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Category: Links

sign/off 2020-06-19


Was war.

Es gab zwei, drei anstrengende Tage im Job. Am Mittwoch fiel die Entscheidung, dass wir Frontendler das CMS-Upgrade nicht mehr auf den Windows-Entwicklungsrechnern, sondern erst einmal auf den Mac-Entwicklungsrechnern fortsetzen werden. Wir sind auf Windows mit der höllischen Dreieinigkeit Proxies, VPN und Docker in einer Sackgasse geraten. Auf dem Mac sind das CMS und das Verhalten von Docker zwar weiterhin Blackbox, aber zumindest VPN und Proxies fallen als Störfaktoren aus der Gleichung raus.

Die letzten zweieinhalb Tage waren Trial’n’Error. Ich hatte gestern Nachmittag immerhin das CMS zum Laufen bekommen, wenn auch noch ohne Content und User. Meine Kollegin ist nicht so weit gekommen. Was uns bei ihr Zeit gekostet hat, war das Auschecken aus Git, das bei ihr anscheinend mit LF statt CR/LF-Zeilenenden geschah und dazu führte, dass etliche Shell-Skripts auf die Nase fielen. Doch auch nach einem neuerlichen Checkout des Repos, bekommen wir bei ihr die Docker-Images nicht stabil zum Laufen.

Ich fühlte mich wie ein DJ, der vier Plattenteller bespielen musste: meine CMS-Installation vorantreiben, beim Debugging der Kollegin helfen, die Dokumentation schreiben und, ach ja, auch noch mein Mikroanimations-Ticket fertig machen.

Mikroanimations-Ticket ist nun in der Code-Review bzw. das Material auch schon beim Backend. Beim CMS habe ich Inhalt und User importieren können. Ich habe mit den Anpassungen des Frontend begonnen, hänge aber nun darin fest, dass die importierten User vom CMS nicht zur Bearbeitung des Themes (Frontend) zugelassen werden.


Was mir die Laune heute morgen verhagelt hat, ist das Thema „Warren Ellis“. Ein Comic-Autor, den ich sehr schätze. Dessen wöchentlichen Newsletter ich verschlungen habe und dessen „Transmetropolitan“-Serie ich für geradezu hellseherisch halte.

Heute morgen kam via Twitter und als Newsletter eine sehr wohl formulierte, aber auch sehr vage Entschuldigung von Ellis rein. Ellis kündigt ferner seinen vorläufigen Rückzug aus der Öffentlichkeit und Schließung des Newsletters an.

Eine Suche auf Twitter brachte zu Tage, dass Ellis #metoo-artige Vorwürfe gemacht werden. Frauen haben sich dieser Tage geeldet, die Ellis vorwerfen, ihre Jugend und Unerfahrenheit ausgenutzt und manipuliert zu haben, um Beziehungen aufzubauen, nur um sie dann „wegzuschmeißen“. Die Rede ist von einem systematischen „grooming“: hatte Ellis in Vancouver zu tun, hat er gezielt junge Frauen in Vancouver angesprochen und sich „warm gehalten“.

Vor diesem Hintergrund wirkt der Inhalt der Entschuldigung von Ellis zu dünn. Als Rezipient mag ich den Autoren Ellis. Ich hoffe, dass die dürftige Reaktion nur dem überraschenden Moment geschuldet ist und in den kommenden Tagen auch von Ellis, eine tiefere Aufarbeitung folgt.

Wer mehr lesen will, „Bleeding Cool“ ist mit einigen weiterführenden Links, ein guter Startpunkt.

Zum Fuck, Ellis.

Reading List 2020.04.05

  • Economy: When Plagues Pass, Labor Gets the Upper Hand, John Authers, Bloomberg.com, 5.4.2020

    Wirtschaftsanalyst John Authers blickt in seiner Kolumne auf die wirtschaftlichen Folgen von Pandemien und Kriege in den letzten tausend Jahren.

    Quintessenz: Kriege haben einen wirtschaftlichen Aufschwung zur Folge, da in den Wiederaufbau von zerstörter Infrastruktur investiert wird.

    Pandemien ziehen andere Effekte nach sich. Die Arbeitskraft gewinnt gegenüber dem Kapital wieder an Wert (z.B. von Helfern, Dienstleistern etc…, u.a. in Form von Lohnsteigerungen). Ein Wirtschaftsboom bleibt aber aus – denn es ist ja keine Infrastruktur zerstört worden. Die Gesellschaft wird misstrauischer gegenüber Autoritäten (Staat und/oder Religion). Die gestiegenen Löhne/Gehälter werden von der Bevölkerung für schlechte Zeiten angespart statt in den Konsum gesteckt – der zweite Vektor, der für eine nur langsame Erholung der Konjunktur sorgen könnte.

    Ein weiteres Problem könnte die Suche nach der Schuld an der Pandemie werden. Im Mittelalter wurden die Juden für die Pest verantwortlich gemacht und massakriert. Der Ausbruch (nicht nur) dieses Coronavirus‘ wird an China und seinen Wet Markets fest gemacht und zahlt damit auf die eh steigenden Ressentiments im Westen gegen China ein.

  • Society: The New Normal For Life Under a New Plague, Ganzeer, ganzeer.today, 25.3.2020

    Der ägyptische Künstler Ganzeer hat ein furioses Pamphlet über die Welt nach dem Coronavirus geschrieben. Man muss nicht mit allem einverstanden sein, was er da ableitet und schreibt. Aber dieser Assoziations-Blaster-artige Text ist zumindest anregend, über die Folgen nachzudenken.

    Masks will become as mainstream as pants. Air-filtering scarves will become a thing, and we may even see shirts designed with mouth covering parts that you can just pull up when necessary (think of it as an evolved turtleneck).

  • Society: How Coronavirus Is Shaking Up the Moral Universe, John Authers, Bloomberg.com, 29.3.2020

    Authers zum Zweiten. In dieser Kolumne listet er vier unterschiedliche philosophische Haltungen, die eine Gesellschaft im Umgang mit der Pandemie einnehmen kann:

    • Rawls – Nach John Rawls. Teil des europäische Ansatz: Regierungen soll allen helfen und den Schwachen überproportional stärker helfen.
    • Utilitarismus – Regierungen haben nach dem größtmöglichsten Glück/Erfolg der gesamten Gesellschaft zu streben. Auch wenn dies zur Folge hat, dass einige zurückgelassen werden – alles für „the greatest good for the greatest number.
      In der aktuellen Pandemie gab es u.a. in Großbritannien die Überlegung, dass die negativen Folgen eines wirtschaftlichen Kollaps durch Isolierung/Ausgangssperre größer wären, als die negativen Folgen einer hohen Zahl von Toten. Daher hat man anfangs die Pandemie nicht wirklich bekämpft.
    • Libertarismus – US-zentrischer Ansatz mit dem Fokus auf das Individuum. Jeder Mensch hat das Recht so zu leben wie er/sie/es will und niemand soll ihm/sie/es etwas anderes aufzwingen. Jede/r entscheidet für sich, ob er/sie/es sich den Isolierungen und Ausgangssperren anschließen will.
    • Kommunitarismus – Die Gemeinschaft steht über dem Individuum – tendenziell eher ein asiatischer Ansatz. Das Individuum verzichtet zugunsten des „größeren“ Guts der Gesellschaft/Gemeinschaft auf seine Rechte. Ältere Menschen, die nicht mehr lange zu leben haben, verzichten auf Ressourcen für jüngere Menschen, der Gemeinschaft willen.

Justin O‘Beirne: Apple‘s New Map

O‘Beirne analysiert die letzten Veränderungen von Apple Maps. Er impliziert, dass die detaillierteren Ausarbeitungen der Karten vor allem auf Satellitenfotos und händischer Arbeiten eines indischen Unternehmens basieren. Bei dem Tempo, das aber an den Tag gelegt wird, scheint es noch Jahre zu dauern, bis die Verbesserungen auch in Europa ankommen werden.

Wichtiger: O‘Beirne konstatiert auch systematische Schwächen der Arbeit von Apple – die auch darin begründet sind, dass Apple aus Gründen des Datenschutzes weniger Userdaten sammelt, als Google. Es ist nicht zu erkennen, wie Apple diese Defizite später bei Anwendungen aus dem AR- oder Autonomes Fahren-Bereichen, kompensieren will.

Financial Times, Leslie Hook & John Reed: „Why the world’s recycling system stopped working“ (Paywall)

Das Recycling-System steht weltweit kurz vor dem Kollaps, seit China und Hong Kong, Abnehmer von 60% des Plastikmülls der G7-Staaten, zum Jahreswechsel einen Importstopp verhängt haben. Die Preise sind abgestürzt, etliche Betriebe die Recyclingmüll einsammeln, schreiben rote Zahlen ein. Südostasiatische Länder importieren zwar mehr Plastikmüll, aber die Verarbeitung dort, ist für Mensch und Umwelt grenzwertig.

Resümee des Artikels: die Idee des Recyclings ist in einer Sackgasse. Das Motto muss nun heißen „Zero Waste“, z.B. durch Einkaufen in Supermärkten ohne Verpackung.

Stratchery, Ben Thompson: „IBM’s Old Playbook“

Eine Analyse der Übernahme von Red Hat durch IBM. IBM hat sich damit grosso modo Cloud- und Container-Know How (Kubernetes) eingekauft. Wie so viele, rechnet auch Thompson nicht damit, dass die Übernahme gewinnbringend werden wird. Dazu wird der aktuellen IBM-Führung rund um CEO Ginni Rometty zu wenig zugetraut. Rometty sei bislang zu sehr dem von Vorgänger Palmisano eingeschlagenen Pfad gefolgt.

Vielleicht wird diese Übernahme aber weitere Übernahmen anderer Container-Unternehmen wie Hashi Corp/Vagrant, Docker et all triggern.

Kim Boekbinder, Musikvideo: „Fractal“

Es ist ein sympathisches, viel Wärme ausstrahlendes Musikvideo zum Thema Gender und Genderfluid. Ich habe am Thema zu knabbern, weil es für mich sehr weit weg ist. Die Ratio findet es, gemäß „jeder wie er will“, ganz okay. Dem andern Teil des Kopp ist es zu anstrengend, in dieser schnelllebigen Zeit auch noch dieses Faß aufzumachen.

So wie ich das Thema Mensch vs Roboter/AI für spannend halte (beginnend mit Bladerunner/Phillip K. Dick bis hin zur ersten Westworld-Staffel), warte ich eigentlich auf ein entsprechend großes Buch/TV-Serie zu dem Gender-Thema. Mit Fortschreiten der Technologie und Medizin gäbe das ein Prima-Science Fiction-Thema ab und so ein bisschen schaue ich auf Cyberpunk 2077, ein für 2019 oder 2020 erwartetes Computer-Rollenspiel, ob da irgend etwas in der Richtung passiert.

Max Cooper, Musikvideo „Platonic“

Ein Trip für die Augen.

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