[23h38] Frisch zurückgekommen aus Berlin, Lesung hat gut geklappt, darüber später mehr (auch wenn ich angesichts des weiterhin überbordenden Schreibtisches noch nicht so ganz weiß, wann)
Schamlos von BBC Radio 1 geklaut.
Der Zweck heiligt den Diebstahl.
Es gab wahrscheinlich Moderatoren die meinen Musikgeschmack stärker beeinflußt haben, aber John Peel ist derjenige den ich am wenigsten missen möchte, John Peel ist derjenige den ich so respektiert habe wie keinen zweiten. Keinen.
Als Hamburger konnte man früher noch relativ leicht BFBS hören, die im Sendegebiet des lahmarschigen NDRs in Sachen Musik jederzeit ein halbes Jahrzehnt weiter vorne waren. So gesellte sich eine ganze Schar von DJs in meinem Zimmer. David Rodigan, Steve Mason in seiner Prä-Techno-Phase, Tim Westwood und natürlich John Peel und Alan Bangs.
Ich war seinerzeit von Bangs, der in der Nacht von Samstag auf Sonntag immer den sehr melancholischen „Nightflight“ moderierte, schwer beeindruckt. Anfang der Achtziger veröffentlichte er ein Tagebuch („Nightflight“), war „quasi“ omnipräsent mit dem ARD-Nachtrock, in der „WDR Rockpalast“ bzw. später in der leider zu schnell eingestellten Open-End-Sendung „Rock T L“
Aber nach 3, 4, 5 Jahren liess mein Interesse an Bangs nach. Bangs wurde aus dem Rockpalast geschmissen, nachdem er sich mit dem Produzenten überworfen hatte. „Rock T L“ wurde nach wenigen Folgen gekickt, weil die Quoten nicht stimmten. Aus den Nachtrock wurde er nach 3 Jahren rausgeschmissen, weil der Nachtrock „stromlinienförmiger“ werden sollte. Je weniger Sendungen Bangs hatte, desto limitierte wurde seine Musik und man merkte ihm auch das Alter an. Er entwickelte sich nicht mehr weiter. Er wurde berechenbar, ja langweilig.
John Peel ist die Antithese zum „alten“ Bangs. Ich bitte folgendes zu bedenken: der Mann hat vor knapp 40 Jahren mit dem Radiomachen angefangen und bis zum heutigen Tage wöchentliche Sendungen auf dem „Jugendsender“ BBC Radio 1 gehabt. Im Alter von 65 Jahren!
Es gab keinen DJ der eine ähnliche Begeisterung für Musik hatte, der über 40 Jahre eine ähnliche Neugier und Interesse an Musik gehabt hat, wie John Peel. Ein Peel liess sich nicht stilistisch festlegen. Auf HipHop folgte Napalm Death und Rock-Folklore von „Freiwillige Selbstkontrolle“, ohne dass es beliebig wirkte.
Peel war beinharter FC Liverpool-Fan. Mit zunehmendem Alter produzierte er immer mehr Sendungen nicht in London sondern von zuhause, in einem selbstgebastelten Studio. Trotz seiner enormen Popularität war er sich nicht zu schade auch regelmäßige Sendungen für andere Radiosender, auch nichtkommerzielle Sender zu produzieren, wie z.B. dem alternativen Radioprojekt „Freies Senderkombinat“ in Hamburg. Geld hat er dafür mit Sicherheit nicht bekommen, abgesehen von einer Entschädigung.
Irgendwann, ich meine es wäre Peels 50ter Geburtstag gewesen, hat er auf seinem Landsitz eine große Party gegeben, bei der sich so ziemlich alles an Kollegen und Musiker einfanden, die gibt. Überraschungsgäste waren damals, von seiner Frau Sheila eigens eingeflogen, irgendeine afrikanische Kapelle mit Juju-Gitarren, die Peel seinerzeit rauf- und runterspielte. Aus Deutschland waren Kollegen von Radio Bremen Vier erschienen, u.a. Axel P Sommerfeld, die ihm als Geburtstagsgeschenk einen Trabi mitbrachten. Das sind die Geschichtchen die mir als erstes durch den Kopf gehen, wenn ich an Peel denke.
Danke, John Peel. Mach's gut.
(Das
ITW die gleiche Grafik verwendet habe, habe ich erst später gesehen)