Es gibt bücher die sind im zeitalter der popkultur "unvermeidbar". wer mit "neuen medien" zu tun hat, und nicht das buch gelesen hat welches das wort "cyberspace" gebärt haben soll, gilt zumindest für die dauer einer party als gesellschaftlicher außenseiter.
1984 erschien "neuromancer", der band der gibsons ruhm begründet. gibson entwirft hier eine virtuelle welt in der "cowboys" eintauchen können und prägt dafür den ausdruck "cyberspace".
"neuromancer" ist aber nur der erste band einer trilogie die mit "biochips" fortgesetzt und mit "mona lisa overdrive" beendet wurde.
im jahr 2000 ist nun von heyne ein band mit allen drei romanen in neuübersetzung erschienen (ISBN: 3453164105).
gelegenheit für mich dieses "standardwerk" nachzuholen.
und ich wurde enttäuscht.
inhaltlich handelt es sich bei den drei bänden um "serie noir" mit SF-elementen. die von vielen gepriesene visionäre beschreibung des cyberspace ist verblüffenderweise nichts anderes als ein abklatsch dessen was disney schon 1982, u.a. mit der hilfe des französischen comic-zeichners moebius, in dem film "tron" umgesetzt hat.
in "neuromancer" wird von einem unbekannten eine art "söldner-truppe" zusammengestellt die in eine orbitalen station einbrechen sollen.
das ganze wird, in guter alter "serie noir"-tradition aus der ich-perspektive eines der protagonisten erzählt.
"biochips" nimmt die figuren teilweise wieder auf. in dem besten buch der trilogie werden drei unterschiedliche handlungsstränge gestartet die dann langsam zusammengeführt werden.
eine art "söldner" wird engagiert um einen wissenschaftler zu einem konkurrierenden konzern zu "überführen".
eine künstlerin wird engagiert um den hintergrund einiger kunstwerke zu recherchieren.
ein cyper-punk ("cowboy") wird als versuchskaninchen für eine software-attacke mißbraucht.
die grundmotive wiederholen sich: "gekauft werden" von großen mega-konzerne, spielball fremder mächte ecetera. aber die konstruktion mit den drei parallelen handlungsstränge schafft es spannung zu bewahren...
... die dann am ende wie ein kleines tischfeuerwerk verpufft.
alles steuert auf einen großen höhepunkt zu. und nachdem bereits zu beginn des buches eine atombombe in arizona explodiert und woanders ein häuserblock in die luft gesprengt wird, erwartet man ein grande finale.
verwelkende pflanzen sind definitiv kein großes finale.
zuletzt dann band drei: "mona lisa overdrive". wieder werden einige alte charaktere aufgegriffen, wieder ähnliche grundmuster: großkonzerne, spielball großer mächte. sogar die erzählweise wird kopiert, diesmal aber mit vier handlungstränge.
hier wird eigentlich überhaupt nichts neues mehr hinzugefügt. das ganze wird aufgrund des einbaus von vodoo und "kontakt mit außerirdischen" dann auch streckenweise arg metaphysisch, so das ich beinahe der versuchung erlegen war das buch wegzulegen.
und am ende gibt es hier noch nicht einmal ein "tischfeuerwerk".
das was ich gibson aber vorallen vorhalte, ist sein schreibstil. manche mögen seine "collagen" für bahnbrechend halten.
für mich reduzierte sich das aber in allen drei bänden auf ein problem: seine erzählungen haben bei mir keine bilder hervorgerufen.
häufig habe mich gefragt: "wer spricht denn da überhaupt", "wo sind die jetzt eigentlich", "wie sehen die räume eigentlich aus".
daher komme ich zu dem schluß daß die neuromancer-trilogie zu einer der überbewertesten romane gehört.
ich halte mich lieber an phillip k. dick.