[19h56] TV -- Ich habe ja hier durchaus schon meine Begeisterung über „
The West Wing“ mitgeteilt. Aber was ich gestern von „West Wing“gesehen habe...
„West Wing“ ist eine Fernsehserie von NBC, die die Präsidentschaft des Demokraten
Josiah Bartlet (Martin Sheen) schildert. Hauptfiguren sind neben Bartlet, sein Beraterstab und deren Assistenten. Das Ganze sind, US-typisch, ernste, halbreale Geschichten mit witzigen, pointierten Dialogen.
„West Wing“ ist exzellent, weil alles vom obersten Regal kommt. Egal ob Schauspieler -- die meisten sind unbekannte Gesichter -- Regie, Licht oder Dialoge. Es gibt nicht viele Spielfilme die dagegen anstinken können.
Folge 18 der zweiten Season „
17 People“ läßt mich aus zwei Gründen seit gestern nicht mehr los.
Da wäre zum einen der atemberaubend Realismus. Die Folge wurde 2000 abgedreht und im April 2001 ausgestrahlt und enthält Grundzüge von 9/11. Arabische Terroristen sind vermutlich mit Sprengstoff und Autos über die kanadische Grenze in die USA eingedrungen und das Weiße Haus beschäftigt sich mit der Frage ob an Flughäfen und für den Luftraum, erhöhte Sicherheitsstufe ausgegeben werden soll. Man entscheidetet sich dagegen, weil es nicht praktikabel wäre. Es würde zu wesentlich längeren Abfertigungszeit in den Flughäfen kommne. Eine Durchleuchtung sämtlichen Gepäcks würde bei einem Flieger von 250 Passagieren eine Stunde in Anspruch nehmen. (Nicht das einzige Mal, dass die Serie den Realismus überholte: siehe Indien/Pakistan-Konflikt)
Der zweite Grund warum sich die Folge bei mir eingebrannt hat, ist der dreiminütige Epilog, der, ohne eine Action-Szene zu enthalten, zu den treibendsten gehört, die ich seit langem gesehen habe. Achtung, ab hier muss ich die Story „spoilern“, was das Vergnügen an Season 2 beeinträchtigt!
Präsident Bartlet leidet an einer „guten“ Form der „
Multiple Sklerose“. D.h. sie greift nicht den Körper an, macht sich nur in gelegentlichen Anfällen bemerkbar. Aber sie kann jederzeit in die „böse“ Form umkippen. Von dieser Krankheit wissen nur 16 Personen, u.a. die
First Lady, Chefberater McGarry sowie Bartlets Konkurrent, der Vizepräsident Hoynes.
Es ist das dritte Jahr der Präsidentschaft und langsam stellt sich die Frage nach der Wiederwahl. Zwischen Bartlet und seiner Frau gab es einen Deal: Präsidentschaft Ja, aber nur eine Amtszeit lang. Ein Deal von dem wohl auch Hoynes weiß. Und jener Hoynes fängt an, sich in Position für den Wahlkampf zu stellen.
Folge 17 endet damit, dass dem etwas autistischen und zynischen Chef-Berater
Toby Ziegler just dieser Wandel von Hoynes auffällt und das läßt ihm keine Ruhe.
Folge 18 zeigt Ziegler unruhig an seinem Laptop sitzen. Immer wieder einen Baseball gegen die Wand werfend. Die Intro ist durchsetzt vom monotonen Aufprallgeräusch des Baseballs. Schrifteinblendungen lassen die Tage verstreichen („
Some days ago“). Man sieht in Großaufnahme Zieglers Augen nervös über dem Laptop lugen. Er geht zu
Leo McGarry, dem Chef-Berater, fragt ob er irgendwas über Hoynes Ambitionen gehört hätte („
Two days before“). Er wird den Ball gegen die Wand. Er nächtigt im Büro, fragt wieder McGarry. Dann: „
That day“. Mit energischen Schritten geht Ziegler zu McGarry. In immer schnelleren und schneidenderen Ton wirft er McGarry ein Infobrocken nach dem anderen zu. Das Hoynes eine Wahlkampf-eske Tour durch New Hampshire beginnt, dass er sich von seiner Öl-Lobby abnabelt, dass er anfängt Spendengelder zu sammeln. Will Hoynes gegen Bartlet antreten? McGarry verneint. Was hat dann Hoynes vor? Besser: warum glaubt Hoynes dass er einen Präsidentschaftswahlkampf starten kann? Warum glaubt Hoynes Bartlet würde nicht antreten? Was weiß Hoynes was er, Ziegler, nicht weiß? Man hört aus dem Off den Aufprall eines Baseballballes.
Das Ganze geschieht binnen 3 Minuten in einem stakkatohaften Stil ohne hektisch zu wirken und ist ein schauspielerischer Parforce-Ritt von
Richard Schiff, einem Darsteller-Unikat mit einzigartiger Aussprache und Betonung.
Die Intro ist so atemberaubend, das ich sie mir gestern gleich noch ein zweites Mal angesehen habe. -Gasp-
[19h23] WebDev -- Ich spiele gerade, aus beruflichen Gründen, mit „
Wordpress“ herum, das momentan als Konkurrent Number One von
MovableType gehandelt wird.
Die Installation ist im Vergleich zu MT rotzfrech einfach. In der Oberfläche und den Optionen gibt es einige pfiffige Features. Ich habe den Code mir noch nicht angesehen, aber ich beginne zu begreifen warum einige von MovableType abspringen.
Ich will nicht ins Chor derjenigen einstimmen, die das Totenglöcklein für MT und „Six Apart“ läuten.
„Six Apart“ hat nur spät gemerkt, dass ihnen durch die Konzentration auf Expansion und TypePad, langsam die Basis, sprich die MT-User, flöten geht.
Stillstand war angesichts der Ecken und Kanten die MT noch besitzt zu wenig. Dummerweise bringt die nun angekündigte Beta von MT3.0 nicht wirklich Besserung. Viele dürften von der
Ankündigung enttäuscht sein, da MT3.0 nur einen veränderten internen Aufbau bekommen soll, der bessere und mächtigere Zusatzmodule/Plug-Ins erlaubt. In Sachen Feature wird sich nicht vieles tun und die explizite Ankündigung des Aufbaus einer „
Ökosystems für Entwickler“ hört sich so ein bißchen nach dem Abladen des Basteln neuer Features auf den Schultern der Community.
Ich glaube die drei Hauptärgernisse die MT-User beschäftigen, sind: 1/ Kommentar-Spam, 2/ Explizite Generierung neuer Seiten (Rebuilding), 3/ CGI-Probleme die zum berüchtigten „Error 500“ führen.
Bislang ist nicht wirklich Abhilfe dafür angekündigt. Als Lösung für
Kommentar-Spam wird „
TypeKey“, eine Art zentraler Registrierungsdienst für kommentierende User verkauft. Dumm nur, dass dieses keine Lösung ist, die Spam technisch ausschließt (zumindest nicht ohne manuelle Bearbeitung des Blog-Besitzers).
Auch scheint MT3 wohl nicht am Grundprinzip zu rütteln, das Seiten explizit „re-build“ werden müssen, was automatisch wiederum auch die Nicht-Lösung von Problem 3, den CGI-Fehlern nach sich zieht.
Es ist nicht so das Wordpress nun in Sachen Feature Lichtjahre MT voraus ist. Aber es ist aufgrund der eher spärlichen äußeren Änderungen von MT3 so, dass MT3 noch viele Monate braucht um wieder Schwung zu bekommen und einen Vorteil gegenüber Wordpress auszuspielen: zentralisierte Strukturen die eine stringentere Weiterentwicklung ermöglichen.
[10h50] Business -- Macromedia hat Quartalszahlen bekanntgegeben und eine Analysten-Q&A gemacht, siehe die
Breeze-Präsentation auf der MM-Site.
Macromedia hat nur zurückhaltend faktische Zahlen zu Studio MX bekanntgegeben. Auffällig war die Bemerkung dass man nun nachdem zuletzt mit Dreamweaver MX 7.01 alle Applikationen ein Update erfahren hätten „back on track“ sei, eine zarte Andeutung wie es um die Qualität der Produkte im Studio-MX-Bundle bestellt war. Im späteren Q&A ließ Burgess durchblicken, dass die Absätze bei den Upgrades verbesserungsfähig sind.
Stattdessen wurde viel „good vibes“ verteilt und man griff gar auf Auszeichnungen von Zeitschriften oder der „Jolt Hall of Fame“ zurück.
Faktisch interessanteste Feststellung: Macromedia plant für 2005 keine neuen Releases im Developer/Designer-Bereich (Studio MX, Freehand, Director, Server).
Das große Thema der Quartalszahlen war eine Umstruktierung der Geschäftszahlen und einhergehend der, wenn man so will, „Profitcenter“. Man teilt die Sparten nun nach den drei Bereichen „Developer, Designer“, „Business“ und „Consumer“.
Es ist eine eigenartige Aufteilung: „Consumer“ erfasst die mobilen Anwendungen, also Lizenzierung von Flash. Nur dass die Lizenzierung natürlich nicht von Konsumenten, sondern von Mobilfunk-Betreibern und Handyherstellern kassiert... „Business“ umfasst „Breeze“ und „Contribute“. Die Server-Produkte, mitunter mit fünfstelligen Preisetikett versehen, bleiben im „Designers & Developer“-Bereich.
Wie merkwürdig diese Einteilung ist, verdeutlicht sich durch Zahlen: im „Consumer“-Bereich werden zirka 1%, im „Business“-Bereich zirka 9% und im „Designers/Developer“-Bereich zirka 89% der Geschäfte gemacht.
Während Macromedia erwartet das „Designers & Developers“ stagnieren wird, will man im „Business“- und „Consumer“-Bereich doppelt soviel umsetzen.
Weitere interessante Informationen:
- „Mobile licensing“ ist immer noch ein derartiger Flop, dass es in den Geschäftszahlen nicht ausgewiesen werden kann.
- „Central“ wurde, wenn mich nicht alles täuscht, nicht mit einem Wort in der Breeze-Präsentation erwähnt. Obwohl es eigentlich dieses Jahr losgehen soll...
- Gegenüber den Analysten wurden drei Produkte gepusht: Breeze, Flex und Contribute.
- So sehr Flex gepusht wurde, „RIA“ fanden kaum Erwähnung, auch wurde kaum ein direkter Zusammenhang zwischen Flex und RIA hergestellt.
- Die „eLearning“ oder „eHelp“-Sparte sieht unspektakulär aus, schaufelt aber Kohle rein
Aber schlußendlich, und da will ich keinen falschen Eindruck entstehen lassen, waren es finanziell exzellente Zahlen von Macromedia, weit über Erwartung der Analysten.