dogfood Juli 2005 [2]

Mittwoch, 13. Juli 2005

[10h05] Wortklaubereien — es gibt im Englischen das wunderbare Wort der collaboration für die Zusammenarbeit von mehreren Leuten um zusammen etwas Größeres/Besseres zu produzieren als es Individuen möglich wäre.
Das deutsche Wort Kollaboration ist laut Duden ausschließlich negativ besetzt und versteht explizit nur die Zusammenarbeit mit dem Feind.
Mag sich jeder denken was das über deutsche Mentalität sagt.

Dienstag, 12. Juli 2005

[09h42] Games — Ich habe seit Freitag „Katamari Damacy“ auf der Playstation 2 am laufen. Das Spiel muss ich mal bei Gelegenheit ausführlicher besprechen. Deshalb vorab nur: das Ding ist eines jener Spiele die auf Jahre Maßstäbe setzen, vergleichbar mit „Rez“. Die Entscheidung von Namco und Sony das Spiel nicht außerhalb von Japan zu veröffentlichen, ist eine Unverschämtheit, die zudem angesichts des Rufes denn das Spiel inzwischen hat, nicht erklärbar ist. Zumal der Lokalisierungsaufwand überschaubar ist.
Jeglicher Aufwand den man betreiben muss, um an das Spiel heranzukommen, sprich Bestellung beim Importhändler, Abholung vom Zoll, Kauf eines Mod-Chips oder Boot-DVD zum Starten von Import-Spielen auf einer europäischen PS2, lohnen sich alleine schon für dieses Spiel. Der Soundtrack wäre schon der Kauf einer Audio-CD wert, irgendwo zwischen Pop, Nippon-Latin und Cornelius.
Spielidee: der König hat im Suff alle Sterne am Firmament zerstört. Sein 5cm großer Sohn muss die Sterne wieder am Himmel bringen, indem er mit einer Kugel über diverse herumliegende Gegenstände rollt. Die klebrige Kugel kann nur über sehr viel kleinere Gegenstände rollen, weswegen die frühen Levels mit Reißzwecken und Pralinen anfangen, ehe man in den späteren Levels durch ganze Stadtteile walzt und Fahrräder, Menschen, Cola-Automaten und Autos überrollt. Das Irre: ich bin bislang bei keinem einzigen Level irgendwo spürbar an einer „Grenze“ des Spielfeldes gelangt. irgendwo ging das Spielfeld immer weiter.
[09h19] Ich war am Samstag für eine Hochzeit knapp 20h in Köln. Es gibt für mich das Faszinosum der „rheinischen Frohnatur“, einem Menschenschlag der in all seinen Klischees nicht diametraler zu mir sein könnte.
Die allererste Kostprobe aus „Fleisch und Blut“ hatte ich vor Jahren beim Studium. Ein netter Kölner wechselte die Hochschule und kam nach Hamburg, ob des ausgezeichneten Rufs des Hamburger Illustrations-Lehrgangs. Doch der Mann fiel sehr bald in immer größerer Schwermut und klagte schließlich im Kurs und allen sein Leid. Die Menschen in Hamburg wären so verschloßen. Schon in der U-Bahn würde man es merken: wo es in Köln immer laut zugeht, weil die Menschen, auch wildfremde, immer miteinander reden, herrscht in Hamburg eher Grabesstimmung. Er würde überhaupt keinen Anschluß finden.
Einige Monate später zog er zurück nach Köln.
An dieser Beobachtung ist was dran. Es fällt mir auch immer auf, wenn ich in Köln die „U-Bahn“ nehme (alles Etikettenschwindel, Kölner, ihr habt eine eingebuddelte Straßenbahn, aber keine U-Bahn. Und historisch betrachtet hat Hamburg auch keine „U-Bahn“, sondern eine „Hochbahn“).
Wie man als rheinländische Frohnatur richtig unsympathisch rüberkommt, haben die beiden Herren gezeigt, die im Bus von Kirche zum Festsaal hinter mir sassen. Ein derartig unterirdisches Gequatsche hört man noch nicht einmal im Vollsuff. Überzeugt von der eigenen Lustischkeit streuten die beiden einen Frohsinn auf den Rückbänken des Busses aus, dass einem das Frühstück wieder hochkam.
„Boah, dat is keine Bus, dat is eine Saunabus“ „Ich glaube wir sind gerade an Aachen vorbeigefahren, sollen wir unser Visum rausholen?“ „Ich hab' so einen Durst, ich würde sogar eine Eigenurin-Therapie machen“ — „Gekühlt, nee?“ — „Ja, gekühlt würde ich sogar eine Eigenurin-Therapie machen“ „Guck, war das eben Stuttgart?“ „Gleich hält der Fahrer an und bietet uns Kaffemaschinen und Heizdecken an“ „Hast du eben die Tschechische Grenze gesehen?“
Und so ging das in einem Zug die ganze Dreiviertelstunde lang. Seit dem Wochenende habe ich daher gewissen Allergien gegen Männern mit schwarzer Anzugjacke und orangenem Hemd entwickelt.

Montag, 11. Juli 2005

[10h57] Aus einem Leserbrief der aktuellen c't (15/05):
Kampf dem Client Side Scripting! Client Side Scripting ist Hausfriedensbruch!
Und es gibt Leserbriefe, die stellen Körperverletzung dar.

Sonntag, 10. Juli 2005

[20h20] Drüben auf allesaussersport.de habe ich einen Artikel abgelegt, der sich mit den unseriösen Werbemethoden von Hans Walter Schäfer von auslandstreff.de beschäftigt.
Die „A & S GmbH Verbrauchergerechte Versicherungen-Finanzierungen-Geldanlagen Gesellschaft für unabhängige Vermittlung mbH“ des Herrn Schäfers hat mir heute an meine allesaussersport.de-eMail-Adresse ein Linkaustausch angeboten. Mehr gibt es drüben bei aas.
In solchen Fällen von Spam mit offenem Visier ist es relativ unaufwändig die Wettbewerbszentrale über ein eMail-Formular über den Verstoß gegen das UWG zu informieren. Den nächsten Step, das T5F, schenke ich mir für diesmal.

Freitag, 08. Juli 2005

[14h42] Weil zwei Projekte in dieser Woche völlig überraschend aus ihrem Koma aufgewacht sind, hänge ich so dermassen unsäglich hinter meinem Zeitplan hinterher, dass es schon nicht mehr feierlich ist. Entsprechend bin ich gelaunt, entsprechend ist mein Schlaf, entsprechend ist meine Verdauung. Das Wochenende ist eh gegessen, weil am Samstag nach Köln unterwegs.
Wenn es denn Gründe gibt tabellenbasierende Weblayouts in die Tonne zu kloppen, dann habe ich sie in den letzten Tagen nahezu alle kennengelernt. Projekt: Webdesign und HTML-Layouts wurden angeliefert und ich soll mit PHP Funktionalität anflanschen.
Mein Schädel brummt, so häufig bin ich mit dem Kopf auf den Tisch geschlagen. Das komplette Layout war in diverse ineinanderverschachtelten Tabellen angelegt. Nichts davon ließ sich wirklich gut als includes auslagern, weil die Tabellen massiv colspan und rowspan einsetzten und selbst Header und Footer hinreichend tief drin steckten. Modularer Aufbau? Da träumste von. Das wird noch ein Spaß, denn die HTML-Seiten sind noch nicht fertig. Ich darf also meinen Teil irgendwann nochmal einbauen.
Der Code war weder kommentiert noch eingerückt, semantische Auszeichnung des Codes gleich null. Da stehst du dann da vor den 200-300 Zeilen Code, weißt dass du unten links im Layout was einbauen sollst und im Labyrinth von TRs TDs und TABLEs fragst du dich ob du gerade auf die zweite Zelle der dritten Spalte in der fünften Zeile oder der siebten Zelle der ersten Spalte in der zweiten Reihe starrst.
Was mich an diesem Beispiel um so mehr frustriert, ist der Umstand dass der Produzent des Codes es eigentlich besser wissen müsste. Ich habe der Person mehrere Male Einweisungen und Anleitungen gegeben, ich schätze summasummarum zwei Tage Unterricht. Es hat von mir Software- und Literaturhinweise gegeben.
Die Seiten waren ein richtiger Schlag in die Magengrube, denn das war nicht mehr hier und da ein Fehler, sondern offensichtliches Unvermögen und/oder Unwillen. Kein Bock sich selbst aus der CSS- und HTML-Sackgasse zu befreien, in die man reingeritten ist. Kein Bock über Konsequenzen für das Layout nachzudenken. Es hat alles so auszusehen wie in Photoshop angegelt.
Man kann darüber streiten ob man die Verwendung von b und strong so ideologisch sehen muss. Wenn ich aber z.B. statt eines h1 ein span class="headline" sehe, dann kann ich nur den Schluß ziehen, dass es sich nicht lohnt einigen Leuten weiterzuhelfen.
Es hätte keinen ungünstigeren Zeitpunkt geben können um auf meiner Toleranz herumzutrampeln.
[14h27] Re: „London Explosions“. Was für ein Aufwand gestern im Fernsehen. Was für Besorgnis da gezüchtet wurde. BILD heute sinngemäß mit der Schlagzeile: „Der Terror kommt immer näher“. Seit wann ist London näher als Strasburg? Remember den vereitelten Anschlag auf den Weihnachtsmarkt?
Wieviele Tote hat es in London gegeben? Zirka fünfzig? Dass ist das was alleine an einer „guten“ Woche im Irak abgerufen wird. Man stelle sich den Irak vor, wie er Woche für Woche für jede 50 Toten durch Bombenanschläge zwei Tage lang in Ohnmächtigkeit verharren würde, ganz Arabien seine Fernsehprogramme umschmeissen würde und allerorten Innenminister vor die Kamera treten und den Ausbau von Sicherheitsmaßnahmen fordern.
Das was gestern in London geschah, ist im Irak Alltag. Seit „Kriegsende“ vor knapp anderthalb Jahren. Alleine gestern starben bei einem Bombenanschlag in Killa 13 Menschen. Am Montag acht in Bagdad, am Samstag 27.
Wer das Problem angehen will, sollte nicht mehr Überwachungskameras in Berlin oder London installieren, sondern die Konflikte im Nahen und Mittleren Osten angehen.