Selbstläufer“. Ich muss in diesen Tagen sehr häufig an die „alte“ WIRED von 1995, 96 etc... denken, an Artikel von Kevin Kelly oder Jon Katz, die mit der Verbreitung des Internets auch auf gesellschaftliche und politische Veränderungen gehofft haben. Stichwort „information wants to be free“. Stichwort: freie Zugänglichkeit von Informationen führt zu Emanzipation des mündigen Bürgers.
Das Internet hat sich nicht eindeutig in diese Richtung bewegt. Während in der Tat dem User mehr Informationen als noch vor fünf Jahren zur Verfügung stehen, hat das Internet gleichzeitig auch eine große Kommerzmaschine angeworfen, die einigen Content der Allgemeinheit entzieht, weil nur gegen Bezahlung einsehbar. Aberwitzig wenn die „Süddeutsche“ am Zeitschriftenstand des Supermarktes einfacher zu lesen ist, als im Internet... Schlimmer noch: das Internet und die Vernetzung riskieren zu Werkzeugen staatlicher Repression und Eingriffe in die Privatsphäre zu werden. Schlimm wenn recht unreflektiert Sachen wie Typekey, FOAF oder Orkut als „das nächste große Ding“ angepreist werden.
Und trotzdem: das Internet hat auch gezeigt, das Ideen Jahre brauchen, um heranzureifen und sich zu etablieren, auch wenn v.1 oder v.2 gefloppt sind. RSS-Reader sind nichts anderes als die Wiedergeburt von Push-Clients a la „PointCast“ in einer modifizierten, „marktgerechten“ Form. Ein kleinerer Client, effizienterer Content, leichter zu erzeugender Content, individueller konfigurierbar. „Firefly“ einst verendet, ist einer der Grundprinzipien der Empfehlungen bei Amazon und zahlreichen anderen Shoping-Sites und reflektiert sich auch in „FOAF“ wieder.
Insofern ist in Sachen Blogs technisch und strukturell längst noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht. Die Geschichte wird sich weiterentwickeln. Sie wird, wie auch immer, alltäglicher und unauffälliger in den Alltag integriert sein.
3. Gleichsam reagieren die etablierten Medien und verdonnern ihre journalistisch Tätigen zum Selberbloggen - was bleibt, sind die Dummen in ihrem Stolz auf die Profis, die nun in der gleichen Community publishen. Damit ist auch die Gefahr für die Medien gebannt - Blogger werden zu Wasserträgern, die bestenfalls bestehende Meldungen neu mixen und so ihren eigenen Touch unter die Leute bringen. Zur Belohnung darf man dann sein Frühstücksei auch mal für zehn Minuten neben Meldungen und Meinungen der Grossen sehen. Ei wie fein! Ein positiver Aspekt fällt mir übrigens dabei ein: bloggende Profis sind wenigstens einer ausdrucksfähigen Schriftsprache mächtig und ersparen die Lektüre der Elaborate gestelzter Möchtegernschreiber auf dem Niveau der Sekundarstufe I.
„c.“ baut eine geistige Fallhöhe auf und wundert sich dass der Sturz eine blutige Nase mit sich bringt... Aber Absätze wie über „Elaborate gestelzter Möchtegernschreiber“ deuten so etwas wie Selbsterkenntnis an. Möglicherweise befindet man sich also auf dem Wege der Besserung.
Re: „Gleichsam reagieren die etablierten Medien und verdonnern ihre journalistisch Tätigen zum Selberbloggen“ So massiv habe ich bislang, zumindest in Deutschland, den Einzug der etablierten Medien in die Blogszene nicht wahrgenommen. Und das was ich in Deutschland und Nicht-Deutschland lese, macht keineswegs Blogs obsolet.
Aus einer postulierten "Generation Blogger" ist eine hochgradig unpolitische und naive "Generation Blockheads" geworden.
„Generation Blogger“, erschienen, lt. Amazon, im November 2003. Fünf Monate später ist die Generation tot, die politische Revolution und „gesellschaftliche Bewegung“ ausgeblieben. Och.
[11h43] BlogBlog --
Haiko Hebig bringt eine Diskussion um das neu angekündigte
MovableType 3, seine neuen Features und dem neuen, zentralisierten „
TypeKey“-Service für Authentifizierung von Kommentatoren, ins Rollen.
Zentralisierte Authentifizierung? Ein Wort: bad. Entweder ist es datenschutzrechtlich relevant oder durch Hotmails-Accounts zu leicht aushebelbar/sinnlos. Und bedeutet zusätzlichen Aufwand für Blogger und Kommentator.
Meine Wertschätzung für die Software hat aus 3-4 Gründen inzwischen abgenommen, so dass ich eher nach Alternativen suchen würden. Ich würde nicht soweit gehen wollen und sagen dass MT schlecht ist, aber es ist wie ein nicht ganz sauber sitzender Anzug: es zwickt an einigen Stellen.
Ein Teil der Probleme ist mit dem „Rebuilding“ nach jedem Eintrag verbunden. Auch wenn ich es noch vor einigen Monaten an anderen Stellen als „nicht störend“ beurteilt habe, es geht mir inzwischen auf den Geist. Beim „normalen“ Sites, verstreicht schon mal 'ne Minute (von anderen hört man gar Stories von zweistelligen Minutenzahlen) bis die Site aktualisiert ist. Es macht den „Workflow“ unrund.
Der Rebuild-Prozess ist auch nicht sehr debugging-freundlich, insbesondere wenn man einen Provider-Tarif gewählt hat, der keine „Error-Logs“ zur Verfügung stellt.
Problem drei stellt die Eingabe via Browser da. Verglichen mit dem um Tastatur-Makros angereicherten „Handcoding“ welches ich hier einsetze, nerven die beschränkten Editier-Funktionen in den Browser-Fenster. Es gibt zwar inzwischen alternative Eingabe-Clients wie „
Ecto“, (ex Kung-Log) aber beim „quick'n'dirty“-Ausprobieren gab es zuviele Probleme mit der Übermittlung von Sonderzeichen und dem Abschicken von Einträgen im Draft-Modus.
Problem 4 knüpft an das von Haiko Hebig gesagte an: das Vertrauen in der Weiterentwicklung von MovableType hat darunter gelitten, dass 2003 völlig im Zeichen von „TypePad“ stand und seitdem nicht genauer spezifiziert wurde, was MT 3.0 bieten wird. Die
offizielle Ankündigung eines MT3.0-Beta-Tests wurde nur mit 2-3 Feature garniert.
[11h24] Web_Apple -- An diesem Wochenende machte in der Mac-Szene sich das Gerücht breit, dass Apple mehr oder weniger in die Geschäfte von „
Symbiot Security“ (
News.com) involviert wäre (
MacRumors).
Ganz sicher ist das alles nicht, es gibt im öffentlichen Auftritt der Firma Symbiot einige Ungereimtheiten. Aber es sieht so aus als ob Symbiot zumindest mit einem Haufen von Apple XServes arbeitet.
Symbiot will „Feuer mit Feuer“ bekämpfen: auf Netzwerkangriffe seinerseits mit Angriffen auf das Netzwerk des Überltäters reagieren. Das Ganze läßt sich nur noch mit Kriegsterminologie umschreiben. So vorsichtig sich Symbiot im Interview darstellt, man kommt nicht umhin Vergleiche mit US-amerikanischen Kriegseinsätzen zu ziehen und fragt sich ob man nicht ebenfalls Phasen der „massiven Vergeltung“ und des „Präventivkrieges“ erleben wird.
Und sollten die Realität eigentlich nicht zeigen, das mit Krieg, bis auf wenige Ausnahmefälle nichts gewonnen wurde?
Übrigens: inwieweit ist die Legislative und „das Netzwerk“ in der Lage einen „guten“ Netzwerkangriff von einem „bösen“ zu unterscheiden?