Jesus. Fucking. Christ. Sind schon wieder vier Wochen um?

Nach dem ich vor ein paar Wochen Geburtstag hatte, habe ich die eMails meiner französischen Verwandtschaft alle brav beantwortet. Zur Beschreibung meines derzeitigen Alltags habe ich in den eMails den gleichen Textbaustein verwendet: Jeden Tag zwar keine „Métro“, aber „Boulot“ und „Dodo“.

Die Tage haben sich im Laufe der letzten zwei, drei Monate trichterförmig verengt. Die Tage haben sich verkürzt. Das Wetter ist ungemütlich geworden. Ablenkung durch Museen, Kinos etc… is‘ nicht. Der Meditationskurs ist von Präsenzunterricht auf Zoom geschwenkt. Die Psychotherapeutin ist seit Oktober krank. Gleichzeitig braucht die Arbeit derzeit eine höhere Schlagzahl.

Im Gegenzug fallen links und rechts die meisten außerberuflichen Interessen ab. Garten? Kannste bei dem Wetter nix machen. Dazu eine akute Unlust Filme oder TV-Serien zu gucken, Sport in größeren Mengen zu konsumieren oder Comics zu lesen.

Intellektuell weiß ich, dass die Monotonie aus Arbeit, Schlafen, Lesen am iPad und Nachdenken über Achtsamkeit über einen längeren Zeitraum straight in die Sackgasse führt. Aber jedesmal wenn ich emotional meine Checkliste durchgehe „Und? Willste jetzt ‘nen Comic lesen? Willste jetzt Radfahren? Buch? Konsole? Die restlichen sechs Spieltage des Mitre 10-Cups? Zeichnen?“ … winke ich ab. Hier ein bisschen Haushalt, dort ein bisschen Kochen. Oh, wieder ein Zahnarzt-Termin?

Jo. Irgendwie muss ich mich da durch lavieren. Ich gehe davon aus, dass sich bis März nichts substantiell ändern wird.

Things I listened to.

Die klare Nummer Eins der letzten Wochen: Opposite People“ von Newen Afrobeat ft Seun Kuti & Cheick Tidiane Seck (YouTube).

Das Ding wurde mir als Empfehlung vom ach so verrufenen YouTube Algorithmus reingespült. Dreizehn Minuten großartiger Afro-Beat mit Fela Kuti-DNA. Ganz groß: neun Minuten lang wichst einer/eine nach dem/der anderen ein Solo runter, bevor das erste Mal gesungen wird.

Der Schlagzeuger sieht wie ein achtzehnjähriger Milchbubi frisch vor seinem Antritt zum BWL-Studium aus, und bringt die Drums so speziell auf den Punkt, das ist sooo groß. Was Cheick Tidiane Seck da beim Solo an den Keyboards macht, ist ganz, ganz famos.

Mit klaren Abstand kommt dahinter auf Platz 2 Immer wenn ich high bin (YouTube), eine ältere Nummer von Marsimoto ft Walking Trett.

Things I played.

Ich habe die eine oder andere Stunde mit „Rimworld“ weiter gemacht. Die Drei-Frauen-Kolonie hat inzwischen Zuwachs in Form einer vierten Frau bekommen – einer „Wilden“, die draußen umherirrte, ehe sie wegen Unterkühlung kollabierte. Ich schickte einen Rettungstrupp los und pflegte sie wieder gesund, worauf sie sich der Gruppe anschloss.

Inzwischen habe ich das Geschäftsmodell „Kartoffeln in der nächsten Siedlung verkaufen“ entdeckt. Bald bricht der erste Winter an.

Things I did.

Die neuen Sichtschutzblenden sind immer noch nicht aufgebaut. Bei einem der Herbststürme ist mir eine der neuen Sichtschutzblenden, die nur angelehnt waren, auf den Boden geweht worden. Dabei ist die Bodenleiste kaputt gegangen und zeigte einige morsche Stellen. Ich habe die Leiste inzwischen geschient und teilweise zugespachtelt. Das geschah allerdings während der letzten wärmeren Tage. Seitdem ist es zu kalt um die Blenden zu lasieren.

Läuft.

Things I worked on.

Derzeit laufen zwei größere Projekte parallel und das wird für zirka zehn Tage noch weiter so bleiben. Dabei ist es günstig, dass das zweite Projekt „transatlantisch“ ist und die Video-Konferenzen zeitlich ostküstenkompatibel gelegt werden und damit dem ersten Projekt zeitlich aus dem Weg gehen. Inzwischen habe ich meine Notifications auch so eingestellt, dass ich nicht mehr um drei Uhr nachts aus dem Schlaf gerissen werde, weil jemand in den USA ein Ticket im Board eine Spalte weiter schiebt …

Das erste Quartal 2021 sieht soweit eingetütet aus, dass ich mein morgiges Gespräch mit dem Kieferchirurgen halbwegs entspannt entgegensehen kann.

Things I read.

„State of CSS 2020“ – die alljährliche Umfrage unter Webentwickler zum Stand der Dinge in Sachen CSS. Ich lese solche Auswertungen gerne, um ein Gefühl zu bekommen, was Themen und Trends sind (und ob ich irgendwelche größeren Wissenslücken habe).

Dieses Jahr hat es zwei Datenpunkte gegeben, die mich zweifeln lassen, ob die Entwickler wirklich wussten, was sie da angekreuzt haben. Da behaupten 22,4% aller Entwickler, sie hätten schon einmal aspect-ratio eingesetzt, obwohl das Feature erst seit Sommer 2020 in Firefox und Chrome drin ist und durch eine Flag erst explizit vom Entwickler eingeschaltet werden muss.

Sogar weit über 80% der eher aus USA und Westeuropa stammenden Entwickler behaupten, sie hätten line-break eingesetzt – ein Feature welches nur im Kontext von asiatischen Sprachen sinnvoll eingesetzt wird. Hmmmm…

Zwei Trends habe ich aus der Umfrage extrahiert. Die Zeit der großen CSS-Frameworks ist vorbei. Bootstrap verliert stark und Foundation schmiert sogar massiv ab.

Wovon ich kein großer Freund bin: Atomic CSS und Tailwind CSS (ein populärer Vertreter von Atomic CSS) nehmen recht massiv Fahrt auf. Ich frage mich, inwieweit dieser Trend der schwachen Designs bzw. Design-Strategien geschuldet ist. Mir scheint auf Seiten der Designer|innen und/oder Product-Owner die Denkweise von wiederverwendbare Komponenten unterentwickelt zu sein. Kein Wunder, dass Entwickler dann glauben, sie könnten mehr oder weniger direkt, die CSS-Anweisungen ins Markup kippen.

Dies ist einerseits ein Know-How/Kompetenz-Problem der Frontend-Designer (was, ich wiederhole mich, zehn Jahre nach Einführung des Begriffes „Responsive Web Design“ ein Offenbarungseid für die Branche ist). Andererseits ist es ein Zeitproblem. Spätestens mit der zweiten Korrekturphase drückt die Deadline so sehr, dass Designer|innen ihre bis dato saubere Sketch-Datei verunstalten.

(Jo, meine Welt, zumindest per Jahresumsatz, ist die Welt der Websites mit einer drei- bis fünfstelligen Zahl an Seiten und Enterprise-CMS)


Zenko Mapping von John V. Willshire/Smithery.

Ein sehr angenehmer, kurzer Video-Vortrag von Willshire, den ich auch deswegen so toll fand, weil er auf mehreren Meta-Ebenen funktionierte und eben nicht nur zielgerichtet auf die Präsentation seines Mapping-Tools „Zenko“ ausgerichtet war.

„Zenko“ ist eine Art Visualisierung für Projektstrategien und Entscheidungsoptionen: Wo stehen wir? Was brauchen wir jetzt, um zu entscheiden wo wir hin wollen?

Dabei verwendet Willshire eine Matrix mit einem 3×3 Raster.

Auf der x-Achse von links nach rechts: „Team“, „Qual“ und „Quant“ – eine zunehmende Zahl von „People“ die Einfluß auf das Projekt nehmen. „Qual“ steht für qualitativen Input über Forschung und Umfragen. „Quant“ steht für quantitativen Input durch Statistiken oder Analytics.

Auf der y-Achse von unten nach oben: „Sketch“, „Scaffold“ und „Structure“ der „Reifegrad“ oder Aufwand für das Produkt bzw. Projekt. Von Skizze hin bis zur stabilen, ausgereiften Struktur.

Projekte fangen unten links mit der Frage an: zuerst das Team einen Prototypen basteln lassen oder Recherche starten?

Man kann sich einen Nachmittag mit den Vorträgen und den Texten von Willshire vergnügen.

The Pattern Problem

  • An example becomes a lesson
  • A lesson becomes a method
  • A method becomes a practice
  • A practice becomes a doctrine
  • A doctrine becomes death

Das ist Willshires großes Thema: Werkzeuge für steten Input und Perspektivwechsel.

Information is not liquid, but light

Information ist keine Flüssigkeit, die man umleiten oder in Container füllen kann. Information ist wie ein Licht: sie ist da. Der richtige Weg ist daher, sich der Information zu öffnen oder aus einem anderen Winkel zu betrachten.

Build your own tools. Tools which naturally reinvent themselves. Tools which change behaviour, not simply repeat it.

Willshire benützt dazu häufig verschiedene Formen von Spielkarten-Sets, die auf dem Prinzip beruhen, dass man mit einer zufälligen Kombination von Theorien, Fakten und Ereignissen konfrontiert wird, die dann weitergesponnen werden sollen.

The quickest path to innovation lies in making novel connections

Create → Connect → Reorder

Deal → Shuffle → Order → Stack → Turn → Spread → Rearrange