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Comic: „Ducks – Two Years in the Oil Sands“

Hardcover-Einband

Es gibt in Nordamerika eine Schule von autobiographsichen Comics, sehr häufig mit sehr reduzierten Zeichnungen und Seiten-Layouts. Der „Hit“ der letzten Jahre war Kate Beatons „Ducks: Two Years in the Oil Sands“. In der Szene räumte es den Will Eisner-Preis für die beste Autobiographie ab und außerhalb der Comic-Blase räumte es Empfehlungen der New York Times und Barack Obamas ab.

In „Ducks“ schildert die Kanadierin, wie sie zwei Jahre lang im mittleren Westen Kanadas auf den Ölsandfeldern Albertas gearbeitet hat. Doch die letzten siebzehn Wörter greifen als Zusammenfassung der 430 Seiten viel zu kurz. Zu umfangreich sind die Facetten um auf alle einzugehen.

Das beginnt, wie der Comic, mit der Herkunft Beatons: Nova Scotia, die im Osten vorgelagerte Halbinsel Kanadas, die so anders als der Rest Kanadas tickt. Und Beaton stammt eigentlich nicht aus Nova Scotia, sondern den Kap Breton-Inseln, die noch einmal ein Stück im Nordosten weiter vorgelagert sind. In Kap Breton gibt es noch massive keltische und französische Einflüsse. Gleichzeitig gab es in den letzten Jahrzehnten Abwanderung und man kämpft um seine Identität.

Ein Teil des Problems, sind die fehlenden Arbeitsplätze. Die wenigen Arbeitsplätze, die es noch gibt, sind häufig nicht lukrativ. Viele Einwohner zieht es daher zur Arbeit in weit entfernte Landesteile Kanadas, um die Familie zuhause zu ernähren.

Auch Kate Beaton ist dieser Mechanik ausgesetzt, als sie vor der Frage steht, wie sie ihre massiven Studentenkredite wieder abbezahlen soll. Nichts in Kap Breton wirft genügend ab, um substantiell von ihrer Verschuldung herunter zu kommen. Und so geht sie den Weg vieler Kanadier: den Ölboom auf den Ölsand-Feldern Albertas nutzen, um für 1-2 Jahre dort viel Geld zu machen und ihre Schulden abzuzahlen.

Die simplen Zeichnungen sollten nicht über die Komplexität der Facetten von Beatons Schilderung hinweg täuschen. Das erste Mal für längere Zeit von Kap Breton weg. Heimweh. Die absurde Welt der Ölsandfeldern. Die toxische Maskulinität auf den Feldern. Die Umweltzerstörung. Der Raubbau an den Ländern der First Nations. Die Isolierung. Die Einsamkeit. Die Stupidität der Arbeit. Die sexuellen Übergriffe. Die zunehmende Leere und Depression. Die Monstrosität, die die Arbeit und Umgebung körperlich und geistig bei den Arbeitern und Angestellten hinterlässt.

All das, eingebettet in die tägliche Routine, zwei Jahre lang. Umgesetzt in Form eines sehr statischen Layouts und eines Erzähltempos mit wenig Höhepunkten, aber im stoischen Takt eines Tages, dem der nächste Tag folgt. Und der nächste Tag. Und der nächste Tag.

Erzählerisch liegt Beatons Meisterschaft darin, trotz dieser Statik, die langfristigen Änderungen darzustellen. Die Vergewaltigung ist dann kein dramatischer Höhepunkt mehr, sondern folgerichtige Conclusio aus den vorherigen Vorfällen und dem Umfeld.

Beatons Zeichnungen spiegeln den Erzählstil wider. Es sind sehr einfache Zeichnungen, auf das Essentielle heruntergedampft. Sie betonen mit ihrer Einfachheit den Tagebuchcharakter und die „Höhepunktlosigkeit“ des Buches. Der simple Strich sollte nicht darüber hinweg täuschen, dass sie immer die „Essenz“ des Charakters oder des Gegenstands trifft. Im Laufe der zwei Jahre trifft sie viele unterschiedliche Menschen, die sie aber tatsächlich mit einem Minimum an Strichen unterscheidbar macht.

Die Essenz Beatons Zeichnungen liegt in dem „Fühlbar-Machen“ der Stimmung und Atmosphäre, abseits anatomisch korrekter Zeichnungen.

Ich glaube der Knackpunkt, ob einem „Ducks“ gefällt oder nicht, liegt in der Akzeptanz des Erzähltempos von Beaton. Ob man die repetitive, monotone Erzählung als Stilmittel, als Spiegelung des Beaton’schen Alltags in Alberta akzeptiert.

4 von 5 Sternen.

Brian K. Vaughan, Fiona Staples – „Saga“, Volume 1 + 2

Neben Gibson lese ich auch die Trade Paperbacks der Comic-Serie „Saga“. Die ersten zwei Bände habe ich durch. Derzeit: gemischte Gefühle, aber im positiven Bereich.

Ich verorte meine Probleme eher mit der falschen Erwartungshaltung, dass ich hier eine ausgefeilte, epische Geschichte bekäme. Tatsächlich würde ich den Rhythmus der Story eher mit Mangas vergleichen: zehn Hefte, 320 Seiten durch. Gefühlt war immer was los, aber wenn du den Plot zusammenfassen sollst, kommst du mit zwei oder drei Sätzen aus.

Zum Beispiel: „Eine Romeo & Julia-Geschichte mit zwei Protagonisten unterschiedlicher Völker, die derzeit im Krieg stehen, retrospektiv geschildert aus der Perspektive der Tochter der beiden“.

Die Story irrlichtert ganz famos zwischen Science-Fiction und Fantasy, und das Bestiarium, welches sich Vaughan und Staples ausgedacht haben, erinnert mich an Drogenrausch franko-belgischer Comic-Zeichner in den 70er Jahren. Das hebt die Serie weit über 08/15 hinaus.

Fiona Staples zeichnet superbe Protagonisten, am Strich dezent an Kyle Baker erinnernd. Die Figuren leben. Exzellente Mimik und Gestik. Wie die Figur von Izabel innerhalb weniger Panels anfängt in der Imagination des Lesers zu sprechen und sich zu bewegen, ist vor allem Staples zu verdanken. Du glaubst mehr über die Figur zu wissen, als eigentlich geschrieben wurde.

Im Gegenzug bin ich fast schon persönlich beleidigt vom Umgang Staples mit der Kulisse, den Bildhintergründen. Es erinnert mich an Trickfilme. Die gemalten Hintergründe haben wenig mit den gezeichneten Figuren zu tun.

Cover des Trade Paperbacks

Injection“ ist eine Comic-Serie, geschrieben von Warren Ellis, gezeichnet von Declan Shalvey und koloriert von Jordie Bellaire. Zwischen 2015 und 2017 erschienen 15 Hefte, ehe die Serie vorerst auf Eis gelegt wurde und bis heute auf eine Fortsetzung wartet.

Die Serie wirkt als wäre Ellis durch seinen Zettelkasten gegangen und hätte aus einer Handvoll von Notizen eine Serie konstruiert. Ellis besetzt einige seiner Dauerthemen der letzten Jahre: Mystik, Mythologie, supranationale Geheimorganisationen und -behörden, Internet und künstliche Intelligenz.

Der rote Faden durch die fünfzehn Hefte ist sehr lose und die Plots der drei Storybögen schlingern gewaltig. Die britische Regierung baut eine Abteilung „Cultural Cross-Contamination Unit“ auf. Die Leiterin Maria Kilbride scharrt vier weitere Spezialisten um sich. Der Auftrag der Abteilung: sich Gedanken darüber machen, wie sich die Menschheit in Zukunft weiter entwickelt. Nach sechs Monaten kommt die Abteilung zum Schluss, dass jedwede Entwicklung stagniert.

Die Abteilung kommt zum Schluss, dass die Welt „Accelerationism“ braucht und beschließt insgeheim eine AI ins Internet zu „injizieren“ (yup, daher der Titel). Die Abteilung wird danach aufgelöst … und Dinge fangen an schief zu gehen…

Ellis ist mit „Accelerationism“, das nach 2016 einen Hype erfuhr, früh dran. Der Wikipedia-Eintrag zu „Accelerationism“ lässt dabei seine Inspiration erahnen: die Universität Warwick hatte von 1995 bis 2003 ein Kollektiv namens „Cybernetic Culture Research Unit“, Ähnlichkeiten zu „Cultural Cross-Contamination Unit“ zufällig? Das Universitäts-Kollektiv gilt als Katalysatoren für die Diskussion von „Accelerationism” in den letzten 2–3 Jahrzehnten.

Es ist nicht uninteressant, aber Ellis macht Lesenden das Leben nicht einfach. Der erste Sammelband springt brutal in der Timeline hin- und her. Nicht immer wird deutlich, in welcher Zeit man sich befindet. Damit wird aber das Fundament, auf dass „Injection“ basiert, nicht klar gesetzt und auch nicht großartig diskutiert.

In der Folge fehlt den Heften der Zusammenhalt und stellt die Frage nach dem Endgame von Warren Ellis.

Der Reigen von Protagonisten ist sehr heterogen – von anfassbaren Menschen bis hin zu artifiziell konstruierten Charakteren, die aus jeder Pore nach Konzept riechen.

Die Zeichnungen von Declan Shalvey sind okay. Es sind immer wieder unbeholfene Details dabei, aber die Zeichnungen haben Herz – auch durch den Mut des sparsamen Striches, unterstützt durch eine exzellente Kolorierung.

Was am Ende aber von „Injection“ hängen bleiben wird, sind die Löcher, die von Ellis nicht ausformuliert wurden. Das kann man den ein oder zwei noch geplanten, aber derzeit noch fehlenden Storybögen anhängen. Oder man kann sich fragen, ob dies ein grundsätzliches Problem eines Warren Ellis in den letzten Jahren geworden ist.

3 von 5 Sternen.

Ich bin in letzter Zeit wieder stärker unrund gelaufen. Es spielten verschiedene Faktoren mit rein, die letztendlich zu einem Zustand des Dauer-Gepestet-Seins führten. In der vergangenen Woche habe ich deswegen an allen Strippen gezogen, um mich abends vom Rechner wegzutreiben und die Birne durchzulüften – auch weil das Wetter auch endlich wieder brauchbar war. Nichts gegen Radfahren im Regen, aber ein Kino- oder Ausstellungsbesuch ist halt nicht ganz so geil, wenn du eine Fahrradtasche voller triefend nasser Klamotten mitschleppen musst.

Things I worked on.

Im „Projekt A“ gab es die Entscheidung das weiteres Aussetzen der Frontend-Entwicklungsarbeit aufgrund fehlender Zuarbeiten nicht weiter hinzunehmen. Die Arbeiten haben wieder begonnen.

Im „Projekt B“ habe ich einen Sprint ohne reguläres Ticket und es trotzdem geschafft, jede Woche in den hohen 30er-Stundenzahlen zu kommen, dank eines extrem hohen Anteils an Telkos, Stichwort: Onboarding neuer Mitarbeitenden, Evaluierung von Anforderungen durch neue Drittanbieter und viel „Projektsteuerung“.

Am späten Freitagnachmittag gab es dann noch einen „Überfall“ eines Bekannten. Da sollen für eine Website neue Teilbereiche entstehen. Dabei handelt es sich um eine Nutzeroberfläche für eine Bilddatenbank. Durch ein Kommunikations-Fuck-Up hat der Designer zwar ein Layout geliefert, aber kein pfannenfertiges HTML/CSS etc…-Gedöns … jenes Gedöns, dass am Montag dem Bilddatenbank-Menschen übern Zaun geworfen werden müsste.

Ich habe es am bis Samstagvormittag fertig bekommen. Es war, aus Legacy-Gründen, ein Abstieg in längst vergangene Katakomben der Web-Entwicklung: Bootstrap, jQuery yaddayadda.

Das Basteln von formularlastigen Seiten mit Bootstrap ist kein Spaß. Bootstrap haut häßlich viele unnötige Wrapper und Utility-CSS-Klassen rein. Ich habe mich in meinen Aversionen gegen Utility-CSS (Tailwind, I’m looking at you) bestätigt gefühlt.

Things I did.

Montag: am späten Nachmittag zum Doc in die Hoheluft gefahren.

Danach bin ich die Hoheluftchaussee hoch geschlendert. Ich habe 23 Jahre lang in drei Wohnungen quasi einen Steinwurf entfernt gewohnt und später noch einmal ein halbes Jahr in einer Agentur dort gearbeitet. Ich war über die Gentrifizierung der Hoheluftchaussee erstaunt. Welche Läden es dort nicht mehr gibt, welche dort neu reingekommen sind und wie viele Liefer- und Lebensmittelbringdienste inzwischen abends unterwegs sind.

Danach für sogenannte „Indian Street Kitchen“ ins SVAAdish gefahren. Man macht dort auf authentisches, indisches Essen. Aber es fühlt sich nach Systemrestauration an, die vor allem auf hohen Durchsatz optimiert ist – bei einem Preisniveau, das vergleichbar mit einem klassischen indischen Restaurant ist. Der Hauptraum ist groß und es waren zirka 6 x 5 quadratische Tische aufgestellt. An den Rändern gab es zusätzlich Wandtische und Lounge-Ecken.

Die Vegetable Pakora schienen wie Kugeln aus einem Gemüse-Mix zu sein, die frittiert wurden. Das in den Kugeln verarbeitete Gemüse war nicht mehr identifizierbar – zumindest so lange man nicht auf einen Ingwerstreifen biss. Als Dip gab es Tamarinde Chutney, was ich ketzerisch & ahnungslos als „fruchtige Bratensosse“ beschreiben würde.

Danach nahm ich Chicken Jalfrezi. Das Curry war zwar nicht tomatenlos, aber weiter von cremigen Tomaten weg, als ich es erwartet hatte. Die Hähnchenstücke machten mir nicht den Eindruck, als ob sie mariniert gewesen wären.

Unterm Strich: für diesen Preis darf es gerne restaurantiger und weniger Massenabfertigung sein.

Danach brav mein Leucht-Shirt übergezogen und durch Eimsbüttel, das Niendorfer Gehege und entlang des Flughafens 15,9km mit dem Rad nach Hause gefahren.


Am Dienstag aufgrund eines kolossalen Terminkalender-Fuck-Ups meinerseits, mittags anderthalb Stunden zu früh zu einem Termin in Altona aufgeschlagen und die Zeit mit dem Schlendern durch Ottensen tot geschlagen – und gestaunt über die kurze Halbwertzeit etlicher Läden.

Dann war der Termin und danach durch Altona, Stellingen, Eimsbüttel, das Niendorfer Gehege und entlang des Flughafens 17,6km mit dem Rad nach Hause gefahren.

Am Abend ging es ins Taj Mahal in Langenhorn. Dort nahm ich die gleiche Kombi wie am Montag: Vegetable Pakora und Chicken Jalfrezi. Es war qualitativ weitaus besser und sogar noch einen Hauch günstiger als im SVAAdish.

Die Vegetable Pakora waren feiner frittiert und das Gemüse auch identifizierbar und unterscheidbar. Das Chicken Jalfrezi hatte ein Curry, dass nicht nur dem Namen nach, Tomaten als Basis hatte. Die Hühnchenstücke waren mariniert.

Der einzige Haken am Taj Mahal: man muss Zeit mitbringen. Eine Person in der Küche und eine Person in der Bedienung – macht zwei Stunden.


Am Mittwoch war der vorerst letzte Tag des Films Die Frau im Nebel in den Zeise Kinos in Altona. Also nach Feierabend erst einmal zum Essen ins Salibaba in Eimsbüttel gefahren. Das Salibaba wäre meine Definition von Street Kitchen: gemütlich, aber gleichzeitig unterhalb der Fallhöhe eines veritablen Restaurants, aber oberhalb eines Imbisses.

Der Falafel-Teller war gut. Die Granatapfel-Vinaigrette war auch gut, hat aber viel Säure, auf die meine Zunge nach ca. 80% der Salibaba-Salatmenge, allergisch reagiert.

So gut das Essen war: es ist eine Schande, dass um die Zeit (19 Uhr) sich niemand sonst im Salibaba aufhielt. Stattdessen kamen im 3-Minuten-Rhythmus Lieferbringdienste vorbei, um Essen abzuholen. Das empfand ich in dieser Menge als ziemlich bitter. Kein Wunder, dass Dark Kitchens zunehmen.

„Die Frau im Nebel“ wurde im kleinen Zeise-Kino gezeigt. Filmstart 20h30. Wir waren sieben Personen im Saal. Der Film endete kurz vor 23 Uhr. Danach brav mein Leucht-Shirt übergezogen und durch Altona, Stellingen, Eimsbüttel, das Niendorfer Gehege und entlang des Flughafens 17,2km mit dem Rad nach Hause gefahren. Passend zum Film „Die Frau im Nebel“: im dichter werdenden Nebel.

War es die Kälte in Kombination mit der Feuchtigkeit? Die Fahrt hat mich fertig gemacht. Zuhause musste ich mich auch erst noch runter fahren – es wurde also eine kurze Nacht und den Donnerstag war ich recht alle – auch bedingt durch eine anspruchsvolle Telko, von der ich erst eine halbe Stunde vor Beginn erfuhr.


Und so kamen zwischen Montag und Freitag 104 Kilometer auf dem Rad zusammen.


Things I read.

Die

Ich habe angefangen, den über 650 Seiten starken Hardcover-Band zu lesen, der die zwanzig „Die“-Hefte von Kieron Gillen/Stephanie Hans zusammen bündelt.

Erste Eindrücke: ich lese es sehr gerne, weil sich im Laufe der Hefte ein interessantes, ambivalentes Beziehungs-Geflecht zwischen den Protagonisten offenbart. Ich bin fasziniert, vom Gewicht, das auf den Schultern der Zeichnerin Stephanie Hans lastet, um die abstrakten Kulissen auf Papier zu bringen und wie sie damit farblich umgeht.

Derzeit nimmt die Bewertung Kurs auf vier oder fünf Sterne.


Things I watched.

Die Frau im Nebel

… ist ein ästhetisch sehr ansprechender Film vom „Oldboy“-Regisseur Park Chan-wook. Er kommt hier ohne jene größeren physische Grausamkeiten oder andere Ekeligkeiten aus, die ich wg „Oldboy“ befürchtet hatte.

Es ist die Geschichte eines Kommissars, der in einer Fernbeziehung lebt, und der Ehefrau eines Mordopfers. Die Witwe, ein chinesischer Flüchtling, wird zwar anfänglich verdächtigt, kann aber ein Alibi vorweisen. Der Kommissar observiert die Frau, fängt aber im Laufe der Beschattung an, sich in die Frau zu verlieben.

Aufgrund des Alibis werden die Ermittlungen beendet und der Kommissar trifft sich mit der Frau. Durch einen Zufall kommt der Kommissar darauf, dass das Alibi der Witwe falsch war und sie letztendlich den Mord begangen hat – zu spät: alle Beweismittel sind vernichtet und seine Gefühle für die Frau sind zu groß. Er ist zerstört, wird depressiv und lässt sich in die Stadt seiner Fernbeziehung versetzen.

Ein Jahr später taucht die Frau in dieser Stadt auf. Mit einem neuen Ehemann. Und jener Ehemann wird einige Tage später tot im Swimmingpool aufgefunden…

Der Film „funktioniert“ auf zwei Ebenen. Ästhetisch ist der Film fantastisch fotografiert und es ist sehenswert, wie Park Chan-wook die Szenen visuell miteinander verwebt.

Die zweite Ebene wird durch die Schauspielerin Tang Wei geprägt, die Schauspielerin der Ehefrau/Witwe, die es schafft, das (Männer?)Herz zu erweichen und sehr empathisch zu wirken, aber gleichzeitig auch über zwei Stunden die Ambivalenz aufrecht hält: Hat sie nun? Ist sie nun? Wird sie nun?

Ich habe den Film und seine Perma-Melancholie sehr gemocht – aber gleichzeitig ist es wie ein Duft gewesen, der am nächsten Morgen wieder verflogen war. Ich habe den Film so sehr gemocht, dass ich ihm vier von fünf Sterne geben würde. Aber gleichzeitig hat der Film keine tiefen Spuren hinterlassen, so dass es eigentlich nur drei von fünf Sternen wären.


Ant-Man

Ant-Man“ ist so ein Film, der nicht wirklich schlecht gemacht ist, aber vermutlich exakt dem Feindbild entspricht, das Leute vor ihren Augen haben, wenn sie verächtlich von den ganzen Marvel-Filmen sprechen.

Der Film ist einer weitere Iteration des hinlänglich bekannten Marvel-Filme-Kochrezeptes. Eine Person wird unfreiwillig ein Superheld (hier: Einbrecher entdeckt im Tresor einen Superhelden-Anzug). Person ist ungläubig, widerwillig und bis zum Anschlag selbstironisch, besitzt aber einen guten Kern und wird daher zum Retter.

Dazu fügt man noch einige Mentoren und Buddys und machtbesessene Bösewichter in den Brei. Fertig ist der Film.

Kannste halt gucken, während du den Haushalt machst, weil der Film völlig überraschungs- und nuancenfrei ist. Als Anbieter wie Marvel musst du dich aber auch fragen, inwieweit du dein Angebot mit solcher Dutzendware verwässerst?

Zwei von fünf Sternen.


Thor

Vier Jahre älter als „Ant-Man“ ist der erste Marvel-Film zu Thor. Im Vergleich zu „Ant-Man“ nutzt er die Chancen seiner Vorlage, um öfters aus dem Marvel-Einheitsbrei auszubrechen. Selbst wenn nicht alles gelungen ist, sorgten alleine die „Ausbruchsversuche“ dafür, dass man öfters hinguckte.

Da ein Teil der Handlung auf Ebene der nordischen Götter respektive Asgard, spielte, konnten die gängigen Erzählmuster verlassen werden. Optisch bot Asgard ein aufwändiges, neues Set-Design, das teilweise speierbrechend kitschig war, teilweise schon in Game of Thrones durchgespielt wurde. Aber immerhin konnte man sich angucken, wie denn die Regenbogenbrücke Bifröst aussieht (wie in einer funky 70er-Jahre Disco… nun ja).

Erzählerisch durchaus spannend waren die Familienkonflikte der nordischen Götter. Insbesondere Loki/Tom Hiddleston brachte da Subtilität rein.

Das Geschehen auf der Erde wirkte dagegen vergleichsweise banal und fiel ab.

Was mir inhaltlich aufstösst, ist die krasse Abweichung von der originären Herkunftsgeschichte Thors, Stichwort gehbehinderter Arzt Dr. Don Blake. Aber da bin ich vielleicht zu sehr Traditionalist.

Drei von fünf Sternen.


Coming up

Es ist die Sprint-Übergangswoche in „Projekt B“, weswegen einige längere Telkos anfallen und andere, kürzere Telkos entfallen. Morgen werde ich für den Sprintwechsel Ticketpflege machen.

Ich muss in einem Pro-Bono-Projekt vorwärts kommen.

Ich habe mir grob einen Ausstellungsbesuch ausgeguckt und versuche Urlaubsplanungen für März/April aufzugleisen.

Cover des Trade Paperbacks

Warhammer 40,000 ist eine Science Fiction-Variante der Warhammer-Tabletop-Spiele — kleine Miniaturen auf einem Spielfeld, die taktische Kämpfe durchführen.

Aus der Rahmenhandlung für das Spiel wurde etliche Romane und Comics als Spin-Offs entwickelt. Seit 2019 liegt die Lizenz für die Comics bei Marvel und Kieron Gillen schrieb mit „Warhammer 40,000: Marneus Calgar“ das Entrée der Marvel-Ära, dem aber bislang nach Gillen nur noch eine Story folgte.

Das Cover zeigt bereits das wenig subtile Setting von „Warhammer 40,000“. Es spielt im 42ten Jahrhundert und ist auf Anschlag düster, gewalttätig und blutig. Der englische Ausdruck „Grimdarkgeht auf den Slogan von Warhammer 40k zurück: „In the grim darkness of the far future there is only war.

Die Menschheit lebt in einem Imperium, dass eine Mischung aus Theokratie und Militärstaat ist. Es gibt unterschiedliche Militärfraktionen, die sich der „Kräfte des Chaos“ und Häretikern wiedersetzen. Die Titelfigur von Gillens fünf Hefte umfassenden Mini-Serie ist Marneus Calgar, der Ordensmeister der Ultramarines. Gillen erzählt die Story in zwei Timelines: die Ausbildung von Calgar und die Rückkehr von Calgar auf seinem Geburtsplaneten, der sich feindlichen Angriffswellen ausgesetzt sieht.

Um es vorweg zu nehmen: ich gebe dem Comic 2 von 5 Sternen. Nicht weil er wirklich schlecht ist, sondern aufgrund kompletter Bedeutungslosigkeit. Gillen schafft es eigentlich meistens, einen Spin rein zu bekommen, der Stories über den Durchschnitt hebt. Hier haut es nicht hin. Der Plottwist der etliche Seiten später zum Finale führt, ist bereits nach dem zweiten Heft vorherzusehen.

Es ist mein erster Kontakt mit der Warhammer 40,000-Welt. Viele Prämissen, wie z.B. dieses Amalgam aus Militarismus, Faschismus und Theokratie, schreien ebenso nach einer Story mit Punch, wie die „Ausbildung“, denen ein Soldat von Kindheit an, ausgesetzt wird. Dieser fehlende Punch ist angesichts des krassen Ausgangsmaterial furchtbar. Ich kann nur spekulieren, dass der Lizenzgeber Games Workshop Gillen an der kurzen Leine hielt.

Panel im Manga-Style
Es amüsiert mich immer, wenn in US-Comics plötzlich Panels mit Manga-Stilmitteln eingesetzt werden (Speedlines, aufgebrochene Konturen, sogar die Augen sind recht groß geraten)

Zeichner Jacen Burrows macht noch das Beste aus Welt & Vorlage. Seine Kleinteiligkeit macht Zerstörung und Gewalt noch eindringlicher. Vor allem in den ersten Heften, als er noch selber das Inking besorgt, erinnert es ganz stark an Geof Darrow und seiner überzogenen Gewaltdarstellung. Der spätere Wechsel auf das Inking von Guillermo Ortego bekommt Burrows Zeichnungen nicht.

Vergleich zwischen dem Inking von Burrows und Ortego
Links ein Panel mit dem Inking von Burrows himself und rechts der geradezu langweilige Strich von Ortego. Keine Ahnung was in der Zeit zwischen diesen beiden Panels mit der Colorierung passiert ist. Da war wohl jemand in Eile oder hatte keinen Bock.

Am Ende werden es nicht mehr als 2 von 5 Sternen, für etwas, was handwerklich sauber ist und schnell weggelesen, aber doch underwhelming war.

2 von 5 Sternen.

Moin. Am letzten Montag hatte ich meine mutmaßlich letzte OP. Es blieb diesmal bei den prognostizierten nur zwei Stunden Vollnarkose. Entsprechend ist die Birne unter der Woche schneller klar geworden, als bei den vorigen OPs. Samstag habe ich meinen ersten Kaffee zu mir genommen und bin das erste Mal wieder Rad gefahren.

Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, die Rekonvaleszenz wie ein Urlaub zu behandeln. Allerdings hatten sich unter der Woche in einem Projekt wichtige strategische Entscheidungen angedeutet, die mich ziemlich getriggert haben. Deswegen verbrachte ich den Donnerstag überwiegend übel gelaunt vor dem Rechner, um mich fachlich einzulesen. Am Freitag überkam mich einerseits Erleichterung, weil eine dritte Seite ein Arbeitspapier vorlegte, das recht nahe an meiner Denke war und mir damit für mich selbst Bestätigung und perspektivisch Unterstützung gab.

Andererseits war ich darüber entsetzt, wie mich so etwas derart triggern konnte. Ich schaffe es nicht, mental Abstand zu nehmen. Ich befinde mich auf einen Kurs, der mich straight in Richtung Magengeschwür bringen wird. Nicht gut. Nicht gut.

Things I did.

  • Die Umstellung von Sketch auf Figma begonnen. Bei Sketch wirkt jedes Update inzwischen wie ein bloßes Herumschieben von bereits vorhandenen Teilideen. Von einer Vision ist nichts zu merken.
    IMHO hat Figma die Ideen von Sketch konsequenter ausgearbeitet und weiter entwickelt. Es lässt sich besser damit arbeiten. Allerdings kostet das Einarbeiten in Figma Zeit, wenn man es nicht nur als vektor- und webdesign-orientiertes Zeichenwerkzeug einsetzt, sondern als Tool für die Entwicklung größerer Websites, vulgo: wenn das Thema „Best Practices“ bzw. nachhaltiges Arbeiten von Bedeutung ist.
  • Auf macOS Ventura aktualisiert. Bislang keine raison d’être für dieses Upgrade gefunden. Die größeren Änderungen sind eher spektakulär schlecht ausgefallen (neues Systemerweiterungs-Panel, Stage-Manager)
  • Als neuen Browser „Arc“ installiert. Zuerst irrlichterte ich zwischen fehlenden Verständnis der Ideen die nun einen neuen Browser notwendig machen und Ratlosigkeit über die konkrete Umsetzungen.
    Eine der Gedankenstränge wirkt wie die konsequente Fortsetzung der neuen linken Tab-Leiste in Safari. Dies ist etwas, was ich eigentlich nicht schätze, da sie zu viel wertvollen horizontalen Bildschirmplatz wegnimmt.
    Zwei Wochen in, hat der Browser aber bei mir seine Nische gefunden, für alles, auf das ich permanent Zugriff haben möchte (z.B. Twitter, Mastodon, Online-Foren). Zumindest auf meinem Drei-Monitore-Bürorechner… To be continued.

Things I read.

Das Trade-Paperback in den Händen haltend
„V for Vendetta“ – Erste Auflage des Trade-Paperbacks von 1990

Remember, Remember, the fifth of November“ ist in England ein bekannter Reim zur Erinnerung an das fehlgeschlagene Bombenattentat vom 5ten November 1605, dem sogenannten Gunpowder Plot. Einer der Attentäter, Guy Fawkes, ist noch heute präsent, in Form dieser Maske die gerne vom Anti-Establishment/Protestbewegungen benutzt werden.

Als am 5ten November der Reim mal wieder auf Twitter die Runde machte, verspürte ich den Drang, den Comic „V for Vendetta“ wieder zu lesen — ein Comic der der Maske zu ihrer Popularität verhalf.

Zwischen 1982 und 1989 entstanden, beschreibt der Comic England im Jahre 1997 als einen Orwell’schen Überwachungsstaat faschistischer Ausprägung. Am Abend des 5ten November 1997 wird die 16jährige Evey von einem Mann mit Guy Fawkes-Maske vor einer Vergewaltigung gerettet und auf ein Dach gebracht. Der Mann, „V“ genannt, löst dort eine Explosion aus, die das britischen Parlament und Big Ben zerstört. „V“ entpuppt sich ein Anarchist, der Staat und Gesellschaft umstürzen will.

Als ich das Buch nun zum ersten Mal seit längerem in den Händen hielt, wurde ich mir bewusst, wie alt ich inzwischen geworden bin. Das Trade-Paperback ist 1990 erschienen. Ich muss es 1990 oder 1991 gekauft haben — also vor fucking 32 Jahren. Das Papier ist schon etwas gelb geworden, was aber ganz gut zur Tonalität der Geschichte und der Zeichnungen im Stile alter englischer Comics aus den 70er Jahren passt.

Zum Schock trug auch dazu bei, dass das Buch etliche Motive enthält, die heute wieder erkennbar sind. Bereits auf Seite 2 heißt es in den Radionachrichten:

In a speech today Mr. Adrian Karel, party minister for industry stated that Britain’s industrial prospects are brighter than at any time since the last war.

Mr. Karel went on to say that it is the duty of every man in this country to seize the initiative and make Britain great again.

Das war vor mehr als 30 Jahren bereits die Beschreibung der Leitmotive von Brexit und MAGA/Trump … als faschistische Rhetorik.

Es hat mich auch erschüttert, wie viel ich vom Buch vergessen hatte — oder einfach nur schlampig gelesen hatte? Ich hatte das Gefühl das Buch zum ersten Mal zu lesen.

Der Comic stellt Faschismus und Anarchismus gegenüber, stellt aber aufgrund eines sehr langen Mittelteils mit Evey im Zentrum des Geschehens, auch die Frage: was darf eine Bewegung alles tun, um ihr Ziel zu erreichen?

Auch 32 Jahre später, ist „V for Vendetta“ ein Meilenstein der Comic-Literatur. 5 von 5 Sterne.

Things I watched.

  • Das fucking beste Rugby-Spiel des Jahres? Das gestrige WM-Finale bei den Frauen. Neuseeland – England in Auckland. Ich schrieb es bereits auf Twitter, dass die World Rugby-Verantwortlichen windelweich geprügelt gehören, sollten sie dieses Spiel nicht irgendwo öffentlich in voller Länge ablegen — haben sie leider bislang nicht getan. Daher hier nur die „extended Highlights“ von 15 Minuten Länge.
  • Nicht das beste Rugby-Spiel des Jahres? Das gestrige Bundesliga-Spiel Hamburger RC – Berliner RC in der Rugby-Arena an der Saarlandstraße. Der HRC bekommt weiterhin seine Probleme bei den Gassen nicht im Griff und war gestern offensiv harmlos. Selbst gegen einen gestern nicht wirklich gut auftretenden BRC, lag da mehr Unterschied als es Platz 1 vs Platz 4 der Nordgruppe suggerierte. Ach, gebt mir doch etwas mehr zum Mitfiebern.
  • „Memoir of a Murderer“ — Ein südkoreanischer Film mit einer interessanten Konstellation. Ein Serienmörder vergangener Tage leidet an fortgeschrittener Demenz. In seiner Umgebung geschehen wieder Serienmorde. Bei einem Auffahrunfall spürt er den Mörder getroffen zu haben. Oder spielt nur sein Hirn verrückt?
    Ich habe viel Sympathien für das Setup, die Schauspieler|innen und das Erzähltempo. 4 von 5 Sternen.

Things I played.

  • „Victoria 3“ — „Spielen“ wäre zu viel gesagt. Ich bin nach ca. sechs Stunden noch im Tutorialmodus und drauf und dran Schweden in den Staatsbankrott zu treiben.

Comic: „The Rise and Fall of the Trigan Empire”

Als kleiner Bub bin ich in den Ferien öfters bei meiner deutschen Großmutter im Odenwald gewesen. Schräg’ gegenüber gab es einen Zeitschriftenladen, der einige Comics hatte. U.a. ein Comic-Magazin namens „Kobra, das vorzugsweise britische Serien abdruckte. Mir hatte es vor allem die Serie „Das Reich Trigan“ angetan, die so bombastisch daher kam. Zeichnerisch aufwändig, epische Stories und eine verrückte Mixtur aus römisches Reich, Science-Fiction und Fantasy.

Denk ich an Trigan, denk ich an diese Kleinstadt im Odenwald, an die Kopfsteinpflaster-Straßen, das Geläut um 18 Uhr, mit dem gleichzeitig alle Ladengeschäfte schlossen, an den Spielzeugladen, der einer Freundin meiner Großmutter gehörte. An den kleinen Kohleofen im Wohnzimmer, das traditionelle Gläschen Rotkäppchen-Saft zum Abendbrot und „Onkel Otto“ im hessischen Werbefernsehen. An die zentnerschweren Bettdecken, an den Pisstopf unterm Bett (Toiletten gab es nur im Treppenhaus, eine halbe Etage tiefer).

Nach „Kobra“ habe ich „Das Reich Trigan“ nur noch 1-2 weitere Male gesehen.

Einige Jahre später bekam ich mit, dass die Serie als „faschistisch“ bezeichnet wurde. Naja, nun war es in den 70er und 80er Jahre so, dass die Comic-Kultur in Deutschland, und damit der Diskurs, noch reichlich ungesund war. Superhelden-Comics galten als moralisch verderbende Bildergeschichten. Mit den Tom & Jerry im ZDF-Vorabendprogramm entflammte eine Diskussion über zu viel gewaltverherrlichende Fernsehen für Kinder – 40 Jahre später hat keiner mehr ein Problem, wenn um 17 Uhr in CSI fröhlich Leichen obduziert werden … aber ich schweife ab.

Über 40 Jahre später, gab es ein Wiedersehen mit dem Reich Trigan. Bei HumbleBundle konnte wieder ein Bündel von eBooks von Rebellion erworben werden. Wie gut hat sich „Das Reich Trigan“ gehalten? Erlag ich als Achtjähriger irgendeinem Fascho-Zeug?



Zuerst braucht es etwas mehr Kontext: „The Trigan Empire“ ist eine britische Comic-Serie die von 1965 bis 1982 lief. Es handelt sich also um eine fast 60 Jahre alte Science-Fiction-Serie und wie man schon an Isaacs Asimovs Foundation-Trilogie sehen konnte, altert nicht jede Science Fiction gut.

Die Serie wurde anfangs in wöchentlich erscheinenden Comic-Magazinen jeweils mit zwei Seiten abgedruckt. Das erklärt die teilweise arg textlastigen Seiten und die Kurzatmigkeit der Story. Aufsehenerregend waren die aufwändig gestalteten Zeichnungen/Malereien von Don Lawrence.


Die Stories beschreiben Aufstieg und Fall des Kaiserreiches Trigan auf dem Planeten Elekton. Es ist eine recht krude Mixtur aus „Römisches Reich“ meets „Bibel“ meets Fantasy meets Flugzeuge und Strahlenwaffen. Architektur und Kleidung orientiert sich überwiegend am römischen Reich. Kaiser Trigo und seine Sippschaft hüpft mit Sandalen und einem Schwertchen herum, während die Soldaten um ihn herum am Flughafen, die Strahlenpistole im Holster tragen.

Die Serie beginnt als Trigo und seine beiden Brüder das Nomadenvolk der Vorg anführten. Das Volk wird bei einem grundlosen Angriff eines Kampffliegers eines Nachbarvolkes, der Lokan, fast ausgelöscht. Für Trigo ist dies der Auslöser, um das Volk sesshaft und wehrhaft zu machen. Zu Hilfe kommen ihnen dabei Flüchtlinge vom weitaus höher stehenden Volk der Tharvs, die ebenfalls von den Lokan fast ausgelöscht wurden. Es gelingt ihnen die Lokan bei einem Angriff auszutricksen und im Eiltempo eine Zivilisation hochzuziehen.

Die einzelnen Stories sind zwischen 7 und ca. 30 Seiten lang. Es wechseln sich die gleichen 3-4 Grundtypen von Stories ab. „Der Verräter“ (einer der Brüder, einer der Generäle etc…) versucht das Imperium zu stürzen. Das „fremde Böse“ (andere Völker, Außerirdische) versucht das Imperium zu stürzen. Es wird ein neues Volk/neues Gebiet/neuer Planet entdeckt und bei der Entdeckung riskiert eine Person aus dem kaiserlichen Umfeld draufzugehen.

Häufig gibt es irgendwen oder irgendwas, dass die Kontrolle über die Vorgs oder dem kaiserlichen Umfeld übernimmt: Hypnose, außerirdische Stimmen, außerirdische Seelenwanderer, ein Kraut, das Wahnvorstellungen produziert, Trinkwasser, das willenslos macht… etcetera pp…

Aber am Ende gewinnt das „Gute“. Über die knapp 20 Jahre in denen die Serie lief, hat sich das Reich nur wenig gewandelt. Rein äußerlich verbreitete sich im Reich die Architektur des 70er-Jahre Brutalismus, aber bei Trigo und seinem Berater Peric blieben die Vorlieben für römische Klamotten. All die Konflikte hinterließen keine Spuren, außer graue Haare an Trigos Schläfen. Die Popularität von Kaiser Trigo veränderte sich kaum. Das Volk war mit dem Benevolent dictator for life zufrieden.

Das ist alles von einer Naivität, die auf Dauer maximal von Achtjährigen zu ertragen ist. Wo der Vorwurf der Verherrlichung von Faschismus kommt, ist zu sehen: Trigo und Co. sind ein Traum von Arier: blonde Haare, blaue Augen, muskulöser Körper. Seine Gegner hingegen…






In den ersten beiden Bildern sieht man die Hauptfeinde: die Lokan. Die Assoziationen mit „die Gelbe Gefahr“ und Mongolen liegen auf der Hand. Butterworth und Lawrence haben dies schnell etwas zurückgefahren. Die Lokan bekamen später eine grüne Hautfarbe. Aber das klare Freund-/Feind-Schema bleibt an Gesichtern und Mimik ablesbar und wird im Laufe der über 800 Seiten nur 2-3 Mal durchbrochen.

Verstärkt wird dies durch ein Grundthema, das sich durch viele der Stories durchzieht: das Unbekannte, das Ding, das von draußen kommt und immer Ungemach nach sich zieht. Ich kenne Butterworth und Lawrence nicht. Daher finde ich es etwas müßig ihnen Rassismus vorzuwerfen. Aber der Reaktionismus der durch die Seiten wabert, ist selbst als Erwachsener und unter Berücksichtigung, dass es sich um die 60er und 70er Jahre handelt, nur schwer zu ertragen.

Fast folgerichtig ist es, dass auch den 860 Seiten Frauen so gut wie keine Rolle spielen (Asimov lässt grüßen).

Und was sagt der achtjährige Bub in mir? Der hat sich so ein bisschen geschämt, kam aber bei einigen Panels wieder in mir hoch. Es gab Bilder von Lawrence, die haben sich mir im Kopf eingebrannt hatten und den Bub getriggert haben. Es sind die Mimiken, es ist die Formensprache einiger SF-Elemente und es sind die massiven Farben und die Kolorierung, die aus „Das Reich Trigan“ offensichtlich etwas derart einmaliges machen, dass ich nach über 45 Jahren einige Panels wieder erkannt habe.

Lawrence hat Dinge gezeichnet, die man als Achtjähriger nicht für möglich hielt. „Das Reich Trigan“ war die Comic-Entsprechung eines Monumentalfilms. Er hat nicht nur Dinge auf Papier gebracht, sondern den Sujets und Objekten auch eine Haptik gegeben. Sein Einsatz von Farben schaffte es, den Dingen eine Fremdheit zu geben, wie es im Bereich der realistischen Zeichnungen nur einem Richard Corben gelungen ist.

Als Kaiser Trigo entdeckt, dass er drei Söhne bekommen hat
Besuch auf einen fremden Planeten






Aber das alles, ist ein Faszinosum vergangener Zeiten – als die Comics noch nicht am Computer koloriert wurden und als noch nicht alle zehn Minuten ein neuer Marvel-Film veröffentlicht wurde. Was in der heutigen Rezeption hängen bleibt, ist ein maximal einfältiger Stoff, der zu wenig aus der Langzeitbeobachtung eines Kaiserreichs macht. Dazu kommt eine Grundtonalität, die aus der heutigen Perspektive erzreaktionär und abstoßend wirkt. Der Bub in mir, hat sich eine Zeitlang gefreut. Aber das ist etwas zwischen mir und diesen Comics. Dazu braucht es keine 860 Seiten und für alle anderen ist es eh nicht relevant.

1 von 5 Sternen.

Comic: „Eternals: Only Death is Eternal“, Vol.1

Cover des Bandes

Mein erster Kontakt mit der Neuauflage der Serie „Eternals“ waren Abbildungen der ersten Seiten im Newsletter von Kieron Gillen – und es ward um mich geschehen. Es war Liebe auf den ersten Blick: die Zeichnungen von Esad Ribić und der Colorierung von Matthew Wilson.

Die Zeichnungen atmen eine Leichtigkeit und eine Transparenz. Aber das Layout, die Formsprache und der Strich haben einen Punch.

Aus der Eröffnungssequenz

Die Zeichnungen sind linienlastig, ohne das man sie wahrnimmt. Es kommen, auch dank der Formensprache, Assoziationen mit Mœbius auf. Aber die Linien sind mehr als nur Markierungen für den Coloristen, um Farbflächen zusammenzuhalten. Beim Reinzoomen zeigen die Linien eine Textur wie bei einem Bleistift. Teilweise werden wegradierte Vorzeichnungen sichtbar. Die Schraffur ist kraftvoll und die Linienzüge zeigen eine Kantigkeit, als hätte Jack Kirby himself Hand angelegt.

Großaufnahme eines Gesichtes
*: Colorierung bearbeitet, um den Strich sichtbarer zu machen

Ich hielt beim Lesen immer wieder inne um zu verstehen, wie hier Strich, Layout und Colorierung zusammenarbeiteten.


Die „Eternals“ sind Mitte der 70er Jahre von Jack Kirby für Marvel erfunden worden und sind im Marvel-Universum eher eine Randerscheinung. Als humanoide Außerirdische, die vor eine Million Jahre zur Erde gebracht wurden, um die Menschheit zu beschützen, funktionieren sie nicht wie 08/15-Superhelden. Sie haben andere Agenden, was letztendlich dazu führt, dass sie innerhalb des Marvel-Universum immer heimatlos blieben und das Interesse nur temporär aufglimmte.

Jetzt ist es Autor Kieron Gillen, der ungefähr zehn Jahre nach dem letzten Versuch mit Neil Gaiman, versucht, den Eternals ein Fundament zu geben.

Dazu legt Autor Kieron Gillen in den ersten sechs Heften, die in diesem Band versammelt sind, eine „Whodunit“-Mörder-Story vor, die über weite Teilen eine Intrige aufbaut und immer weiter verschraubt. Die Struktur ist aber gleichzeitig ein Vehikel, um über die sechs Hefte hinweg, Stück für Stück, Hintergründe zu liefern und Portraits dieser Gruppe von Eternals zu zeichnen. Es liest sich wie ein Regelbuch zu einem neuen Rollenspiel. Es ist zu sehen, wie Gillen auch außerhalb des bloßen Storykerns herum, Aufwände betrieb, um die ganze Eternals-„Welt“ zu fixieren.

Die Auflösung des ersten Storybogens funktioniert wie bei einem Zauberer: Gillen lenkt die Aufmerksamkeit mal hier hin, mal dort hin. Und am Ende kommt die Auflösung aus einer ganz anderen Ecke, entwickelt aber eine ungeheure Wucht, die vermuten lässt, dass dies die Eternals für den restlichen Lauf der Gillen-Ära prägen wird.

Auch die „Eternals“ ticken wie andere Gillen-Comics als „Ensemble-Comics“. Gillen positioniert zuerst die Figuren innerhalb der Gruppe, ehe dann die Handlungen anfangen, an unterschiedlichen Fäden zu ziehen um die Charaktere und die Gruppendynamiken zu verändern – Stichwort „The Wicked + The Divine“ oder „Die“.

Die Story ist vielleicht ein paar Seiten zu lang geraten, dreht vielleicht einige Schleifen zu viel. Aber es sind anfassbare Charaktere. Der Band wirkt in sich abgeschlossen und gleichzeitig als Anfang von etwas Größerem. Dazu die einmaligen Zeichnungen & Colorierungen von Ribić und Wilson. I’m sold. und zwar sowas von.

4 von 5 Sternen.

Was war. Anfang Oktober.

Ich schrub vor 14 Tagen zu meiner Rückkehr aus dem Urlaub/OP-Rekonvaleszenz…

Es hat sich so angefühlt, als wärst du über den Strand ins Wasser gerannt, um ein bisschen zu plantschen und stattdessen ist ein Wellenbrecher nach dem anderen gekommen und hat dir den Boden unter den Füßen weggezogen.

Was wäre die Steigerungsform davon? Ich könnte sie für diese vergangenen zwei Wochen brauchen – und die beiden Wochen stellen nur die Rampe für die Wochen bis zum Jahresende dar.

Das Projekt B biegt langsam in die Schlussgerade ein. Die Timings werden immer weiter für einen Livegang in Q1 festgezurrt und zumindest das Frontend hat die Sprints bis zum Feature Freeze Ende Januar grob durchgeplant.

Die Beschleunigung der letzten Woche sind aber vor allem im Projekt A zu verorten. Unser Frontend wird dort bislang durch ein Content-Management-System ausgespielt. In Q4 müssen wir aber für ein anderes Team ein Subset dieses Frontends für eine Ausspielung durch ein CRM (Kundenmanagement-System) anpassen. Dabei hat sich im Laufe der letzten zwei Wochen unser Liefergegenstand von „hier könnt ihr auf unsere Frontend-Sourcen schauen“ zu „wir bereiten euch die CRM-Templates vor“ verändert.

Bedeutet für meine Kollegin und mich: lernen wie man auf einer Salesforce-Plattform entwickelt, lernen wie Web Components funktionieren, lernen wie die Salesforce-eigenen Lightning Web Components funktionieren. Immerhin konnten wie binnen vier Werktagen einen PoC abliefern, mit dem wir vorerst grünes Licht für unseren Weg bekommen haben.

Und dann erwachte auch Projekt C aus seinem Sommerschlaf. Auch hier steht ein CRM und seine Templates im Mittelpunkt, allerdings bei einem anderen SaaS-Dienstleister. In den kommenden Wochen geht es um Bugfixing, ehe dann grundsätzliche Template-Arbeiten vorgenommen werden sollen.

Und so ist das Wochenende durch ein merkwürdiges Gefühlsmischmasch geprägt. Euphorisch und Neugier ob der neuen Themen. Ehrfurcht vor diesen Bergen an Arbeit. Kampfgeist sich dieser Herausforderung zu stellen. Und das Gefühl, wenn ich das packe, beruflich wertvolles/wichtiges Wissen für die kommenden Jahre bekommen zu haben. Aber das wird in den kommenden zehn Wochen ein wilder Ritt.

Things I worked on.

Wenn ich mein Frontend-Entwickler-Hütchen aufsetze, war das eine befriedigende Woche. Ich habe in Projekt B das bislang umfangreichste Javascript-Modul zur Code-Review abliefern können.

Knapp anderthalb Wochen lang, musste ich den Code-Stand immer wieder überarbeiten, um alle Anforderungen aus der UX und Barrierefreiheit unterzubringen. Am Dienstag war ich dann den ganzen Tag mit Refactoring der „Kladde“ beschäftigt. Als ich dann am nächsten Tag wieder mit der Erweiterung der Funktionalitäten weiter machte und merkte, wie die Bausteine der umgebauten Code-Struktur nun ineinander fassten und wieder verwendet werden konnten, kam ein großes Gefühl der Zufriedenheit in mir auf.

Things I did.

Sonntag vor einer Woche habe ich meine erste 70km-Radfahrt nach der OP absolviert – die Teufelsbrück-Finkenwerder-Hausbruch-Tour. Die Zeit war mit 4:22 so im mittleren Bereich. Meine Beine und mein Steißbein habe ich aber noch bis in den Montag hinein, gespürt.

Reading List

  • Money Stuff/Bloomberg: Facebook Makes Profits, Shareholders Complain, 4.10.2021, Matt Levine
    Eine interessante Kolumne in der Levine anhand von Facebook die Frage betrachtet, ob Profitmaximierung um jeden Preis wirklich im Sinne der Aktionäre ist. In Zeiten des Klimawandels ist dabei der Name „Facebook“ beliebig austauschbar gegen diverse andere Konzerne.
    Der Charme in Levines Kolumne liegt im Aufzeigen unterschiedlicher Ansätze, wie gesellschaftlicher Schaden direkt auf Aktiengesellschaften zurückgespielt werden könnten.
  • Politico: Nikki Haley’s Time for Choosing, 8.10.2021, Tim Alberta
    Ein Very-Longread über die Republikanerin Nikki Haley. Alberta zeichnet ein sehr tiefgründiges Portrait über die rätselhafte Politikerin und verknüpft dabei Haleys Wurzeln als isoliertes Kind indischer Immigranten mit ihren politischen Positionen und Handeln/Nichthandeln.

Things I read.

Ich habe einige „James Bond“-Comics gelesen, Bestandteil aus einem „Humble Bundle“-Comics-Paket von Dynamite Entertainment.

James Bond: „Vargr“ und „Eidolon“ (2015/16)

Comic-Seite
Unterkühlte Zeichnungen. Effizient: wenige Striche um eine Atmo zu schaffen.

Der Verlag Dynamite Entertainment kaufte 2013 die Lizenz für James Bond-Comics und begann mit zwei Storybögen von Warren Ellis.

Die insgesamt zweimal sechs Hefte wirkten wie Aufwärmübungen für Ellis, der da einiges an Atmo (dunkel, kalt, zynisch, Kalter Krieg-like) und Charaktere gut am Wickel hatte, aber letztendlich zweimal den Plot komplett versemmelt. Belanglos und fragwürdige Auflösungen.

Interessante Zeichnungen von Jason Masters (nicht minder unterkühlt wie die Story), für den aber „Eidolon“ eine Höllenqual gewesen sein muss – als jemand der keine Autos zeichnen kann, gleich zweimal Auto-Verfolgungsjagden auf Papier bringen zu müssen.

Zwei von fünf Sternen.

Comic-Seite
Masters zeichnet bemerkenswerte Kampfsequenzen, die so detailliert auf Aktion-Reaktion eingehen, dass es fast wie eine IKEA-Anleitung für Martial Arts wirkt.

James Bond: „Black Box“ (2017)

Comic-Seite
Sparsame, ja schon faul zu nennende Zeichnungen, die in die Belanglosigkeit abkippen. Auch wenn es so nicht aussieht, aber das sollen Schweizer Alpen sein.

Nach Warren Ellis übernahm Benjamin Percy als Autor und Rapha Lobosco als Zeichner. Percys James Bond steht zu Ellis‘ Bond wie Roger Moore zum frühen Sean Connery. Hollywood und buntes Ambiente halten Einzug. Details sind egal (auf einer Schweizer Almhütte wird das Essen wie in einem US-Trucker-Imbiss serviert, die Straßen haben US-Verkehrszeichen und es fahren US-Trucks…).

Die Story (Datenklau) ist einfältig und läuft am Ende auf ein Endgame wie aus einem klassischen Film-Bond hinaus: dem Endkampf in der Schurken-Festung.

Die Zeichnungen von Lobosco sind anfangs (Schweiz) richtig meh. Aber mit Verlagerung des Geschehens in das Nachtleben von Tokyo, hat er einige richtig gute, effiziente visuelle Übersetzungen gefunden.

Schlechter als Ellis und damit bei ein von fünf Sternen.

Comic-Seite
Und so sieht es aus, wenn du als Zeichner zwar faul bist, aber clever genug, um mit minimalen Einsatz (schwarze Flächen vs bunte Flächen & Linien) eine wirklich gute Atmosphäre zu kreieren.

James Bond: „Hammerhead“ und „Kill Chain“ (2016/17)

Ich ließ schon die Hoffnung fahren, als ich dann auf zwei Storybögen von Andy Diggle (Autor) und Luca Casalanguida (Zeichner) stieß. Auf der James Bond-Skala liegen beide Bände eher bei den frühen Sean Connery-Bonds, allerdings ohne den Hauch von John Le Carré-Brutalismus, den Ellis versuchte unterzubringen.

In „Hammerhead“ geht es um eine antikapitalistische Terrororganisation „Kraken“, die anscheinend versucht, an eine britische Militärwaffe zu kommen. In „Kill Chain“ ist ein fehlgeschlagener Einsatz von Bond der Auslöser für eine Serie von Intrigen, die unterschiedliche Geheimdienste und in Folge NATO-Länder gegeneinander ausspielt.

„Hammerhead“ ist für mich vier von fünf Sternen, weil die Intrige etwas zu simpel und offensichtlich ist. „Kill Chain“ bringt aber die fehlende Komplexität rein und ist schlichtweg atemberaubend. Ein Page Turner. Fünf von fünf Sternen.

Es ist Diggles große Leistung den Stories Gravitas zu geben, glaubwürdig zu vermittelt „es steht etwas auf dem Spiel“ – woran Ellis und Percy scheiterten. Insbesondere „Kill Chain“ serviert ein realistische Szenario der politischen Eskalation.

Casalanguidas Zeichnungen werden nicht in die Kunstgeschichte eingehen, sind aber gut anzuschauen, ausdrucksstark und vermitteln eine Dynamik die sehr gut mit Diggles Stories harmonieren.

James Bond: „James Bond Origin“ (2018/2019)

Von höchsten Höhen zu tiefsten Tiefen. Ich habe nach ca. einhundert Seiten aufgehört das Werk von Jeff Parker (Autor) und Bob Quinn (Zeichner) zu lesen.

Der Ableger beschäftigt sich mit dem jungen James Bond, der im Zweiten Weltkrieg von der Schule an Militär und Geheimdienst herangeführt wird. Das einzige was in diesem Machwerk an James Bond erinnert, ist der Name. Charaktere und Tonalität haben mehr mit Jugendromanen zu tun. Der Zeichenstil ist ein typisch manga-beeinflusster US-Comic-Strich.

Null von fünf Sternen.

Comic: „Absalom“

Cover des ersten Bandes
Cover „Absalom #1: Ghosts of London“

„Absalom“ ist ein Spin-Off, das Autor Gordon Rennie im britischen Magazin „2000 AD“ in jeweils 10-Seiten-Episoden veröffentlichte. Namensgeber ist Harry Absalom, einer alternder, vulgärer, abgefuckter, an Krebs erkrankter britischer Bulle mit Schnauzbart. Er steht einer Spezialeinheit vor, die „The Accord“ überwacht. Dabei handelt es sich um ein Abkommen, das im 16ten Jahrhundert zwischen dem englischen Thron und der Hölle abgeschlossen wurde und Dämonen erlaubt, in englische Adelsfamilien einzuheiraten und Kinder zu zeugen, während die Hölle ihre schützende Hand über England hielt und u.a. eine Invasion Englands durch Spanien verhinderte.

In diesem Setting ist der große Storybogen, der Versuch von Absalom seine beiden Enkelkinder zu befreien, die in einem Kinderheim von Dämonen gefangen gehalten werden. Der Plot angereichert durch zahlreiche Intrigen, die der Story und ihren Akteuren immer wieder neue Motive geben.

Das klingt nach einem interessanten Setting – eine Mischung aus 80er-Jahre-Cop-Streifen, Steampunk und Lovecraft. Aber die Action führt zu einer Kleinteiligkeit, zu eine Art „Fog of War“, bei der vor lauter Prügelei und Feuerwerk, die größeren Storybögen nicht mehr nachvollziehbar werden. Das Potential des Settings ist verschenkt.

Und Feuerwerk gibt es nicht zu wenig, dank Zeichner Tiernen Trevallion. Fun Fact: Trevallion wurde inzwischen angeheuert um Spin-Offs von Mike Mignolas Hellboy zu zeichnen. Das passt wie Faust aufs Auge. Das Setting ist nicht unähnlich und Trevallions groteske Figuren und sein Umgang mit schwarzen Flächen und Linien ist nicht weit von Mignolas Arbeit weg. Ich habe mich an einige von Trevallions Charaktere nicht satt sehen können. Seine Zeichnungen sind der Magnet von „Absalom“. Die grimassierenden Dämonen und Menschen verfolgen einem noch eine Zeit lang, nicht unähnlich den Figuren von Ted McKeever, Guido Sieber oder Nicolas de Crécy.

Dem von Rennie aufgezogene Setup kann man zugute halten, das es ein Katalysator für die exzessiven und expressiven Zeichnungen von Trevallion ist. Aber für 300 Seiten ist das eigentlich ein Standbein zu wenig.

3 von 5 Sternen.

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