dogfood Mai 2005 [2]

Samstag, 14. Mai 2005

[13h33] Unter der Woche gab es nun drei Teile „Speer und Er“. Der Dreiteiler war jeden Cent schon deswegen wert, weil es währenddessen und nach dem Film im Kopf weiterarbeitete.
Ich war mir nach dem ersten Teil nicht sicher, denn zu ambivalent waren die Figuren, zu leer, zu farblos der Charakter von Speer. Wer Geduld bis zum dritten Teil hatte, bekam gezeigt, dass es Absicht von Breloer war. Die Auflösung der Figur Speer erfolgte erst im letzten Teil. Der Darsteller von Speer, Sebastian Koch, bringt es in einem Interview mit der FR (die einen ausgezeichneten Schwerpunkt zum Thema Speer besitzt) auf den Punkt:
Speer fühlte sich gar nicht schuldig. Er hatte die fragwürdige Begabung, ganz pragmatisch Gedankenräume zu bauen und sich darin perfekt zu bewegen. Er war ein Gedankenarchitekt. Speer baute Räume, die in sich so stimmig und genau waren, dass er sich darin wohl fühlen konnte, sauber. Weil er seine eigenen Realitäten erschuf, kam er sich stets grundehrlich vor.
Ich habe mich unter der Woche immer wieder gefragt, was einen Mann wie Speer antreibt, wie kann er, wie können seine Kinder mit der Vergangenheit leben. Der Dreiteiler liefert Erklärungen dafür und zeigt wie dieses Verdrängungssystem von Speer auf sein Umfeld ausstrahlte.
Die stärksten Bilder gab es kurioserweise rund um Tobias Moretti. „Kurioserweise“ weil Moretti eine Fehlbesetzung war. Nicht weil er schlecht war, sondern physionomisch derartig daneben war. Kinngrube, fleischiges statt aufgedunsenes Gesicht und viel zu lebendige, strahlende Augen.
Aber die Szenen in denen Moretti/Hitler vor dem Modell von „Germania“ steht, waren optisch und in ihrer Intensität herausragend aus einem eh virtuosen Dreiteiler..
Bei all dem Nazi-Geschwalle was einem derzeit entgegenquillt, und hey, ich habe mit dem Digital-Paket von Kabel Deutschland auch noch fünf Dokumentarfilm-Kanäle, aber „Speer und Er“ ist eine Ausnahmeerscheinung.

Donnerstag, 12. Mai 2005

[22h13] Ich wollte eben einen Kundentermin von morgen auf Montag legen und der Kunde sagt mir zur meiner völligen Verblüffung das Montag Pfingsten ist.
[14h52] Habe meinen zweiten Liter Tee intus und laufe inzwischen im 5-Minuten-Takt zum Klo. Zwischen Stuhl und Tür ist bereits ein kleiner Pfad in den Estrich-Boden reingetrampelt.
[13h35] Hoher Besuch im Büro. Büro gefegt, Tisch aufgeräumt und dann wieder Gegenstände wie „zufällig“ auf dem Tisch verteilt. Soll ich protzen und auch noch den Economist auf den Tisch legen? Nicht übertreiben.
Tribute to Woody Allen, „Play it again, Sam“. Der Mann hat so recht, so recht.
Auf der anderen Bühne: ich bin so platt. Zweiter der in Folge dass ich kurz vor sieben im Büro antanze. Morgen wieder jour fixe, drei Termine insgesamt. Ich werde morgen abend zuhause so etwas von komatös aufschlagen...

Mittwoch, 11. Mai 2005

[21h33] Als Nachklapp zu meinem Digicam-Rant hat mir Nils ein Link zum Portal digitalkamera.de geschickt. Listet man alle Digicams mit Bluetooth auf, stößt man auf... zwei Kameras. Eine Billig-Digicam von „Concord Eye-Q Go Wireless“ und eine 400,— EUR teure Digicam von Sony. Ich bin ob dieser für mich offensichtlichen Marktlücke, schlichtweg verblüfft.
[11h01] Ich habe meine Digicam verlegt. Ganz habe ich die Hoffnung nicht aufgegeben das kleine Brikett noch irgendwo zu finden. Trotzdem gehe ich mit dem Gedanken schwanger einen Nachfolger zu kaufen (die Fotoqualität meines T610-Handys ist zu unterirdisch um als Ersatz zu dienen).
Was mich kolossal stört: ich finde keine Digicams mit Bluetooth. Ich bin verblüfft, denn ich halte Bluetooth als quasi gottgegebene Alternative zum USB-Kabel. Es dürfte nicht viele Handys geben, die per USB oder was-weiß-ich-für-Kabel mit dem Rechner synchronisieren. Warum sollte ich es mit einer kleinen Digicam machen?
Anscheinend sind die Produktentwickler bei Nikon, Sony und Co. anderer Meinung. Zumindest finde ich kein Gerät.
Geht man auf die Website von Nikon Deutschland, kann man sich mittels eines „Produkt-Finders“ schnell 4, 5 Geräte rauspicken und die technischen Daten ansehen (eine Suchfunktion scheint aber die Flash-Website nicht zu kennen oder zu verstecken).
Bei Sony Deutschland gibt es keinen Produktfinder, dafür ein Suchfeld das bei Eingabe von „Bluetooth“ zirka acht Digicams ausspuckt. Nachdem man sich bei jeder dieser Kameras bis zu den „Technischen Daten“ durchgeklickt hat, ahnt man wie die Suchtreffer zustande gekommen sind. Dort sind sie mit „Bluetooth-Funktion: Nein“ aufgelistet, was nicht wirklich tieferer Sinn meiner Suchanfrage war. Warum baut Sony in seinen Camcordern Bluetooth ein, aber nicht in Digicams? I don't get it.
Bei Canon darf man sich noch händisch durch 15 oder so Digicams klicken, ohne Ergebnis. Eine Suchanfrage ergibt, dass Canon stattdessen lieber seine Drucker mit Bluetooth ausstattet... sic.
Kodak läßt Zillionen von Kameras anklicken, ohne Erfolg. Kodak bietet sogar eine Art Dockingstation für die Kameras an. Natürlich auch nur USB2.0... Aber dafür drahtloses Drucken im Portfolio anbieten... Sheesh.
Casio bietet Fantastillionen von Funktionen für seine Kameras an, lobpreist seine „innovativen Features“, bis hin zu Upload in ein eigenes Online-Portal oder die „Roulette-Funktion“ („Der Hit bei Partys oder einfach unter Freunden — die Roulette-Funktion lässt die Bilder Ihrer Speicherkarte schnell durchlaufen und bleibt zufällig bei einem stehen“), ja sogar eine Fernbedienung für seine Digicams... mit Kabel...
Bei Epson wird nicht lange gefackelt. Ein Modell und gut ist.
Bei HP Deutschland findet man Digicams für Privatanwender unter der Premium-URL http://h10010.www1.hp.com/wwpc/de/de/ho/WF02a/2923-3883-4189.html. Wenn gequälte URLs weinen könnten... Auch hier: viel Bluetooth-Drucker, Digicams, so weit ich den technischen Daten und beim Überfliegen den nichtssagenden Suchtreffern entnehmen konnte: nope.
Bei Kyocera Deutschland wird man quer durch verschiedene Sites gejagt, zum ersten Mal werde ich als „Endverbraucher“ angesprochen und so fühle ich mich auch. Suchfunktion nicht vorhanden und beim Durchklicken von zirka 10 verschiedenen Digicams nix entdeckt.
Bei Konica Deutschland bekomme ich mit „konica.de“ eine Fehlermeldung, erst „www.konica.de“ führt mich weiter. Man weist mich darauf hin, dass man mit Minolta inzwischen „ein neuer dynamischer Konzern, mit dem Ziel, auch weiterhin eine führende Position im Bereich der Bild- und Dokumentenverarbeitung einzunehmen“. Nach dem ich mir mit dieser 17 Monaten alten Information die Rosette abgewischt habe, lande ich bei Konica Europe auf der man mir zehn Digicams anbietet, allesamt „werksseitig ausverkauft.“. Ich starre stattdessen auf Produktphotos die allesamt durch ein Java-Applet nicht geladen werden.
Ricoh, Olympus, Panasonic, Pentax, alles Fehlanzeige oder mir ist da was durch die Lappen gegangen. Muss ich wohl warten bis Apple eine Digicam verkauft...

Dienstag, 10. Mai 2005

[22h56] Nebenprodukt der Diskussionen rund um die Imagekampagne für Deutschland bei Spreeblick und Anke Gröner sind die die Worte von Johnny in seinem zweiten Eintrag.
Seitdem ich die Schule verlassen habe (eigentlich schon vorher), kümmere ich mich um meinen eigenen Kram und mit Ausnahme einiger Tage meiner Rundfunkzeit und den Jahren als Geschäftsführer der eigenen Firma (bei der ich mich also selbst um die Einnahmen kümmern musste) kenne ich Begriffe wie „Anstellung“, „Urlaubsgeld“, „Sicherheit“ oder gar „Weihnachtsgeld“ ebenso wenig wie „Arbeitslosenunterstützung“, zumindest nicht für meine Person. Und so, wie es aussieht, werde ich auch den Begriff „Rente“ nicht kennenlernen. Macht nichts, diesen Weg habe ich selbst gewählt, ich hätte ja auch zur Post gehen können oder mich von einer Agentur anstellen lassen können [...]
Und in den ganzen Jahren kein einziges Bisschen, nicht einmal ein winziges, klitzkleines Stückchen staatlicher Einfluss oder auch nur Unterstützung bezüglich dieser Lebens- und Arbeitseinstellung. Im Gegenteil. Hat mal jemand versucht, als Freiberufler oder Selbständiger oder unregelmäßig Angestellter eine Wohnung, einen Kredit, ein Konto zu bekommen? Siehste.
Und so wie ich das da oben alles weiß, weiß ich auch, dass man diese beschriebene Lebenseinstellung nicht per Werbekampagne vermittelt bekommt, sondern sie nur dadurch fördern kann, indem man die Voraussetzungen dafür verbessert.
... was zumindest einige Parallelen mit meiner Biographie aufweist. Vielleicht im Unterschied zu Johnny, habe ich den Weg in die Selbständigkeit seinerzeit nicht bewusst gewählt. Vor achteinhalb Jahren habe ich meinen Agenturjob nach einem Jahr gekündigt, nachdem verschiedene Indizien darauf hindeuteten, dass die Agentur beizeiten gegen die Wand fahren würde (sie tat es zirka 3 Jahre später). Ich kündigte damals u.a. im Glauben, dass eine damals frisch gegründete Konkurrenzagentur mich nach einiger Zeit anstellen würde. Zumindest wurde es mir damals so versichert.
Aber dann nahm das Schicksal seinen Lauf. Einerseits hat jene neue Agentur fast zwei Jahre gebraucht um neben ihren vier Geschäftsführern noch einen zweiten Angestellten anzuheuern, andererseits hatte die alte Agentur das Interesse an ihrem damals zweitgrößten Kunden verloren, der plötzlich eines Morgens dann bei mir anrief.
Langer Rede, kurzer Sinn. Ich bin mehr unfreiwillig in die Selbständigkeit hineingeglitten.
Seit 1997 selbständig. 1997. Netscape Navigator 3.0. Browser-Plug-Ins fingen sich erst langsam durchzusetzen, das Rennen zwischen Shockwave-Director und Flash, formerly known as Shockwave-Flash, war völlig offen (Macromedia hatte Flash erst 1997 gekauft). Ich legte mir ISDN zu. 64kbit/s.
Wenn ich was in der Zeit gelernt habe, dann ist es sich den Kopf nicht über die nächsten zehn Jahre zu zerbrechen, denn rückblickend habe nie gewusst, wass ich 18 Monate später tun würde, an welchen Projekten ich sitzen würde, mit welcher Software ich arbeiten würde, ob off- oder online.
Mir ist es nach meinem Empfinden gelungen die Balance zu halten, einerseits für neue Dinge offen zu sein, andererseits nicht jedem neuen Hype hinterherzurennen oder zum „one pony trick“ zu verkommen, der einige wenige Dinge zu Tode melkt.
Insbesondere letzteres läßt Leute immer wieder ins Leere laufen, weil es anscheinend den Mechanismen widerspricht, die sie kennen. Bestimmte Dinge eben nicht zu machen, weil man nicht darauf aus ist Gewinn- oder Ego-Maximierung zu erreichen.
Wenn man den Kreis zu der Deutschland-Kampagne schließen will, dann wird die Zukunft Deutschlands auch davon abhängen, inwieweit Politik, Gesellschaft und Wirtschaft es schaffen ihre festen Raster und Mechanismen abzulegen, um der Individualisierung der Gesellschaft Rechnung zu tragen. Freiberufler und Basel II gehen nicht. Feste Ladenöffnungszeiten gehen nicht. Privatisierung von Unternehmens-Profit bei gleichzeitiger Sozialisierung von Unternehmens-Kosten geht auch nicht, und und und.
[22h52] WebDevBoxes and Arrows mit einem langen Artikel über die Implementierung einer Design Pattern Bibliothek bei Yahoo!
BTW: weitere Karma-Punkte für Yahoo! die derzeit Google in Sachen Kommunikationsgebahren recht alt aussehen lassen.

Montag, 09. Mai 2005

[12h40] Beim Türken auch Ülker-Haselnußkekse gekauft. Mein Gott, die Dinger sind ja schlimmer als Heroin. Ich spritz die mir gleich intravenös ein, auch wenn die noch alle Tschernobyl-verstrahlt sind.
[12h37] Gestern noch über die Vergeblichkeit geschrieben, Kunden dazu zu bringen Projekte via Web zu verwalten. Heute eine zwei Seiten lange Bug-Liste auf Papier als Excel-Tabelle bekommen... Ich werde weiterhin wacker die Bug-Datenbank benützen...
[12h36] Beim Türken Sesamkekse von Ülker gekauft, Sehr gut, sehr gut.
[12h34] Wann bin ich zuletzt frühmorgens ins Büro gegangen? Vor zehn Tagen oder so?
Als ich heute um halb sechs losmarschierte, war es hellichter Tag wo vor zehn Tagen sich der Morgen nur als heller Streifen gen Osten abzeichnete. Und trotzdem hatte ich das Gefühl, dass Eimsbüttel und das Schanzenviertel noch friedlicher als um fünf Uhr morgens da lagen. Vielleicht weil die ganzen Auslieferer schon weg sind.

Sonntag, 08. Mai 2005

[16h48] Job — Wenn ich die letzten 12-18 Monate in meinem Job Revue passieren lasse, so war das vermutlich Wichtigste das Lernen von Web-Script-Sprachen wie PHP und ein bißchen Perl (okay, letzteres ist nicht per se eine Web-Script-Sprache) und kleine Fummeleien an Apache-Webservern, dank hervorragender Testumgebung auf den Macs. So geht das Leben weiter: erst kam browserneutrales HTML, dann CSS und schließlich PHP.
Der nächste Schritt (ohne das CSS und PHP bereits perfekt von mir beherrscht werden würden...)? Workflow. Nicht meines, sondern das von Projekten, in Zusammenarbeit mit Kunden.
Es ist einfach der Punkt, an dem derzeit noch die meisten Reibungsverluste entstehen. Kunden die sich phasenweise Features an Anwendungen rangeflantscht wünschen, als wäre man beim Frühstücksbüffet („all you can eat“) oder die zeitliche Planungen gegen die Wand fahren lassen um einige Wochen später von Jetzt auf Morgen Resultate zu sehen.
Aktuell versuche ich mit Basecamp und Mantis zu arbeiten. Mit eher lauem Erfolg, da vorallem auf Kundenseite die Disziplin fehlt. Selbst wenn die Kunden Kollegen Webdesigner und -Coder sind.
Ich glaube das Brett was es da zu bohren gilt, ist ein ziemlich dickes, nämlich das fehlende Bewusstsein des „always on“, das fehlende Bewusstsein, das Online-Inhalte dank Breitband und WLAN heutzutage nahezu genau so nahtlos erreichbar sind wie lokale Inhalte. Es wird immer noch für ein Medienbruch gehalten, wo eigentlich dank iCal, RSS und eMails, kein Medienbruch vorhanden ist.