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Tag: VR

Irgendwann gestern nach dem Abendessen fiel mir ein, dass die Apple Keynote war – sie bog gerade in ihre Schlussviertelstunde mit der Präsentation von Apple Vision Pro ein.

Das Look and Feel dieser Realität, bei der du nicht wusstest, ob du gerade eine Computergrafik oder die Realität siehst, war perfekt: die Präsentatoren/Präsentatorinnen wirkten leblos. Bei etlichen Personen im Film hatte ich das Gefühl, dass es sich um Computergrafiken handelte. Das Drehbuch für die Anwendungsszenarien folgte 1:1 dessen, was Apple bei jeder Produktpräsentation auffährt: mit Kinderphotos in Erinnerung schwelgen, sich Filme angucken, Musik hören yaddayadda.

Das Device selber, fand ich durchaus beeindruckend. Es lohnt sich diesen Teil der Präsentation anzuschauen, um zu sehen, an wieviele Details bei der Produktentwicklung gedacht worden ist – bis hin zu einem anonymisierten Layer für die Auswertung wohin der Fokus der Augen wandert. Im Browser werden nur die „Klicks“, aber nicht der wandernde Fokus übertragen.

Aber die reellen Anwendungen scheinen auf ganz, ganz schwachen Füßen zu stehen. Es war auffällig dass sich nahezu alle Anwendungen nur um das passive Konsumieren und Kommunikation drehten. Der Eindruck wird dadurch verstärkt, dass die Leute in 90% aller Szenarien in einem Sitz oder auf einer Couch sassen. Nur in einem Fall stand der coole Daddy hinterm Küchentisch. Man sah aber die Leute nicht draußen und nicht in Bewegung.

Man sah auch keinerlei dezidierte UI-Interaktionen abseits von Apps öffnen, Fenster verschieben und eine reelle Tastatur bedienen. Mich hätte interessiert, die die Menschen einen Cursor in einer MS Office-Word-Datei platziert hätten oder ein Wort ausgewählt und per Drag’n’Drop verschoben hätte.

Was ich auch nicht gesehen habe: kreative Anwendungen. Ich dachte eine Malen-/Zeichnen-App wäre eine offensichtliche Demo-Anwendung für so eine Brille gewesen (für mich war sie ein Kaufgrund für die Sony PS4-VR-Brille).

Auch entlang des zweiten wichtigen Vektors enttäuscht das Gerät. Ich trage beruflich, aufgrund der vielen Telefonkonferenzen, ein leichtes Headset. Und selbst diese 175 Gramm und das Gefühl der Abschottung von der Umwelt, geht mir nach 4–5 Stunden auf den Sacque. Wie das im Alltag mit so ein Monstrum wie dem Apple Vision Pro funktionieren soll, ist mir ein Rätsel. Ich wage anhand meiner Erfahrung mit der Sony VR-Brille, die Behauptung, dass schon die zwei Stunden Laufzeit der Apple XR-Brille häufig nicht ausgereizt werden, weil man nicht derart komplett abgeschottet sein möchte.

So geil das Gerät ist, so reizvoll es wäre, es zu kaufen. Dieser Formfaktor positioniert das Gerät weit, weit außerhalb des Consumer-Bereiches.

So häufig die Apple-Brille als Fernsehersatz positioniert worden ist, glaube ich aber, dass Apple selber nicht weiß, wohin die Reise geht und die zukünftigen Einsatzzwecke sehr bewusst sehr offen gehalten worden sind – vergleichbar mit der Apple Watch, die ja inzwischen auch mehrere Redefinitionen ihrer Einsatzgebiete erlebt hat.

Der Unterschied zwischen Watch und Brille ist aber der Preis. Für diesen oder einen anderen vierstelligen Preis wird es schwer ein Gerät seinen Markt finden zu lassen, weil es einfach zu teuer ist, um es mal eben zu kaufen und auszuprobieren, ob es was bringt.

Was war. Februar 2020

Es fällt mir schwer den Monat zusammenzufassen. Es gibt so viele Handlungsstränge und teilweise können sie nur erzählt werden, wenn man Vorgeschichten kennt.

Es war ein schwieriger Monat. Meine Depressionen trafen auf einen grauen und sehr regnerischen Monat. Meine Veranlagung in erster Linie nur Negatives wahrzunehmen, führte zu einem immer schwereren Rucksack von Dingen, die ich machen wollte, aber in Menge und/oder Qualität nicht geschafft habe. Dinge, die mich erfreut haben, waren rar und Petitessen.

Ich habe seit Mitte Dezember Tagebuch geführt. Ein täglicher Abschnitt „Gratitude“ bietet Platz für Dinge, die mich gefreut haben oder für die ich dankbar bin. Im gesamten Februar gab es nur zwei Eintragungen in diesem Abschnitt – okay, dies ist etwas düsterer als es in Wirklichkeit war. Es gab 2–3 weitere Dinge, die da reingehört hätten, aber grundsätzlich spiegelt es meinen emotionalen Pegelstand im Februar wieder. Der „große schwarze Hund“ war so präsent, wie er es seit meinem Umzug vor knapp anderthalb Jahren nicht mehr war.

Things I did.

Die oben erwähnte Tagebuch-Geschichte ist nur eine der Punkte, wo ich derzeit bei mir dran schraube. So versuche ich unter der Woche einmal „Auszugehen“: Museumsbesuch, Kino, Spaziergang und irgendwo Abendessen.




Im Museum für Kunst und Gewerbe gibt es eine Ausstellung „Beauty“ von Stefan Sagmeister und Jessica Walsh. Über die Qualität des Sagmeister/Walsh‘schen Diskurses kann man streiten. Aber es ist schon ein Wert für sich, zwei Stunden durch eine Ausstellung zu einem Thema zu gehen.

Was mich aber am meisten in der Ausstellung getriggert hat, war eine Installation, mit der man sich eine VR-Brille aufsetzen und im Raum „malen“ konnte. Ich setzte die Brille auf und fing an zu „malen“ und es war sofort einer jener Wow-Effekte, bei denen das Hirn ausschaltet, weil alles was an Sinneseindrücken rein kommt, terra incognita ist. Sensorisches Neuland. Nach der dreiminütigen Session musste ich mich erst einmal sammeln.

Am selben Abend schmiß ich zuhause meine Playstation VR an und kaufte im Online-Shop beide PSVR-„Zeichenprogramme“: CoolPaintr und SculptrVR.

Meine Synapsen hatten damit einige Abende lang viel Spaß, an diesem „Malen“ im dreidimensionalen Raum und wie man als (ehemaliger) Illustrator damit umgeht, dass man plötzlich eine Raumdimension mehr als auf dem Papier hat. Aber je besser ich mit der Materie klar kam, desto stärker wurden auch die Defizite, zumindest der beiden Programme auf der PlaystationVR, deutlich. Und ab einen bestimmten Punkte, sind die Limits zu groß, um sich zumindest auf der PSVR-Plattform sinnvoll weiter mit dem Thema zu beschäftigen. Unten stehend, wenn der Browser mitmacht, ist das Resultat des dritten oder vierten Abends (das exportierte STL-Format enthält keine Farbinformationen).

STL-Viewer: „Madeleine.js“ von Junho Jin

Trotz aller Limits – diese Abende in denen ich im Raum „gezeichnet“ habe, möchte ich nicht missen.


Eine Woche später ging es in die Kunsthalle für zwei Ausstellungen.

Impressionismus aus der Sammlung Ordrupgaard und Goya, Fragonard, Tiepolo – Die Freiheit der Malerei.

Ich gehe durch solche Ausstellungen und schreite in Ehrfurcht von Bild zu Bild. Über das was die Maler/Zeichner sehen und ausdrücken können und was ich nicht sehe und nicht ausdrücken kann. Und genau hier steckt mein persönliches Problem: diese Ausstellungen lassen mich klein fühlen. An solchen Tagen pendle ich zwischen den Gefühlen Großartiges gesehen zu haben und der Unzufriedenheit über die eigenen Fähigkeiten. Der große schwarze Hund ist nie weit weg.


Im Garten habe ich, so weit ich rankommen konnte, endlich allen Bambus samt Wurzeln entfernt und in den entstandenen Lücken Liguster-Stecklinge eingepflanzt.

Im Februar sind Schneeglöckchen und Krokus rausgekommen, aber vielfach im Dauerregen abgesoffen. Durch die ungewohnt hohen Temperaturen, sind sie rausgeschossen, wurden zu schnell zu groß und konnten dann dem schweren Regen nicht standhalten.

Ansonsten ist das derzeitige Dilemma, dass alle Signale eigentlich auf Vor-Frühling stehen, inkl. den blühenden Forsythien und man Schneiden und Säen will, aber die Wettervorhersagen noch weiter Frosttage vorhersagen…


Ich habe den Ablauf meiner Woche umgestellt. Ich versuche mir den Dienstag- oder Donnerstagnachmittag frei zu nehmen (s.o.). Der Samstag hat sich inzwischen als Garten-, (Sport-)TV- und Lese-Tag etabliert.

Vor einigen Wochen sprach ich mit einer Freundin und da fiel auch der Satz, sinngemäß: man sollte weniger konsumieren und mehr kreieren. Daher versuche ich den Sonntag derzeit umzuschalten – weg vom Sport-TV, hin zum „Dinge-Machen“-Tag. Vorzugsweise am Computer, 1-2 private Projekte anschieben. Nach etwas mehr als ein Jahr nach dem Ende von allesaussersport reduziert sich mein Sport-Konsum weiter.

Things I watched.

„Burning“, südkoreanischer Film von 2018 von Lee Chang-dong. Der Film etabliert prototypische Strukturen eines Thrillers, wirkt für mich aber eher wie ein Film über die Twen-Generation in Südkorea. Was am Ende bleibt, ist nicht das, was der Film sagt oder zeigt, sondern das, was knapp 140 der 148 Minuten lang, unter der Oberfläche zu spüren ist. Verstörend. Beunruhigend. Vier von fünf Sternen.

Filmplakat

Things I worked on.

Beim Kundenprojekt „t5“ wurden im Februar weitere Features integriert oder ausgebaut und sind weitere Länder-Versionen gelauncht worden. Ich hatte einige Refactoring-Themen und in diesem Zuge auch mit dem im Projekt eingeführten Test-Framework Cypress angefangen.

Was Cypress da macht und mit welcher Intention, fängt man erst nach ein paar Tagen an zu verstehen, wenn man ein Gespür für die Funktionen entwickelt hat und die Dokumentation mit einem zweiten und dritten Blick abklopfen kann.

Es ist nicht unheikel, weil Cypress so tut, als wäre es ein großes Ganzes, ist aber in Wirklichkeit eine Mischung aus etlichen Ideen. Erst mit Erkennen dieser Ideen und ihrer Quellen, jQuery, Mocha, Chai, Puppeteer, kommt auch ein Verständnis für die zu etablierenden Strukturen und Tests.

Ein Beispiel für den problematischen Kontextwechsel den Cypress versteckt, sind die Testbedingungen. Bei den Commands wie z.B. get(), sind sie nur implizit (Elemente sind binnen 4 Sekunden im DOM – oder nicht). Bei should() werden Mocha/Chai-Assertions zwar explizit gesetzt, aber nur als sogenannte „Chainers“ innerhalb eines Strings. Wenn aber Callbacks eingesetzt werden, werden Mocha/Chai-Assertions in originaler Mocha/Chai-Schreibweise z.B. via expect gesetzt.

Das fühlt sich nicht gut an, weil dies das Missverständnis fördert, dass Cypress ein reines „wir schaun‘mal nach, was im DOM drin ist“-Tool ist, dass z.B. die Backendler dazu verleitet, Browser-End-2-End-Tests zu machen, statt zu testen, was die von ihnen programmierte API auf Requests zurückschmeißt.


Das wars vom Abgrund. Lebe geht weiter.

© 2024 Kai Pahl

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