[19h45] Software — Dieser Tage ist ein Upgrade von
Alias Sketchbook Pro 2.0 gekommen, ein Programm das so etwas von an mir vorbei gelaufen ist. Bis ich es heute ausprobiert und die Kinnlade kaum noch wieder hoch bekommen habe.
Alias verkauft das Programm mit den Worten: „Award-winning Alias SketchBook Pro is a nimble, high-quality paint and drawing application designed specifically for use with Tablet PC or digitized pen tablets.“ und sorgte damit bislang bei mir für konsequente Mißachtung, denn zum einen gibt es kein Grafikprogramm was Photoshop rocken kann und für alles was irgendwie Zeichnen und Malen können soll, gibt es seit Äonen „Painter“. Diese Meinung hat sich bei mir gehalten bis ich zum ersten Mal Sketchbook mit einem Tablett benützt habe.
Das Zeichnen mit SketchBook „fühlt“ sich anders an. Ich habe um ein Vielfaches besser mit SketchBook zeichnen können, als mit Photoshop. Auch im direkten Vergleich beim einfachen Umschalten ins andere Programm. Ich habe es nirgends auf der Alias Website entdeckt, ich vermute aber ganz schwer, dass SketchBook die Stiftbewegungen per Algorithmus nachkorrigiert und die Striche fließender wirken als die mitunter etwas tattrigen Stiftbewegungen in Photoshop. Selbst Herr Alzheimer könnte gerade Linien produzieren.
Das ist offen gesagt schon die Hälfte des Reizes das SketchBook ausmacht. Ansonsten kommt es sehr, sehr spärlich daher. Grosso modo: Zeichnen mit dem Stift, Farben aussuchen, verschiedene Pinsel/Stift-Optionen, Ebenen einrichten, Transparenz der Ebenen verstellen, Selektionsfunktionen wie Lasso oder Marquee und das selektierte skalieren oder rotieren. That's it. Keine Ebenenmodi, kein Text-Werkzeug, kein gar nichts. Es ist wirklich nur eine „paint and drawing application“.
Es gibt acht verschiedene Stift/Pinsel-Modi zum auswählen: Bleistift, Kugelschreiber, Filzstift, Marker etc... Diese unterscheiden sich durch die „Werkzeugspitze“, um den Photoshop-Slang zu benützen (kreisförmig, oval, weiche Kante, harte Kante), und durch die Art und Weise wie die Farbe aufgetragen wird. SketchBook scheint nur komplett deckenden oder additiven Farbauftrag zu beherrschen. Blau auf Gelb wird je nach Stift-Modi zu Blau oder Grün. Gelb auf Schwarz wird zu Gelb oder Schwarz. Variation in der Auftragsstärke per Druckstärke des Tablettstiftes sind nur bei einigen SketchBook-Stiften möglich. Der Neigungswinkel des Tablettstiftes scheinen erstaunlicherweise nicht berücksichtigt zu werden.
Man fühlt sich als Photoshop-User der ansonsten 20 Paletten umherschweben hat, in die Steinzeit zurückgeworfen. Obwohl es für den Zweck des Zeichnens und Malens kaum mehr braucht. Was ich spontan vermisse, ist die Möglichkeit des Maskierens. Das Programm hat möglicherweise noch einiges mehr auf der Pfanne, mea culpa, ich habe es gerade mal eine halbe Stunde lang ausprobiert.
Ein weiteres herausstechendes Merkmal von SketchBook ist das GUI-Konzept, was mir so noch nie über den Weg gekommen ist. Alias hat sich ein Userinterface ausgedacht, dass sehr auf das Grafiktablett und einem Stift ausgerichtet ist.
Die Toolbar ist als Viertelkreis in der unteren linken Ecke angelegt. Beim Anticken des Stiftes auf eines der Icons poppen rund um das Icons die „Optionen“ auf (mittl. Bild). Mit dem Stift kann nun ein Strich zu eine der Optionen gezogen werden und damit ausgewählt werden (wie „Chisel Tip Pen“, Bild rechts)
Alle Werkzeuge sind ähnlich gestrickt. Die Lupenfunktion kommt in Form von zwei konzentrischen Ringen daher. Der eine ist für das Bewegen auf dem Canvas und der andere für das Zoomen zuständig. Mit dem Stift anticken und den Stift bewegen, entsprechend wird bewegt bzw. gezoomt. Wer sich für GUIs interessiert, sollte sich das mal ansehen.
Das ist gewöhnungsbedürftig, aber ich kann mir vorstellen, dass es nach einer Zeit sehr flott ist. Es ist die offensichtliche Philosophie des Programms: die Aufgabe der mechanischen Präzision (Tastatur, Zahleneingabe, Klicks die zu schrittweisen Veränderungen führen) zugunsten eines sehr händischen, manuellen Arbeitens.
Mir hat die kurze Zeit mit der Software gut gefallen, obwohl ich es „nur“ auf dem iBook und dem kleinen Graphire A6 hatte. SketchBook weigerte sich auf meinem großen Rechner mit meinem großen Tablett zu laufen. Es setzt minimum eine Grafikkarte mit 32MB RAM voraus. Die habe ich auf den großen Rechner zwar sehr wohl gehabt, aber mein zweiter Monitor (Palettenmonitor) wird von der alten 16MB-Karte betrieben und daran störte sich SketchBook und verabschiedete sich mit entsprechender Meldung.
Die Software kostet 179 US$. Ich hätte derzeit keinen direkten Verwendungszweck. Dort wo ich Illustrationen anfertigen muss, brauche ich mitunter Pixelperfektion und das kann die Software nicht leisten. Aber die erste halbe Stunde hat mir so gut gefallen, dass ich vielleicht die Software nach Ablauf der Demolaufzeit von 14 Tagen just for fun erwerben werde.
Nachtrag: Noch eine witzige Funktion entdeckt. In der Ebenenpalette kann man neue Ebenen erzeugen. Diese Ebenen bekommen standardmäßig einen Namen wie „Layer 1“. Und man kann sie umbenennen. Was nichts Sensationelles wäre. Wenn man den Namen eintippen könnte. Kann man aber nicht. Stattdessen wird der Stift benützt um den Namen in ein Feld zu schreiben. Ebenso gut kann man natürlich auch Icons zeichnen.